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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Unterhandlung mit Frankreich.
October in Lochau, brachte Markgraf Hans seine Defensions-
gedanken nochmals vor. Der Gesandte sagte wohl, auf
diese Weise werde die Scheuer der deutschen Fürsten um-
friedet, die Umfriedung des Königs von Frankreich zu sei-
nem alleinigen Schaden zerrissen. Er wollte nur von ei-
nem Offensivbündniß hören, und drang auf sofortige un-
umwundene Erklärung darüber, damit man in Frankreich
Beschluß fassen könne, wie der Krieg im nächsten Frühjahr
zu führen sey.

Und hiebei kam ihm die Meinung derjenigen von den
fürstlichen Räthen entgegen welche bisher das Geheimniß
dieser Geschäfte getheilt oder vielmehr sie geleitet hatten.
Mit Heideck war ein Mann in sächsische Dienste getreten,
der als Canzler desselben bezeichnet wird und später als
sächsischer Amtmann erscheint, Christoph Arnold, der an die-
sen Dingen den größten Antheil hatte. Er hauptsächlich
hat die Herstellung eines guten Vernehmens zwischen Mo-
ritz und Markgraf Hans vermittelt, die Unterhandlungen
mit dem weimarischen Hofe veranlaßt; er besorgte die ge-
heime Correspondenz: jene Instruction nach England konnte
darum nicht ausgefertigt werden, weil er, doch wieder in
eben diesen Geschäften, abwesend war. Von Arnold liegt ein
Gutachten bei den Acten, in welchem er auf entscheidende
Maaßregeln dringt. Jetzt sey die Zeit gekommen, wo man
das Haus Östreich, besonders aber den Kaiser in seinem
Herzen angreifen müsse; zunächst auf die Niederlande, den
Sitz seiner Macht, müsse man losgehn, bis man seine Größe
gebrochen; und auf keine Weise dürfe man seine Anhänger
in Deutschland dulden; gebe es Leute die nicht von ihm

Unterhandlung mit Frankreich.
October in Lochau, brachte Markgraf Hans ſeine Defenſions-
gedanken nochmals vor. Der Geſandte ſagte wohl, auf
dieſe Weiſe werde die Scheuer der deutſchen Fürſten um-
friedet, die Umfriedung des Königs von Frankreich zu ſei-
nem alleinigen Schaden zerriſſen. Er wollte nur von ei-
nem Offenſivbündniß hören, und drang auf ſofortige un-
umwundene Erklärung darüber, damit man in Frankreich
Beſchluß faſſen könne, wie der Krieg im nächſten Frühjahr
zu führen ſey.

Und hiebei kam ihm die Meinung derjenigen von den
fürſtlichen Räthen entgegen welche bisher das Geheimniß
dieſer Geſchäfte getheilt oder vielmehr ſie geleitet hatten.
Mit Heideck war ein Mann in ſächſiſche Dienſte getreten,
der als Canzler deſſelben bezeichnet wird und ſpäter als
ſächſiſcher Amtmann erſcheint, Chriſtoph Arnold, der an die-
ſen Dingen den größten Antheil hatte. Er hauptſächlich
hat die Herſtellung eines guten Vernehmens zwiſchen Mo-
ritz und Markgraf Hans vermittelt, die Unterhandlungen
mit dem weimariſchen Hofe veranlaßt; er beſorgte die ge-
heime Correſpondenz: jene Inſtruction nach England konnte
darum nicht ausgefertigt werden, weil er, doch wieder in
eben dieſen Geſchäften, abweſend war. Von Arnold liegt ein
Gutachten bei den Acten, in welchem er auf entſcheidende
Maaßregeln dringt. Jetzt ſey die Zeit gekommen, wo man
das Haus Öſtreich, beſonders aber den Kaiſer in ſeinem
Herzen angreifen müſſe; zunächſt auf die Niederlande, den
Sitz ſeiner Macht, müſſe man losgehn, bis man ſeine Größe
gebrochen; und auf keine Weiſe dürfe man ſeine Anhänger
in Deutſchland dulden; gebe es Leute die nicht von ihm

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[217/0229] Unterhandlung mit Frankreich. October in Lochau, brachte Markgraf Hans ſeine Defenſions- gedanken nochmals vor. Der Geſandte ſagte wohl, auf dieſe Weiſe werde die Scheuer der deutſchen Fürſten um- friedet, die Umfriedung des Königs von Frankreich zu ſei- nem alleinigen Schaden zerriſſen. Er wollte nur von ei- nem Offenſivbündniß hören, und drang auf ſofortige un- umwundene Erklärung darüber, damit man in Frankreich Beſchluß faſſen könne, wie der Krieg im nächſten Frühjahr zu führen ſey. Und hiebei kam ihm die Meinung derjenigen von den fürſtlichen Räthen entgegen welche bisher das Geheimniß dieſer Geſchäfte getheilt oder vielmehr ſie geleitet hatten. Mit Heideck war ein Mann in ſächſiſche Dienſte getreten, der als Canzler deſſelben bezeichnet wird und ſpäter als ſächſiſcher Amtmann erſcheint, Chriſtoph Arnold, der an die- ſen Dingen den größten Antheil hatte. Er hauptſächlich hat die Herſtellung eines guten Vernehmens zwiſchen Mo- ritz und Markgraf Hans vermittelt, die Unterhandlungen mit dem weimariſchen Hofe veranlaßt; er beſorgte die ge- heime Correſpondenz: jene Inſtruction nach England konnte darum nicht ausgefertigt werden, weil er, doch wieder in eben dieſen Geſchäften, abweſend war. Von Arnold liegt ein Gutachten bei den Acten, in welchem er auf entſcheidende Maaßregeln dringt. Jetzt ſey die Zeit gekommen, wo man das Haus Öſtreich, beſonders aber den Kaiſer in ſeinem Herzen angreifen müſſe; zunächſt auf die Niederlande, den Sitz ſeiner Macht, müſſe man losgehn, bis man ſeine Größe gebrochen; und auf keine Weiſe dürfe man ſeine Anhänger in Deutſchland dulden; gebe es Leute die nicht von ihm

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/229>, abgerufen am 21.11.2024.