Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Neuntes Buch. Sechstes Capitel. und brauchte, die beste Gelegenheit, seine Macht nach derdeutschen Seite hin auszudehnen, wo sie bisher durch Carls Vorkehrungen und die Gewissenhaftigkeit des älteren prote- stantischen Bundes nur Verluste erlitten. Gleich die Antwort welche Reiffenberg mitbrachte, gab Indem sich der König bereit erklärte auf den ihm ge- Von dem Defensivbündniß, auf das man zuerst gedacht, Oder hatte vielleicht Moritz, der schon seit längerer Zeit In Kurzem erschien ein französischer Gesandte de Fresse, 1 Abgedruckt bei Langenn II, 334. 2 Die erste Notiz von einer Verbindung zwischen Moritz und
Heinrich II findet sich im Juli 1550. Es scheint als habe Moritz sich bald nach der ersten Eröffnung Albrechts von Brandenburg an Frankreich gewandt. 29 Juli empfiehlt der Gesandte Marillac einen Italiener als Vermittler. Neuntes Buch. Sechstes Capitel. und brauchte, die beſte Gelegenheit, ſeine Macht nach derdeutſchen Seite hin auszudehnen, wo ſie bisher durch Carls Vorkehrungen und die Gewiſſenhaftigkeit des älteren prote- ſtantiſchen Bundes nur Verluſte erlitten. Gleich die Antwort welche Reiffenberg mitbrachte, gab Indem ſich der König bereit erklärte auf den ihm ge- Von dem Defenſivbündniß, auf das man zuerſt gedacht, Oder hatte vielleicht Moritz, der ſchon ſeit längerer Zeit In Kurzem erſchien ein franzöſiſcher Geſandte de Freſſe, 1 Abgedruckt bei Langenn II, 334. 2 Die erſte Notiz von einer Verbindung zwiſchen Moritz und
Heinrich II findet ſich im Juli 1550. Es ſcheint als habe Moritz ſich bald nach der erſten Eroͤffnung Albrechts von Brandenburg an Frankreich gewandt. 29 Juli empfiehlt der Geſandte Marillac einen Italiener als Vermittler. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0228" n="216"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/> und brauchte, die beſte Gelegenheit, ſeine Macht nach der<lb/> deutſchen Seite hin auszudehnen, wo ſie bisher durch Carls<lb/> Vorkehrungen und die Gewiſſenhaftigkeit des älteren prote-<lb/> ſtantiſchen Bundes nur Verluſte erlitten.</p><lb/> <p>Gleich die Antwort welche Reiffenberg mitbrachte, gab<lb/> dem urſprünglichen Gedanken eine etwas andre Wendung.</p><lb/> <p>Indem ſich der König bereit erklärte auf den ihm ge-<lb/> ſchehenen Antrag einzugehn, bezeichnete er denſelben ſo, als<lb/> habe man ihm für den Fall daß er die Waffen gegen den<lb/> Kaiſer ergreife, ſey es zur Vertheidigung oder zum Angriff,<lb/> und daß er ſich dabei der Sache des Landgrafen öffentlich<lb/> annehme, verſprochen, ſich für ihn zu erklären und ihm gute<lb/> Dienſte zu leiſten. <note place="foot" n="1">Abgedruckt bei Langenn <hi rendition="#aq">II,</hi> 334.</note></p><lb/> <p>Von dem Defenſivbündniß, auf das man zuerſt gedacht,<lb/> zu deſſen Ausführung man Hülfe von Frankreich gewünſcht<lb/> hatte, war hier nur noch im Vorbeigehn die Rede. Statt<lb/> deſſen trat die Abſicht hervor, gegen den Kaiſer mit deutſcher<lb/> Hülfe einen großen Krieg zu beginnen.</p><lb/> <p>Oder hatte vielleicht Moritz, der ſchon ſeit längerer Zeit<lb/> für ſich allein mit Frankreich in geheimen Beziehungen ſtand, <note place="foot" n="2">Die erſte Notiz von einer Verbindung zwiſchen Moritz und<lb/> Heinrich <hi rendition="#aq">II</hi> findet ſich im Juli 1550. Es ſcheint als habe Moritz<lb/> ſich bald nach der erſten Eroͤffnung Albrechts von Brandenburg an<lb/> Frankreich gewandt. 29 Juli empfiehlt der Geſandte Marillac einen<lb/> Italiener als Vermittler.</note><lb/> dieſe Wendung durch frühere Äußerungen veranlaßt?</p><lb/> <p>In Kurzem erſchien ein franzöſiſcher Geſandte de Freſſe,<lb/> Biſchof von Bayonne, in Deutſchland, der ſich in demſel-<lb/> ben Sinne erklärte. Bei einer Zuſammenkunft, im Anfang<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [216/0228]
Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
und brauchte, die beſte Gelegenheit, ſeine Macht nach der
deutſchen Seite hin auszudehnen, wo ſie bisher durch Carls
Vorkehrungen und die Gewiſſenhaftigkeit des älteren prote-
ſtantiſchen Bundes nur Verluſte erlitten.
Gleich die Antwort welche Reiffenberg mitbrachte, gab
dem urſprünglichen Gedanken eine etwas andre Wendung.
Indem ſich der König bereit erklärte auf den ihm ge-
ſchehenen Antrag einzugehn, bezeichnete er denſelben ſo, als
habe man ihm für den Fall daß er die Waffen gegen den
Kaiſer ergreife, ſey es zur Vertheidigung oder zum Angriff,
und daß er ſich dabei der Sache des Landgrafen öffentlich
annehme, verſprochen, ſich für ihn zu erklären und ihm gute
Dienſte zu leiſten. 1
Von dem Defenſivbündniß, auf das man zuerſt gedacht,
zu deſſen Ausführung man Hülfe von Frankreich gewünſcht
hatte, war hier nur noch im Vorbeigehn die Rede. Statt
deſſen trat die Abſicht hervor, gegen den Kaiſer mit deutſcher
Hülfe einen großen Krieg zu beginnen.
Oder hatte vielleicht Moritz, der ſchon ſeit längerer Zeit
für ſich allein mit Frankreich in geheimen Beziehungen ſtand, 2
dieſe Wendung durch frühere Äußerungen veranlaßt?
In Kurzem erſchien ein franzöſiſcher Geſandte de Freſſe,
Biſchof von Bayonne, in Deutſchland, der ſich in demſel-
ben Sinne erklärte. Bei einer Zuſammenkunft, im Anfang
1 Abgedruckt bei Langenn II, 334.
2 Die erſte Notiz von einer Verbindung zwiſchen Moritz und
Heinrich II findet ſich im Juli 1550. Es ſcheint als habe Moritz
ſich bald nach der erſten Eroͤffnung Albrechts von Brandenburg an
Frankreich gewandt. 29 Juli empfiehlt der Geſandte Marillac einen
Italiener als Vermittler.
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