Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Zehntes Buch. Drittes Capitel.
gen ihn und seinen Vater aufgestellt worden, um sie zu nö-
thigen sich in die Arme des Kaisers zu werfen. 1

Das ist eine nicht zu bezweifelnde Thatsache, daß der Kai-
ser seine Successionsentwürfe nach wie vor im Auge behielt.

Neujahr 1553 ließ er dieselben bei dem Churfürsten
von Brandenburg durch dessen Bruder Markgraf Hans noch
einmal ausführlich in Anregung bringen. In der Instruction
hiezu werden die früher vorgekommenen Gründe wiederholt,
besonders der vornehmste, daß dem römischen König nach
des Kaisers Abgang zur Aufrechterhaltung des Reiches die
Hülfe des spanischen Prinzen nicht allein förderlich, sondern
unentbehrlich sey, dieser aber sich nicht dazu werde verpflich-
ten wollen, wenn er nicht die Versicherung erhalte, zu seiner
Zeit selbst zur römischen Krone zu gelangen. Der Antrag
bezog sich dieß Mal nicht, wie früher, zugleich auf König Ma-
ximilian: er gieng nur darauf, daß die Churfürsten sich ver-
schreiben sollen, sobald der römische König zum Kaiser ge-
krönt sey, den Prinzen ohne Verzug zum römischen König zu
wählen; man möge ihm, dem Kaiser, in seinen alten Tagen
diese Freude gönnen; der Prinz sey ein Erzherzog und Fürst
des Reiches; wie er dazu erzogen worden der Bürde der

1 Relatione di Suriano 1554. Mi disse il re di Bohemia
piu volte, che questo
(das Verfahren mit Markgr. Albrecht) faceva
credere che l'impre avesse acaro, di veder suo fratello et lui suo
genero constituiti in necessita di gettarsegli in braccio.
Albrecht
leugnet zwar, daß ihn der Kaiser in Dienst genommen um den rö-
mischen König "J. M. Hoheit zu entsetzen," und den Sohn des Kai-
sers "zu einem Römischen Kaiser wider des h. Reichs Freiheit mit
gewalt übertringen helfen" (Bucholtz VIII, 111): die Worte aber
sind so gewählt, daß dabei doch Vieles wahr seyn konnte. Gegen
Ferdinand und auf Gewalt war die Absicht des Kaisers gar nicht
gerichtet.

Zehntes Buch. Drittes Capitel.
gen ihn und ſeinen Vater aufgeſtellt worden, um ſie zu nö-
thigen ſich in die Arme des Kaiſers zu werfen. 1

Das iſt eine nicht zu bezweifelnde Thatſache, daß der Kai-
ſer ſeine Succeſſionsentwürfe nach wie vor im Auge behielt.

Neujahr 1553 ließ er dieſelben bei dem Churfürſten
von Brandenburg durch deſſen Bruder Markgraf Hans noch
einmal ausführlich in Anregung bringen. In der Inſtruction
hiezu werden die früher vorgekommenen Gründe wiederholt,
beſonders der vornehmſte, daß dem römiſchen König nach
des Kaiſers Abgang zur Aufrechterhaltung des Reiches die
Hülfe des ſpaniſchen Prinzen nicht allein förderlich, ſondern
unentbehrlich ſey, dieſer aber ſich nicht dazu werde verpflich-
ten wollen, wenn er nicht die Verſicherung erhalte, zu ſeiner
Zeit ſelbſt zur römiſchen Krone zu gelangen. Der Antrag
bezog ſich dieß Mal nicht, wie früher, zugleich auf König Ma-
ximilian: er gieng nur darauf, daß die Churfürſten ſich ver-
ſchreiben ſollen, ſobald der römiſche König zum Kaiſer ge-
krönt ſey, den Prinzen ohne Verzug zum römiſchen König zu
wählen; man möge ihm, dem Kaiſer, in ſeinen alten Tagen
dieſe Freude gönnen; der Prinz ſey ein Erzherzog und Fürſt
des Reiches; wie er dazu erzogen worden der Bürde der

1 Relatione di Suriano 1554. Mi disse il re di Bohemia
piu volte, che questo
(das Verfahren mit Markgr. Albrecht) faceva
credere che l’impre avesse acaro, di veder suo fratello et lui suo
genero constituiti in necessità di gettarsegli in braccio.
Albrecht
leugnet zwar, daß ihn der Kaiſer in Dienſt genommen um den roͤ-
miſchen Koͤnig „J. M. Hoheit zu entſetzen,“ und den Sohn des Kai-
ſers „zu einem Roͤmiſchen Kaiſer wider des h. Reichs Freiheit mit
gewalt uͤbertringen helfen“ (Bucholtz VIII, 111): die Worte aber
ſind ſo gewaͤhlt, daß dabei doch Vieles wahr ſeyn konnte. Gegen
Ferdinand und auf Gewalt war die Abſicht des Kaiſers gar nicht
gerichtet.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0318" n="306"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/>
gen ihn und &#x017F;einen Vater aufge&#x017F;tellt worden, um &#x017F;ie zu nö-<lb/>
thigen &#x017F;ich in die Arme des Kai&#x017F;ers zu werfen. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Relatione di Suriano 1554. Mi disse il re di Bohemia<lb/>
piu volte, che questo</hi> (das Verfahren mit Markgr. Albrecht) <hi rendition="#aq">faceva<lb/>
credere che l&#x2019;imp<hi rendition="#sup">re</hi> avesse acaro, di veder suo fratello et lui suo<lb/>
genero constituiti in necessità di gettarsegli in braccio.</hi> Albrecht<lb/>
leugnet zwar, daß ihn der Kai&#x017F;er in Dien&#x017F;t genommen um den ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen Ko&#x0364;nig &#x201E;J. M. Hoheit zu ent&#x017F;etzen,&#x201C; und den Sohn des Kai-<lb/>
&#x017F;ers &#x201E;zu einem Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Kai&#x017F;er wider des h. Reichs Freiheit mit<lb/>
gewalt u&#x0364;bertringen helfen&#x201C; (Bucholtz <hi rendition="#aq">VIII,</hi> 111): die Worte aber<lb/>
&#x017F;ind &#x017F;o gewa&#x0364;hlt, daß dabei doch Vieles wahr &#x017F;eyn konnte. Gegen<lb/>
Ferdinand und auf Gewalt war die Ab&#x017F;icht des Kai&#x017F;ers gar nicht<lb/>
gerichtet.</note></p><lb/>
          <p>Das i&#x017F;t eine nicht zu bezweifelnde That&#x017F;ache, daß der Kai-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;eine Succe&#x017F;&#x017F;ionsentwürfe nach wie vor im Auge behielt.</p><lb/>
          <p>Neujahr 1553 ließ er die&#x017F;elben bei dem Churfür&#x017F;ten<lb/>
von Brandenburg durch de&#x017F;&#x017F;en Bruder Markgraf Hans noch<lb/>
einmal ausführlich in Anregung bringen. In der In&#x017F;truction<lb/>
hiezu werden die früher vorgekommenen Gründe wiederholt,<lb/>
be&#x017F;onders der vornehm&#x017F;te, daß dem römi&#x017F;chen König nach<lb/>
des Kai&#x017F;ers Abgang zur Aufrechterhaltung des Reiches die<lb/>
Hülfe des &#x017F;pani&#x017F;chen Prinzen nicht allein förderlich, &#x017F;ondern<lb/>
unentbehrlich &#x017F;ey, die&#x017F;er aber &#x017F;ich nicht dazu werde verpflich-<lb/>
ten wollen, wenn er nicht die Ver&#x017F;icherung erhalte, zu &#x017F;einer<lb/>
Zeit &#x017F;elb&#x017F;t zur römi&#x017F;chen Krone zu gelangen. Der Antrag<lb/>
bezog &#x017F;ich dieß Mal nicht, wie früher, zugleich auf König Ma-<lb/>
ximilian: er gieng nur darauf, daß die Churfür&#x017F;ten &#x017F;ich ver-<lb/>
&#x017F;chreiben &#x017F;ollen, &#x017F;obald der römi&#x017F;che König zum Kai&#x017F;er ge-<lb/>
krönt &#x017F;ey, den Prinzen ohne Verzug zum römi&#x017F;chen König zu<lb/>
wählen; man möge ihm, dem Kai&#x017F;er, in &#x017F;einen alten Tagen<lb/>
die&#x017F;e Freude gönnen; der Prinz &#x017F;ey ein Erzherzog und Für&#x017F;t<lb/>
des Reiches; wie er dazu erzogen worden der Bürde der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0318] Zehntes Buch. Drittes Capitel. gen ihn und ſeinen Vater aufgeſtellt worden, um ſie zu nö- thigen ſich in die Arme des Kaiſers zu werfen. 1 Das iſt eine nicht zu bezweifelnde Thatſache, daß der Kai- ſer ſeine Succeſſionsentwürfe nach wie vor im Auge behielt. Neujahr 1553 ließ er dieſelben bei dem Churfürſten von Brandenburg durch deſſen Bruder Markgraf Hans noch einmal ausführlich in Anregung bringen. In der Inſtruction hiezu werden die früher vorgekommenen Gründe wiederholt, beſonders der vornehmſte, daß dem römiſchen König nach des Kaiſers Abgang zur Aufrechterhaltung des Reiches die Hülfe des ſpaniſchen Prinzen nicht allein förderlich, ſondern unentbehrlich ſey, dieſer aber ſich nicht dazu werde verpflich- ten wollen, wenn er nicht die Verſicherung erhalte, zu ſeiner Zeit ſelbſt zur römiſchen Krone zu gelangen. Der Antrag bezog ſich dieß Mal nicht, wie früher, zugleich auf König Ma- ximilian: er gieng nur darauf, daß die Churfürſten ſich ver- ſchreiben ſollen, ſobald der römiſche König zum Kaiſer ge- krönt ſey, den Prinzen ohne Verzug zum römiſchen König zu wählen; man möge ihm, dem Kaiſer, in ſeinen alten Tagen dieſe Freude gönnen; der Prinz ſey ein Erzherzog und Fürſt des Reiches; wie er dazu erzogen worden der Bürde der 1 Relatione di Suriano 1554. Mi disse il re di Bohemia piu volte, che questo (das Verfahren mit Markgr. Albrecht) faceva credere che l’impre avesse acaro, di veder suo fratello et lui suo genero constituiti in necessità di gettarsegli in braccio. Albrecht leugnet zwar, daß ihn der Kaiſer in Dienſt genommen um den roͤ- miſchen Koͤnig „J. M. Hoheit zu entſetzen,“ und den Sohn des Kai- ſers „zu einem Roͤmiſchen Kaiſer wider des h. Reichs Freiheit mit gewalt uͤbertringen helfen“ (Bucholtz VIII, 111): die Worte aber ſind ſo gewaͤhlt, daß dabei doch Vieles wahr ſeyn konnte. Gegen Ferdinand und auf Gewalt war die Abſicht des Kaiſers gar nicht gerichtet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/318
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/318>, abgerufen am 22.11.2024.