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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Drittes Capitel.

Aber indem der Markgraf sich an den Kaiser hielt, nahm
er zugleich die Evangelischen in Niederdeutschland in Schutz,
und schien nach einer popular-protestantischen Macht zu trach-
ten. Konnte das der Sinn des Kaisers seyn?

Und indem der Churfürst die Hülfe Ferdinands annahm,
machte er zugleich dem König von Frankreich Hofnung auf
die deutsche Krone, wovon man in Östreich keine Ahnung
hatte. Er, der so eben die Waffen für den Protestantismus
getragen und durch einen glücklichen Schlag die Fesseln ge-
sprengt, die man ihm angelegt hatte oder noch anlegen
wollte, stand jetzt mit den fränkischen Bischöfen und mit [ - 2 Zeichen fehlen]
nem Heinrich von Braunschweig in Bund, der von jehe
als einer der größten Verfolger der Protestanten betrachtet
worden war.

Den Vortheil hatte Moritz, daß er den Landfrieden und
den bestehenden Besitz vertheidigte, während Albrecht An-
sprüche verfocht, die im Augenblick der Noth mit Gewalt
erworben, vor keinem Gerichtshof zu Recht bestehn konnten
und durch die Einwilligung des Kaisers noch lange nicht ge-
setzlich begründet wurden.

Wenn Moritz siegte, so war das Ansehn des Kaisers
vollends vernichtet, und sofern es zu dem besprochenen Un-
ternehmen auf die Niederlande kam, die Grundlage seiner
Macht höchlich gefährdet.

Schlug dagegen Albrecht den Gegner aus dem Felde,
so hätte wohl ein allgemeiner Sturm auf die Bisthümer be-
ginnen können, ja der ganze in Folge der letzten Kriege ge-
gründete Besitzstand wäre in Frage gestellt worden: alle Feinde
des Churfürsten würden sich erhoben haben.


Zehntes Buch. Drittes Capitel.

Aber indem der Markgraf ſich an den Kaiſer hielt, nahm
er zugleich die Evangeliſchen in Niederdeutſchland in Schutz,
und ſchien nach einer popular-proteſtantiſchen Macht zu trach-
ten. Konnte das der Sinn des Kaiſers ſeyn?

Und indem der Churfürſt die Hülfe Ferdinands annahm,
machte er zugleich dem König von Frankreich Hofnung auf
die deutſche Krone, wovon man in Öſtreich keine Ahnung
hatte. Er, der ſo eben die Waffen für den Proteſtantismus
getragen und durch einen glücklichen Schlag die Feſſeln ge-
ſprengt, die man ihm angelegt hatte oder noch anlegen
wollte, ſtand jetzt mit den fränkiſchen Biſchöfen und mit [ – 2 Zeichen fehlen]
nem Heinrich von Braunſchweig in Bund, der von jehe
als einer der größten Verfolger der Proteſtanten betrachtet
worden war.

Den Vortheil hatte Moritz, daß er den Landfrieden und
den beſtehenden Beſitz vertheidigte, während Albrecht An-
ſprüche verfocht, die im Augenblick der Noth mit Gewalt
erworben, vor keinem Gerichtshof zu Recht beſtehn konnten
und durch die Einwilligung des Kaiſers noch lange nicht ge-
ſetzlich begründet wurden.

Wenn Moritz ſiegte, ſo war das Anſehn des Kaiſers
vollends vernichtet, und ſofern es zu dem beſprochenen Un-
ternehmen auf die Niederlande kam, die Grundlage ſeiner
Macht höchlich gefährdet.

Schlug dagegen Albrecht den Gegner aus dem Felde,
ſo hätte wohl ein allgemeiner Sturm auf die Bisthümer be-
ginnen können, ja der ganze in Folge der letzten Kriege ge-
gründete Beſitzſtand wäre in Frage geſtellt worden: alle Feinde
des Churfürſten würden ſich erhoben haben.


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[324/0336] Zehntes Buch. Drittes Capitel. Aber indem der Markgraf ſich an den Kaiſer hielt, nahm er zugleich die Evangeliſchen in Niederdeutſchland in Schutz, und ſchien nach einer popular-proteſtantiſchen Macht zu trach- ten. Konnte das der Sinn des Kaiſers ſeyn? Und indem der Churfürſt die Hülfe Ferdinands annahm, machte er zugleich dem König von Frankreich Hofnung auf die deutſche Krone, wovon man in Öſtreich keine Ahnung hatte. Er, der ſo eben die Waffen für den Proteſtantismus getragen und durch einen glücklichen Schlag die Feſſeln ge- ſprengt, die man ihm angelegt hatte oder noch anlegen wollte, ſtand jetzt mit den fränkiſchen Biſchöfen und mit __ nem Heinrich von Braunſchweig in Bund, der von jehe als einer der größten Verfolger der Proteſtanten betrachtet worden war. Den Vortheil hatte Moritz, daß er den Landfrieden und den beſtehenden Beſitz vertheidigte, während Albrecht An- ſprüche verfocht, die im Augenblick der Noth mit Gewalt erworben, vor keinem Gerichtshof zu Recht beſtehn konnten und durch die Einwilligung des Kaiſers noch lange nicht ge- ſetzlich begründet wurden. Wenn Moritz ſiegte, ſo war das Anſehn des Kaiſers vollends vernichtet, und ſofern es zu dem beſprochenen Un- ternehmen auf die Niederlande kam, die Grundlage ſeiner Macht höchlich gefährdet. Schlug dagegen Albrecht den Gegner aus dem Felde, ſo hätte wohl ein allgemeiner Sturm auf die Bisthümer be- ginnen können, ja der ganze in Folge der letzten Kriege ge- gründete Beſitzſtand wäre in Frage geſtellt worden: alle Feinde des Churfürſten würden ſich erhoben haben.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/336>, abgerufen am 22.11.2024.