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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Schlacht von Sievershausen.
zogs von Braunschweig, -- Friedrich von Lüneburg, der die
Fahne von Moritzens Leibwache trug, erhielt zwei tödtliche
Stiche von einem Landsknecht, -- den letzten Grafen von
Beichlingen, Johann Walwitz der einst Leipzig vertheidigt,
und viele andere; aber sie waren an Zahl überlegen: die
rothe Binde mit den weißen Streifen, die der Churfürst
führte, behielt den Platz.

Damit war aber das Geschick noch nicht erfüllt. In
dem wilden Getümmel des Reitergemenges, man wußte nicht
ob nicht gar aus einem Rohr seiner eignen Leute, war Chur-
fürst Moritz von einer Kugel getroffen worden; in einem
Zelt, das man ihm unweit an einem Zaun aufgeschlagen,
vernahm er den Sieg der Seinen; dann brachte man ihm
die erbeuteten Banner und Fähnlein, auch die Papiere des
Markgrafen, die er eifrig durchsuchte; er hatte die Genug-
thuung, noch den Siegesbericht in seinem Namen abfassen zu
lassen; 1 allein die Wunde die er empfangen, war gefährlicher
als er selber glauben mochte: schon am zweiten Tag nach der
Schlacht brachte sie ihm den Tod. Man sagt, sein letztes
Wort sey gewesen: "Gott wird kommen!" Ob zur Strafe,
oder zur Belohnung, oder zur Lösung dieser wirren irdischen
Händel: man hat ihn nicht weiter verstanden.

Eine Natur, deren Gleichen wir in Deutschland nicht
finden. So bedächtig und geheimnißvoll; so unternehmend
und thatkräftig; mit so vorschauendem Blick in die Zukunft,
und bei der Ausführung so vollkommen bei der Sache: und
dabei so ohne alle Anwandlung von Treue und persönlicher
Rücksicht: ein Mensch von Fleisch und Blut, nicht durch Ideen,

1 Schreiben des Churfürsten vom 7ten Juli bei Langenn II,
360, 9ten Juli, u. a. bei Mencken II, 1427.

Schlacht von Sievershauſen.
zogs von Braunſchweig, — Friedrich von Lüneburg, der die
Fahne von Moritzens Leibwache trug, erhielt zwei tödtliche
Stiche von einem Landsknecht, — den letzten Grafen von
Beichlingen, Johann Walwitz der einſt Leipzig vertheidigt,
und viele andere; aber ſie waren an Zahl überlegen: die
rothe Binde mit den weißen Streifen, die der Churfürſt
führte, behielt den Platz.

Damit war aber das Geſchick noch nicht erfüllt. In
dem wilden Getümmel des Reitergemenges, man wußte nicht
ob nicht gar aus einem Rohr ſeiner eignen Leute, war Chur-
fürſt Moritz von einer Kugel getroffen worden; in einem
Zelt, das man ihm unweit an einem Zaun aufgeſchlagen,
vernahm er den Sieg der Seinen; dann brachte man ihm
die erbeuteten Banner und Fähnlein, auch die Papiere des
Markgrafen, die er eifrig durchſuchte; er hatte die Genug-
thuung, noch den Siegesbericht in ſeinem Namen abfaſſen zu
laſſen; 1 allein die Wunde die er empfangen, war gefährlicher
als er ſelber glauben mochte: ſchon am zweiten Tag nach der
Schlacht brachte ſie ihm den Tod. Man ſagt, ſein letztes
Wort ſey geweſen: „Gott wird kommen!“ Ob zur Strafe,
oder zur Belohnung, oder zur Löſung dieſer wirren irdiſchen
Händel: man hat ihn nicht weiter verſtanden.

Eine Natur, deren Gleichen wir in Deutſchland nicht
finden. So bedächtig und geheimnißvoll; ſo unternehmend
und thatkräftig; mit ſo vorſchauendem Blick in die Zukunft,
und bei der Ausführung ſo vollkommen bei der Sache: und
dabei ſo ohne alle Anwandlung von Treue und perſönlicher
Rückſicht: ein Menſch von Fleiſch und Blut, nicht durch Ideen,

1 Schreiben des Churfuͤrſten vom 7ten Juli bei Langenn II,
360, 9ten Juli, u. a. bei Mencken II, 1427.
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[327/0339] Schlacht von Sievershauſen. zogs von Braunſchweig, — Friedrich von Lüneburg, der die Fahne von Moritzens Leibwache trug, erhielt zwei tödtliche Stiche von einem Landsknecht, — den letzten Grafen von Beichlingen, Johann Walwitz der einſt Leipzig vertheidigt, und viele andere; aber ſie waren an Zahl überlegen: die rothe Binde mit den weißen Streifen, die der Churfürſt führte, behielt den Platz. Damit war aber das Geſchick noch nicht erfüllt. In dem wilden Getümmel des Reitergemenges, man wußte nicht ob nicht gar aus einem Rohr ſeiner eignen Leute, war Chur- fürſt Moritz von einer Kugel getroffen worden; in einem Zelt, das man ihm unweit an einem Zaun aufgeſchlagen, vernahm er den Sieg der Seinen; dann brachte man ihm die erbeuteten Banner und Fähnlein, auch die Papiere des Markgrafen, die er eifrig durchſuchte; er hatte die Genug- thuung, noch den Siegesbericht in ſeinem Namen abfaſſen zu laſſen; 1 allein die Wunde die er empfangen, war gefährlicher als er ſelber glauben mochte: ſchon am zweiten Tag nach der Schlacht brachte ſie ihm den Tod. Man ſagt, ſein letztes Wort ſey geweſen: „Gott wird kommen!“ Ob zur Strafe, oder zur Belohnung, oder zur Löſung dieſer wirren irdiſchen Händel: man hat ihn nicht weiter verſtanden. Eine Natur, deren Gleichen wir in Deutſchland nicht finden. So bedächtig und geheimnißvoll; ſo unternehmend und thatkräftig; mit ſo vorſchauendem Blick in die Zukunft, und bei der Ausführung ſo vollkommen bei der Sache: und dabei ſo ohne alle Anwandlung von Treue und perſönlicher Rückſicht: ein Menſch von Fleiſch und Blut, nicht durch Ideen, 1 Schreiben des Churfuͤrſten vom 7ten Juli bei Langenn II, 360, 9ten Juli, u. a. bei Mencken II, 1427.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/339>, abgerufen am 22.11.2024.