Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Berathungen über den Religionsfrieden. Brandenburg und Hessen wie berührt zur Erneuerung ihreralten Erbverbrüderung. Es war recht das Gegentheil von den religiösen Entzweiungen, die bei einem ähnlichen Vorha- ben, im J. 1537 zu Zeiz, zwischen ihnen ausgebrochen, daß sie jetzt dem römischen König einmüthig ihren Entschluß er- klärten, an der augsburgischen Confession festzuhalten und in religiösen Dingen keine Stimmenmehrheit anzuerkennen. Sie beschwuren ihn, sich nicht durch fremde, der deutschen Nation vielleicht feindselig gesinnte Leute von dem hochbe- theuerten passauischen Vertrag abführen zu lassen, vielmehr die Zusage die er einst gegeben, einen beharrlichen Frieden aufrichten zu wollen, nunmehr zu erfüllen. 1 Der sächsische Gesandte weiß nicht auszudrücken, wie viel guten Namen diese Erklärung der erbverbrüderten Fürsten mache, auch in der Stadt Augsburg: in öffentlicher Predigt habe man Gott dafür Danksagung dargebracht. Ferner aber geschah, daß nach dem Tode des Papst Da dergestalt die Einen verstärkt, die Andern geschwächt 1 Copia Schreibens von etlichen Chur und Fürsten aus Naum-
burg bei Lehmann 116. Berathungen uͤber den Religionsfrieden. Brandenburg und Heſſen wie berührt zur Erneuerung ihreralten Erbverbrüderung. Es war recht das Gegentheil von den religiöſen Entzweiungen, die bei einem ähnlichen Vorha- ben, im J. 1537 zu Zeiz, zwiſchen ihnen ausgebrochen, daß ſie jetzt dem römiſchen König einmüthig ihren Entſchluß er- klärten, an der augsburgiſchen Confeſſion feſtzuhalten und in religiöſen Dingen keine Stimmenmehrheit anzuerkennen. Sie beſchwuren ihn, ſich nicht durch fremde, der deutſchen Nation vielleicht feindſelig geſinnte Leute von dem hochbe- theuerten paſſauiſchen Vertrag abführen zu laſſen, vielmehr die Zuſage die er einſt gegeben, einen beharrlichen Frieden aufrichten zu wollen, nunmehr zu erfüllen. 1 Der ſächſiſche Geſandte weiß nicht auszudrücken, wie viel guten Namen dieſe Erklärung der erbverbrüderten Fürſten mache, auch in der Stadt Augsburg: in öffentlicher Predigt habe man Gott dafür Dankſagung dargebracht. Ferner aber geſchah, daß nach dem Tode des Papſt Da dergeſtalt die Einen verſtärkt, die Andern geſchwächt 1 Copia Schreibens von etlichen Chur und Fuͤrſten aus Naum-
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Berathungen uͤber den Religionsfrieden.
Brandenburg und Heſſen wie berührt zur Erneuerung ihrer
alten Erbverbrüderung. Es war recht das Gegentheil von
den religiöſen Entzweiungen, die bei einem ähnlichen Vorha-
ben, im J. 1537 zu Zeiz, zwiſchen ihnen ausgebrochen, daß
ſie jetzt dem römiſchen König einmüthig ihren Entſchluß er-
klärten, an der augsburgiſchen Confeſſion feſtzuhalten und
in religiöſen Dingen keine Stimmenmehrheit anzuerkennen.
Sie beſchwuren ihn, ſich nicht durch fremde, der deutſchen
Nation vielleicht feindſelig geſinnte Leute von dem hochbe-
theuerten paſſauiſchen Vertrag abführen zu laſſen, vielmehr
die Zuſage die er einſt gegeben, einen beharrlichen Frieden
aufrichten zu wollen, nunmehr zu erfüllen. 1 Der ſächſiſche
Geſandte weiß nicht auszudrücken, wie viel guten Namen
dieſe Erklärung der erbverbrüderten Fürſten mache, auch in
der Stadt Augsburg: in öffentlicher Predigt habe man Gott
dafür Dankſagung dargebracht.
Ferner aber geſchah, daß nach dem Tode des Papſt
Julius (am 24ſten März 1555) die beiden heftigſten Geg-
ner des Entwurfs, Morone und Truchſeß, beides Cardinäle
der römiſchen Kirche, den Reichstag verließen, um ſich zum
Conclave zu begeben.
Da dergeſtalt die Einen verſtärkt, die Andern geſchwächt
wurden, ſo überwog allmählig die mildere Meinung. Die
geiſtlichen Fürſten nahmen zwar nicht, wie ihre weltlichen
Collegen, den churfürſtlichen Entwurf förmlich an: ſie mach-
ten vielmehr in dem beſondern Gutachten das ſie eingaben,
viele Ausſtellungen dagegen; aber ſie wieſen ihn doch auch
1 Copia Schreibens von etlichen Chur und Fuͤrſten aus Naum-
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