Als nun aber dieser Entwurf in den Fürstenrath kam, fand er den größten Widerspruch.
Der päpstliche Nuntius Morone erinnerte die geistlichen Fürsten, welche hier die Mehrzahl ausmachten, an die Pflicht, mit der sie dem römischen Stuhle verwandt seyen.
Hierauf erklärte Bischof Otto Truchseß von Augsburg, daß er von dem vorgelegten Entwurf des Friedens weder viel noch wenig bewilligen könne; er vermaß sich, ehe er auf Verhandlungen darüber eingehe, Leib und Leben, alles was er auf Erden habe, zu verlieren. 1
Viele andere meinten, daß man von einem künftigen Austrag in der Religion nicht absehen, nur einen beschränk- ten Frieden zugestehn, alle Streitigkeiten darüber zur Decla- ration des Kaisers stellen müsse.
König Ferdinand machte noch einen Versuch, die ganze Berathung auf den Landfrieden zurückzuführen. Er ließ die churfürstlichen Gesandten persönlich zu sich kommen, um sie dazu zu vermögen, und legte im Reichsrath darauf bezüg- liche Supplicationen vor.
Dagegen aber ergriffen die protestantischen Mitglieder des Fürstenraths den Entwurf der Churfürsten mit aller Theil- nahme die er verdiente; besonders zeigte sich Christoph von Würtenberg, den man als "den Rädelsführer der Partei" bezeichnete, unerschütterlich.
Indessen würden sie schwerlich durchgedrungen seyn, hät- ten sie nicht von außen her einige Unterstützung bekommen.
Im März 1555 vereinigten sich die Häuser Sachsen,
1 Protestation bei Lehmann: de pace religionis acta publica p. 24.
Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Als nun aber dieſer Entwurf in den Fürſtenrath kam, fand er den größten Widerſpruch.
Der päpſtliche Nuntius Morone erinnerte die geiſtlichen Fürſten, welche hier die Mehrzahl ausmachten, an die Pflicht, mit der ſie dem römiſchen Stuhle verwandt ſeyen.
Hierauf erklärte Biſchof Otto Truchſeß von Augsburg, daß er von dem vorgelegten Entwurf des Friedens weder viel noch wenig bewilligen könne; er vermaß ſich, ehe er auf Verhandlungen darüber eingehe, Leib und Leben, alles was er auf Erden habe, zu verlieren. 1
Viele andere meinten, daß man von einem künftigen Austrag in der Religion nicht abſehen, nur einen beſchränk- ten Frieden zugeſtehn, alle Streitigkeiten darüber zur Decla- ration des Kaiſers ſtellen müſſe.
König Ferdinand machte noch einen Verſuch, die ganze Berathung auf den Landfrieden zurückzuführen. Er ließ die churfürſtlichen Geſandten perſönlich zu ſich kommen, um ſie dazu zu vermögen, und legte im Reichsrath darauf bezüg- liche Supplicationen vor.
Dagegen aber ergriffen die proteſtantiſchen Mitglieder des Fürſtenraths den Entwurf der Churfürſten mit aller Theil- nahme die er verdiente; beſonders zeigte ſich Chriſtoph von Würtenberg, den man als „den Rädelsführer der Partei“ bezeichnete, unerſchütterlich.
Indeſſen würden ſie ſchwerlich durchgedrungen ſeyn, hät- ten ſie nicht von außen her einige Unterſtützung bekommen.
Im März 1555 vereinigten ſich die Häuſer Sachſen,
1 Proteſtation bei Lehmann: de pace religionis acta publica p. 24.
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Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Als nun aber dieſer Entwurf in den Fürſtenrath kam,
fand er den größten Widerſpruch.
Der päpſtliche Nuntius Morone erinnerte die geiſtlichen
Fürſten, welche hier die Mehrzahl ausmachten, an die Pflicht,
mit der ſie dem römiſchen Stuhle verwandt ſeyen.
Hierauf erklärte Biſchof Otto Truchſeß von Augsburg,
daß er von dem vorgelegten Entwurf des Friedens weder
viel noch wenig bewilligen könne; er vermaß ſich, ehe er
auf Verhandlungen darüber eingehe, Leib und Leben, alles
was er auf Erden habe, zu verlieren. 1
Viele andere meinten, daß man von einem künftigen
Austrag in der Religion nicht abſehen, nur einen beſchränk-
ten Frieden zugeſtehn, alle Streitigkeiten darüber zur Decla-
ration des Kaiſers ſtellen müſſe.
König Ferdinand machte noch einen Verſuch, die ganze
Berathung auf den Landfrieden zurückzuführen. Er ließ die
churfürſtlichen Geſandten perſönlich zu ſich kommen, um ſie
dazu zu vermögen, und legte im Reichsrath darauf bezüg-
liche Supplicationen vor.
Dagegen aber ergriffen die proteſtantiſchen Mitglieder
des Fürſtenraths den Entwurf der Churfürſten mit aller Theil-
nahme die er verdiente; beſonders zeigte ſich Chriſtoph von
Würtenberg, den man als „den Rädelsführer der Partei“
bezeichnete, unerſchütterlich.
Indeſſen würden ſie ſchwerlich durchgedrungen ſeyn, hät-
ten ſie nicht von außen her einige Unterſtützung bekommen.
Im März 1555 vereinigten ſich die Häuſer Sachſen,
1 Proteſtation bei Lehmann: de pace religionis acta publica
p. 24.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/376>, abgerufen am 24.11.2024.
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