Wie das gesammte Executionswesen auf den Ordnun- gen beruhte, welche das Reichsregiment in den ersten Mo- naten seines Bestehens, Ende 1521, Anfang 1522, vorge- nommen, so hatte sich auf den Grund der damals beliebten Bezeichnungen 1 ein Herkommen gebildet, kraft dessen in je- dem Kreise Ein Fürst das Amt der Berufung der Stände und der allgemeinen Leitung der Geschäfte erhielt, den man um das J. 1550 den kreisausschreibenden zu nennen an- fieng. Der Vorschlag geschah, zunächst von Sachsen, daß allemal der ausschreibende Kreisfürst zugleich auch Oberster seyn solle, wie denn wirklich später beiderlei Befugnisse bei- nahe ganz in einander geflossen sind und dann das wich- tigste Vorrecht gebildet haben das einem Reichsfürsten über- haupt zustand.
Eben deshalb aber weil sich dieß voraussehen ließ, fand der Gedanke großen Widerspruch. Brandenburg, das mit Sachsen in Einem Kreise saß, diesem aber noch den Vor- rang lassen mußte, war nicht minder dagegen als die geist- lichen Churfürsten, die alsdann von ihrem weltlichen Collegen in der Pfalz überflügelt zu werden fürchteten. Es entstand eine Mehrheit in dem churfürstlichen Rathe die den Beschluß faßte, daß die Wahl des Obersten den Ständen jedes Krei- ses anheimgestellt bleiben solle, von denen dann der kreisaus- schreibende Fürst oder auch ein andrer gewählt werden könne. Die ihm beizugebenden Gehülfen wollte man nicht Räthe nennen, was eine Art von Unterordnung unter ihn auszu- drücken schien, sondern Zugeordnete. Man bedingte noch
1 "Als den," heißt es in dem ersten Schreiben des Regiments, "den wir im - - Craiß zu solchem sonderlich fürgenommen." 17 Febr. 1524. N. S. d. Reichsabsch.
Berathungen uͤber die Executionsordnung.
Wie das geſammte Executionsweſen auf den Ordnun- gen beruhte, welche das Reichsregiment in den erſten Mo- naten ſeines Beſtehens, Ende 1521, Anfang 1522, vorge- nommen, ſo hatte ſich auf den Grund der damals beliebten Bezeichnungen 1 ein Herkommen gebildet, kraft deſſen in je- dem Kreiſe Ein Fürſt das Amt der Berufung der Stände und der allgemeinen Leitung der Geſchäfte erhielt, den man um das J. 1550 den kreisausſchreibenden zu nennen an- fieng. Der Vorſchlag geſchah, zunächſt von Sachſen, daß allemal der ausſchreibende Kreisfürſt zugleich auch Oberſter ſeyn ſolle, wie denn wirklich ſpäter beiderlei Befugniſſe bei- nahe ganz in einander gefloſſen ſind und dann das wich- tigſte Vorrecht gebildet haben das einem Reichsfürſten über- haupt zuſtand.
Eben deshalb aber weil ſich dieß vorausſehen ließ, fand der Gedanke großen Widerſpruch. Brandenburg, das mit Sachſen in Einem Kreiſe ſaß, dieſem aber noch den Vor- rang laſſen mußte, war nicht minder dagegen als die geiſt- lichen Churfürſten, die alsdann von ihrem weltlichen Collegen in der Pfalz überflügelt zu werden fürchteten. Es entſtand eine Mehrheit in dem churfürſtlichen Rathe die den Beſchluß faßte, daß die Wahl des Oberſten den Ständen jedes Krei- ſes anheimgeſtellt bleiben ſolle, von denen dann der kreisaus- ſchreibende Fürſt oder auch ein andrer gewählt werden könne. Die ihm beizugebenden Gehülfen wollte man nicht Räthe nennen, was eine Art von Unterordnung unter ihn auszu- drücken ſchien, ſondern Zugeordnete. Man bedingte noch
1 „Als den,“ heißt es in dem erſten Schreiben des Regiments, „den wir im ‒ ‒ Craiß zu ſolchem ſonderlich fuͤrgenommen.“ 17 Febr. 1524. N. S. d. Reichsabſch.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0387"n="375"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Berathungen uͤber die Executionsordnung</hi>.</fw><lb/><p>Wie das geſammte Executionsweſen auf den Ordnun-<lb/>
gen beruhte, welche das Reichsregiment in den erſten Mo-<lb/>
naten ſeines Beſtehens, Ende 1521, Anfang 1522, vorge-<lb/>
nommen, ſo hatte ſich auf den Grund der damals beliebten<lb/>
Bezeichnungen <noteplace="foot"n="1">„Als den,“ heißt es in dem erſten Schreiben des Regiments,<lb/>„den wir im ‒‒ Craiß zu ſolchem ſonderlich fuͤrgenommen.“ 17 Febr.<lb/>
1524. N. S. d. Reichsabſch.</note> ein Herkommen gebildet, kraft deſſen in je-<lb/>
dem Kreiſe Ein Fürſt das Amt der Berufung der Stände<lb/>
und der allgemeinen Leitung der Geſchäfte erhielt, den man<lb/>
um das J. 1550 den kreisausſchreibenden zu nennen an-<lb/>
fieng. Der Vorſchlag geſchah, zunächſt von Sachſen, daß<lb/>
allemal der ausſchreibende Kreisfürſt zugleich auch Oberſter<lb/>ſeyn ſolle, wie denn wirklich ſpäter beiderlei Befugniſſe bei-<lb/>
nahe ganz in einander gefloſſen ſind und dann das wich-<lb/>
tigſte Vorrecht gebildet haben das einem Reichsfürſten über-<lb/>
haupt zuſtand.</p><lb/><p>Eben deshalb aber weil ſich dieß vorausſehen ließ, fand<lb/>
der Gedanke großen Widerſpruch. Brandenburg, das mit<lb/>
Sachſen in Einem Kreiſe ſaß, dieſem aber noch den Vor-<lb/>
rang laſſen mußte, war nicht minder dagegen als die geiſt-<lb/>
lichen Churfürſten, die alsdann von ihrem weltlichen Collegen<lb/>
in der Pfalz überflügelt zu werden fürchteten. Es entſtand<lb/>
eine Mehrheit in dem churfürſtlichen Rathe die den Beſchluß<lb/>
faßte, daß die Wahl des Oberſten den Ständen jedes Krei-<lb/>ſes anheimgeſtellt bleiben ſolle, von denen dann der kreisaus-<lb/>ſchreibende Fürſt oder auch ein andrer gewählt werden könne.<lb/>
Die ihm beizugebenden Gehülfen wollte man nicht Räthe<lb/>
nennen, was eine Art von Unterordnung unter ihn auszu-<lb/>
drücken ſchien, ſondern Zugeordnete. Man bedingte noch<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[375/0387]
Berathungen uͤber die Executionsordnung.
Wie das geſammte Executionsweſen auf den Ordnun-
gen beruhte, welche das Reichsregiment in den erſten Mo-
naten ſeines Beſtehens, Ende 1521, Anfang 1522, vorge-
nommen, ſo hatte ſich auf den Grund der damals beliebten
Bezeichnungen 1 ein Herkommen gebildet, kraft deſſen in je-
dem Kreiſe Ein Fürſt das Amt der Berufung der Stände
und der allgemeinen Leitung der Geſchäfte erhielt, den man
um das J. 1550 den kreisausſchreibenden zu nennen an-
fieng. Der Vorſchlag geſchah, zunächſt von Sachſen, daß
allemal der ausſchreibende Kreisfürſt zugleich auch Oberſter
ſeyn ſolle, wie denn wirklich ſpäter beiderlei Befugniſſe bei-
nahe ganz in einander gefloſſen ſind und dann das wich-
tigſte Vorrecht gebildet haben das einem Reichsfürſten über-
haupt zuſtand.
Eben deshalb aber weil ſich dieß vorausſehen ließ, fand
der Gedanke großen Widerſpruch. Brandenburg, das mit
Sachſen in Einem Kreiſe ſaß, dieſem aber noch den Vor-
rang laſſen mußte, war nicht minder dagegen als die geiſt-
lichen Churfürſten, die alsdann von ihrem weltlichen Collegen
in der Pfalz überflügelt zu werden fürchteten. Es entſtand
eine Mehrheit in dem churfürſtlichen Rathe die den Beſchluß
faßte, daß die Wahl des Oberſten den Ständen jedes Krei-
ſes anheimgeſtellt bleiben ſolle, von denen dann der kreisaus-
ſchreibende Fürſt oder auch ein andrer gewählt werden könne.
Die ihm beizugebenden Gehülfen wollte man nicht Räthe
nennen, was eine Art von Unterordnung unter ihn auszu-
drücken ſchien, ſondern Zugeordnete. Man bedingte noch
1 „Als den,“ heißt es in dem erſten Schreiben des Regiments,
„den wir im ‒ ‒ Craiß zu ſolchem ſonderlich fuͤrgenommen.“ 17 Febr.
1524. N. S. d. Reichsabſch.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/387>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.