schlägen wurden einige schon innerhalb des Fürstenraths be- seitigt; die übrigen zu verwerfen, blieb den Churfürsten über- lassen, deren Gutachten zuletzt in diesem, wie in den mei- sten andern Puncten angenommen und zum Reichsgesetz er- hoben ward.
Und nicht allein gegen innere Unruhen sollte die neue Ordnung dienen, sondern man beschloß sie auch bei den An- griffen auswärtiger Feinde in Anwendung zu bringen.
Nur erhob sich hiebei der Zweifel, ob die Verpflich- tung einem Kreise zu Hülfe zu kommen auch auf den nie- derländischen erstreckt werden solle, der in einem beinahe fort- währenden Kriege mit Frankreich lag. Die Sache würde gar nicht haben in Frage kommen können, wenn sich die Nieder- lande ernstlich zum Reiche gehalten, besonders, worauf alles ankam, sich dem Kammergericht unterworfen hätten. König Ferdinand vertheidigte eine Zeitlang die Ansprüche der Nie- derlande. Die Einwendung aber, daß eine auf die Hand- habung des Landfriedens bezügliche Ordnung unmöglich De- nen zu Gute kommen könne, von denen die Reichsgerichts- barkeit in Landfriedensbruchsachen gar nicht einmal anerkannt werde, wußte er nicht zu beseitigen. Er erlangte nur so viel, daß es durch eine neue Clausel in den Willen des Kaisers gestellt wurde, ob er sich mit seinen Niedererblanden jener Jurisdiction unterwerfen wolle.
Wir sehen wohl: zum Vortheil Carls V und seiner kaiserlichen Macht gereichten diese Beschlüsse mit nichten.
Die executive Gewalt gerieth dadurch eben so gut in die Hände der Reichsstände, wie ihnen die legislative dem Her- kommen nach fast ausschließend zustand. Die Anwendung
Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſchlägen wurden einige ſchon innerhalb des Fürſtenraths be- ſeitigt; die übrigen zu verwerfen, blieb den Churfürſten über- laſſen, deren Gutachten zuletzt in dieſem, wie in den mei- ſten andern Puncten angenommen und zum Reichsgeſetz er- hoben ward.
Und nicht allein gegen innere Unruhen ſollte die neue Ordnung dienen, ſondern man beſchloß ſie auch bei den An- griffen auswärtiger Feinde in Anwendung zu bringen.
Nur erhob ſich hiebei der Zweifel, ob die Verpflich- tung einem Kreiſe zu Hülfe zu kommen auch auf den nie- derländiſchen erſtreckt werden ſolle, der in einem beinahe fort- währenden Kriege mit Frankreich lag. Die Sache würde gar nicht haben in Frage kommen können, wenn ſich die Nieder- lande ernſtlich zum Reiche gehalten, beſonders, worauf alles ankam, ſich dem Kammergericht unterworfen hätten. König Ferdinand vertheidigte eine Zeitlang die Anſprüche der Nie- derlande. Die Einwendung aber, daß eine auf die Hand- habung des Landfriedens bezügliche Ordnung unmöglich De- nen zu Gute kommen könne, von denen die Reichsgerichts- barkeit in Landfriedensbruchſachen gar nicht einmal anerkannt werde, wußte er nicht zu beſeitigen. Er erlangte nur ſo viel, daß es durch eine neue Clauſel in den Willen des Kaiſers geſtellt wurde, ob er ſich mit ſeinen Niedererblanden jener Jurisdiction unterwerfen wolle.
Wir ſehen wohl: zum Vortheil Carls V und ſeiner kaiſerlichen Macht gereichten dieſe Beſchlüſſe mit nichten.
Die executive Gewalt gerieth dadurch eben ſo gut in die Hände der Reichsſtände, wie ihnen die legislative dem Her- kommen nach faſt ausſchließend zuſtand. Die Anwendung
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Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſchlägen wurden einige ſchon innerhalb des Fürſtenraths be-
ſeitigt; die übrigen zu verwerfen, blieb den Churfürſten über-
laſſen, deren Gutachten zuletzt in dieſem, wie in den mei-
ſten andern Puncten angenommen und zum Reichsgeſetz er-
hoben ward.
Und nicht allein gegen innere Unruhen ſollte die neue
Ordnung dienen, ſondern man beſchloß ſie auch bei den An-
griffen auswärtiger Feinde in Anwendung zu bringen.
Nur erhob ſich hiebei der Zweifel, ob die Verpflich-
tung einem Kreiſe zu Hülfe zu kommen auch auf den nie-
derländiſchen erſtreckt werden ſolle, der in einem beinahe fort-
währenden Kriege mit Frankreich lag. Die Sache würde gar
nicht haben in Frage kommen können, wenn ſich die Nieder-
lande ernſtlich zum Reiche gehalten, beſonders, worauf alles
ankam, ſich dem Kammergericht unterworfen hätten. König
Ferdinand vertheidigte eine Zeitlang die Anſprüche der Nie-
derlande. Die Einwendung aber, daß eine auf die Hand-
habung des Landfriedens bezügliche Ordnung unmöglich De-
nen zu Gute kommen könne, von denen die Reichsgerichts-
barkeit in Landfriedensbruchſachen gar nicht einmal anerkannt
werde, wußte er nicht zu beſeitigen. Er erlangte nur ſo viel,
daß es durch eine neue Clauſel in den Willen des Kaiſers
geſtellt wurde, ob er ſich mit ſeinen Niedererblanden jener
Jurisdiction unterwerfen wolle.
Wir ſehen wohl: zum Vortheil Carls V und ſeiner
kaiſerlichen Macht gereichten dieſe Beſchlüſſe mit nichten.
Die executive Gewalt gerieth dadurch eben ſo gut in die
Hände der Reichsſtände, wie ihnen die legislative dem Her-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/390>, abgerufen am 24.11.2024.
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