halte sich in Dingen dieser Art gern an Sachsen, das die vornehmsten Theologen auf seinen Universitäten habe, von denen auch diese Sache berathschlagt worden sey.
Allein um so heftiger erhob sich der Widerspruch der Geistlichen. Sie bestanden darauf, daß jede Obrigkeit das Recht habe, über die Religion in ihrem Lande zu verfügen. Sey den Confessionisten bisher Duldung von ihnen gewährt worden, so sey das durch ihren freien Willen geschehen; viel- leicht daß es ihnen gefalle, ein ander Mal ihre alte Befug- niß zu erfrischen und in Übung zu bringen.
Forderung und Widerrede veranlaßten eine allgemeine Aufregung. König Ferdinand sagte, er habe schon geglaubt im Hafen zu seyn, da steige ihm plötzlich noch dieß neue Un- wetter mit einem Ungestüm auf, der alles zerrütten könne.
So viel erkannte er bei einer nochmaligen Conferenz mit den Protestanten, daß diese in den Vorbehalt auch auf die bedingte Weise, wie es geschehen sollte, nicht willigen würden, wenn man ihnen nicht dagegen auch ihr Verlangen erfülle; da die bischöfliche Würde nun einmal der alten Re- ligion vorbehalten wurde, so hielten sie es für eine Gewis- senspflicht, ihre Glaubensgenossen vor möglichen Gewaltsam- keiten zu schützen. Wollte Ferdinand den Frieden noch zu Stande bringen, so mußte er nicht allein selbst ihnen beitre- ten, sondern auch alle seinen Einfluß dazu anwenden, die Gegenpartei herbeizubringen. Er stellte seinen geistlichen Freunden vor, daß ohne jenes Zugeständniß der Friede nur ein halber Friede sey und dem Bedürfniß nicht genüge. Da sie doch noch Schwierigkeiten machten, eröffnete er ihnen, er werde sie nicht von dannen gehn lassen, bis sie sich mit
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Schlußberathungen uͤber den geiſtl. Vorbehalt.
halte ſich in Dingen dieſer Art gern an Sachſen, das die vornehmſten Theologen auf ſeinen Univerſitäten habe, von denen auch dieſe Sache berathſchlagt worden ſey.
Allein um ſo heftiger erhob ſich der Widerſpruch der Geiſtlichen. Sie beſtanden darauf, daß jede Obrigkeit das Recht habe, über die Religion in ihrem Lande zu verfügen. Sey den Confeſſioniſten bisher Duldung von ihnen gewährt worden, ſo ſey das durch ihren freien Willen geſchehen; viel- leicht daß es ihnen gefalle, ein ander Mal ihre alte Befug- niß zu erfriſchen und in Übung zu bringen.
Forderung und Widerrede veranlaßten eine allgemeine Aufregung. König Ferdinand ſagte, er habe ſchon geglaubt im Hafen zu ſeyn, da ſteige ihm plötzlich noch dieß neue Un- wetter mit einem Ungeſtüm auf, der alles zerrütten könne.
So viel erkannte er bei einer nochmaligen Conferenz mit den Proteſtanten, daß dieſe in den Vorbehalt auch auf die bedingte Weiſe, wie es geſchehen ſollte, nicht willigen würden, wenn man ihnen nicht dagegen auch ihr Verlangen erfülle; da die biſchöfliche Würde nun einmal der alten Re- ligion vorbehalten wurde, ſo hielten ſie es für eine Gewiſ- ſenspflicht, ihre Glaubensgenoſſen vor möglichen Gewaltſam- keiten zu ſchützen. Wollte Ferdinand den Frieden noch zu Stande bringen, ſo mußte er nicht allein ſelbſt ihnen beitre- ten, ſondern auch alle ſeinen Einfluß dazu anwenden, die Gegenpartei herbeizubringen. Er ſtellte ſeinen geiſtlichen Freunden vor, daß ohne jenes Zugeſtändniß der Friede nur ein halber Friede ſey und dem Bedürfniß nicht genüge. Da ſie doch noch Schwierigkeiten machten, eröffnete er ihnen, er werde ſie nicht von dannen gehn laſſen, bis ſie ſich mit
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Schlußberathungen uͤber den geiſtl. Vorbehalt.
halte ſich in Dingen dieſer Art gern an Sachſen, das die
vornehmſten Theologen auf ſeinen Univerſitäten habe, von
denen auch dieſe Sache berathſchlagt worden ſey.
Allein um ſo heftiger erhob ſich der Widerſpruch der
Geiſtlichen. Sie beſtanden darauf, daß jede Obrigkeit das
Recht habe, über die Religion in ihrem Lande zu verfügen.
Sey den Confeſſioniſten bisher Duldung von ihnen gewährt
worden, ſo ſey das durch ihren freien Willen geſchehen; viel-
leicht daß es ihnen gefalle, ein ander Mal ihre alte Befug-
niß zu erfriſchen und in Übung zu bringen.
Forderung und Widerrede veranlaßten eine allgemeine
Aufregung. König Ferdinand ſagte, er habe ſchon geglaubt
im Hafen zu ſeyn, da ſteige ihm plötzlich noch dieß neue Un-
wetter mit einem Ungeſtüm auf, der alles zerrütten könne.
So viel erkannte er bei einer nochmaligen Conferenz
mit den Proteſtanten, daß dieſe in den Vorbehalt auch auf
die bedingte Weiſe, wie es geſchehen ſollte, nicht willigen
würden, wenn man ihnen nicht dagegen auch ihr Verlangen
erfülle; da die biſchöfliche Würde nun einmal der alten Re-
ligion vorbehalten wurde, ſo hielten ſie es für eine Gewiſ-
ſenspflicht, ihre Glaubensgenoſſen vor möglichen Gewaltſam-
keiten zu ſchützen. Wollte Ferdinand den Frieden noch zu
Stande bringen, ſo mußte er nicht allein ſelbſt ihnen beitre-
ten, ſondern auch alle ſeinen Einfluß dazu anwenden, die
Gegenpartei herbeizubringen. Er ſtellte ſeinen geiſtlichen
Freunden vor, daß ohne jenes Zugeſtändniß der Friede nur
ein halber Friede ſey und dem Bedürfniß nicht genüge. Da
ſie doch noch Schwierigkeiten machten, eröffnete er ihnen,
er werde ſie nicht von dannen gehn laſſen, bis ſie ſich mit
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/399>, abgerufen am 24.11.2024.
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