Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Neuntes Buch. Erstes Capitel. europäischen Kriege ohnehin die Niederlande betrafen, unddie Feindseligkeit gegen die Türken, die einzige auf die es noch außerdem ankam, ein anderes dynastisches Interesse dar- bot. Man trug Sorge jeden weiteren Anspruch zu besei- tigen. Würde z. B. der Reichstag einmal einen gemeinen Pfennig einzubringen beschließen, dann sollten, so ward fest- gesetzt, die Niederlande, statt den Beschluß ausführen, nichts weiter als eine Summe zahlen derjenigen gleich, welche diese Auflage in zwei Churfürstenthümern am Rheine einbringe. 1 Übrigens ward die innere Unabhängigkeit der Provinzen jetzt erst eigentlich bestätigt. Ausdrücklicher als jemals ward zu- gestanden, daß des Reiches Ordnungen und Satzungen sie nicht verpflichten sollten. Und zwar geschah dieß in dersel- ben Urkunde, in welcher man ebenfalls ausdrücklicher als je- mals früher festsetzte, daß der Erb- und Oberherr dieser Nie- derlande Sitz und Stimme am Reichstag haben solle wie Östreich. Es liegt ein sonderbarer Widerspruch darin, daß der Kaiser in demselben Augenblick wo er die Ernennun- gen zum Kammergericht in seine Hand nimmt, sich zugleich so angelegentlich bemüht, sein Erbland von demselben zu exi- miren, und ist doch sehr gut zu erklären. Reich und Kai- serthum fallen noch mit nichten zusammen: dieß ist vor- 1 In dem Berliner Archiv finden sich außer den Acten über
die Anschläge folgende Stücke in Bezug auf Burgund. 1) Kaiser- liche Resolution uf der Chf. FF. und Stend Bedenken der Anschleg halben des burgundischen Kreises, 28 März; 2) der Churfürsten, Fürsten und Stende Antwort, 12 April; 3) Kaiserl. Mt andere Re- solvirung, 27 April; 4) der Stände Antwort, o. D.; 5) Kais. Mt Replic, 14 Maji; 6) Antwort der Stände 20 Mai, falsch bezeich- net als vom 20 Juni; 7) Neue kais. Erklärung 28 Mai; 8) Notel des Bündnisses 23 Juni. Neuntes Buch. Erſtes Capitel. europäiſchen Kriege ohnehin die Niederlande betrafen, unddie Feindſeligkeit gegen die Türken, die einzige auf die es noch außerdem ankam, ein anderes dynaſtiſches Intereſſe dar- bot. Man trug Sorge jeden weiteren Anſpruch zu beſei- tigen. Würde z. B. der Reichstag einmal einen gemeinen Pfennig einzubringen beſchließen, dann ſollten, ſo ward feſt- geſetzt, die Niederlande, ſtatt den Beſchluß ausführen, nichts weiter als eine Summe zahlen derjenigen gleich, welche dieſe Auflage in zwei Churfürſtenthümern am Rheine einbringe. 1 Übrigens ward die innere Unabhängigkeit der Provinzen jetzt erſt eigentlich beſtätigt. Ausdrücklicher als jemals ward zu- geſtanden, daß des Reiches Ordnungen und Satzungen ſie nicht verpflichten ſollten. Und zwar geſchah dieß in derſel- ben Urkunde, in welcher man ebenfalls ausdrücklicher als je- mals früher feſtſetzte, daß der Erb- und Oberherr dieſer Nie- derlande Sitz und Stimme am Reichstag haben ſolle wie Öſtreich. Es liegt ein ſonderbarer Widerſpruch darin, daß der Kaiſer in demſelben Augenblick wo er die Ernennun- gen zum Kammergericht in ſeine Hand nimmt, ſich zugleich ſo angelegentlich bemüht, ſein Erbland von demſelben zu exi- miren, und iſt doch ſehr gut zu erklären. Reich und Kai- ſerthum fallen noch mit nichten zuſammen: dieß iſt vor- 1 In dem Berliner Archiv finden ſich außer den Acten uͤber
die Anſchlaͤge folgende Stuͤcke in Bezug auf Burgund. 1) Kaiſer- liche Reſolution uf der Chf. FF. und Stend Bedenken der Anſchleg halben des burgundiſchen Kreiſes, 28 Maͤrz; 2) der Churfuͤrſten, Fuͤrſten und Stende Antwort, 12 April; 3) Kaiſerl. Mt andere Re- ſolvirung, 27 April; 4) der Staͤnde Antwort, o. D.; 5) Kaiſ. Mt Replic, 14 Maji; 6) Antwort der Staͤnde 20 Mai, falſch bezeich- net als vom 20 Juni; 7) Neue kaiſ. Erklaͤrung 28 Mai; 8) Notel des Buͤndniſſes 23 Juni. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0040" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> europäiſchen Kriege ohnehin die Niederlande betrafen, und<lb/> die Feindſeligkeit gegen die Türken, die einzige auf die es<lb/> noch außerdem ankam, ein anderes dynaſtiſches Intereſſe dar-<lb/> bot. Man trug Sorge jeden weiteren Anſpruch zu beſei-<lb/> tigen. Würde z. B. der Reichstag einmal einen gemeinen<lb/> Pfennig einzubringen beſchließen, dann ſollten, ſo ward feſt-<lb/> geſetzt, die Niederlande, ſtatt den Beſchluß ausführen, nichts<lb/> weiter als eine Summe zahlen derjenigen gleich, welche dieſe<lb/> Auflage in zwei Churfürſtenthümern am Rheine einbringe. <note place="foot" n="1">In dem Berliner Archiv finden ſich außer den Acten uͤber<lb/> die Anſchlaͤge folgende Stuͤcke in Bezug auf Burgund. 1) Kaiſer-<lb/> liche Reſolution uf der Chf. FF. und Stend Bedenken der Anſchleg<lb/> halben des burgundiſchen Kreiſes, 28 Maͤrz; 2) der Churfuͤrſten,<lb/> Fuͤrſten und Stende Antwort, 12 April; 3) Kaiſerl. Mt andere Re-<lb/> ſolvirung, 27 April; 4) der Staͤnde Antwort, o. D.; 5) Kaiſ. Mt<lb/> Replic, 14 Maji; 6) Antwort der Staͤnde 20 Mai, falſch bezeich-<lb/> net als vom 20 Juni; 7) Neue kaiſ. Erklaͤrung 28 Mai; 8) Notel<lb/> des Buͤndniſſes 23 Juni.</note><lb/> Übrigens ward die innere Unabhängigkeit der Provinzen jetzt<lb/> erſt eigentlich beſtätigt. Ausdrücklicher als jemals ward zu-<lb/> geſtanden, daß des Reiches Ordnungen und Satzungen ſie<lb/> nicht verpflichten ſollten. Und zwar geſchah dieß in derſel-<lb/> ben Urkunde, in welcher man ebenfalls ausdrücklicher als je-<lb/> mals früher feſtſetzte, daß der Erb- und Oberherr dieſer Nie-<lb/> derlande Sitz und Stimme am Reichstag haben ſolle wie<lb/> Öſtreich. Es liegt ein ſonderbarer Widerſpruch darin, daß<lb/> der Kaiſer in demſelben Augenblick wo er die Ernennun-<lb/> gen zum Kammergericht in ſeine Hand nimmt, ſich zugleich<lb/> ſo angelegentlich bemüht, ſein Erbland von demſelben zu exi-<lb/> miren, und iſt doch ſehr gut zu erklären. Reich und Kai-<lb/> ſerthum fallen noch mit nichten zuſammen: dieß iſt vor-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [28/0040]
Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
europäiſchen Kriege ohnehin die Niederlande betrafen, und
die Feindſeligkeit gegen die Türken, die einzige auf die es
noch außerdem ankam, ein anderes dynaſtiſches Intereſſe dar-
bot. Man trug Sorge jeden weiteren Anſpruch zu beſei-
tigen. Würde z. B. der Reichstag einmal einen gemeinen
Pfennig einzubringen beſchließen, dann ſollten, ſo ward feſt-
geſetzt, die Niederlande, ſtatt den Beſchluß ausführen, nichts
weiter als eine Summe zahlen derjenigen gleich, welche dieſe
Auflage in zwei Churfürſtenthümern am Rheine einbringe. 1
Übrigens ward die innere Unabhängigkeit der Provinzen jetzt
erſt eigentlich beſtätigt. Ausdrücklicher als jemals ward zu-
geſtanden, daß des Reiches Ordnungen und Satzungen ſie
nicht verpflichten ſollten. Und zwar geſchah dieß in derſel-
ben Urkunde, in welcher man ebenfalls ausdrücklicher als je-
mals früher feſtſetzte, daß der Erb- und Oberherr dieſer Nie-
derlande Sitz und Stimme am Reichstag haben ſolle wie
Öſtreich. Es liegt ein ſonderbarer Widerſpruch darin, daß
der Kaiſer in demſelben Augenblick wo er die Ernennun-
gen zum Kammergericht in ſeine Hand nimmt, ſich zugleich
ſo angelegentlich bemüht, ſein Erbland von demſelben zu exi-
miren, und iſt doch ſehr gut zu erklären. Reich und Kai-
ſerthum fallen noch mit nichten zuſammen: dieß iſt vor-
1 In dem Berliner Archiv finden ſich außer den Acten uͤber
die Anſchlaͤge folgende Stuͤcke in Bezug auf Burgund. 1) Kaiſer-
liche Reſolution uf der Chf. FF. und Stend Bedenken der Anſchleg
halben des burgundiſchen Kreiſes, 28 Maͤrz; 2) der Churfuͤrſten,
Fuͤrſten und Stende Antwort, 12 April; 3) Kaiſerl. Mt andere Re-
ſolvirung, 27 April; 4) der Staͤnde Antwort, o. D.; 5) Kaiſ. Mt
Replic, 14 Maji; 6) Antwort der Staͤnde 20 Mai, falſch bezeich-
net als vom 20 Juni; 7) Neue kaiſ. Erklaͤrung 28 Mai; 8) Notel
des Buͤndniſſes 23 Juni.
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