Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Religionsfriede.
das vortreffliche Werk des unbedingten Friedens zu Stande
gekommen. 1 Von allen Erinnerungen ward nur die Eine
beliebt, daß nach der Zusage des Kaisers ein mit Deut-
schen besetzter Hofrath mit einem deutschen Präsidenten er-
richtet werden möge.

So kam es am 25sten September 1555 zum Reichs-
abschied von Augsburg.

Man wird eingestehn müssen, daß die Bestimmungen
über den geistlichen Vorbehalt und die religiöse Autonomie
bischöflicher Unterthanen künftige Zwistigkeiten wohl befürch-
ten ließen; indeß man konnte nun einmal nicht weiter kom-
men. Diese Bestimmungen drückten ungefähr das Verhält-
niß der Macht aus, welches sich damals in den beiden Par-
teien entwickelt hatte: sie waren mehr eine Auskunft für den
Augenblick als ein Gesetz für alle Folgezeit.

Dagegen enthielt der Friede übrigens abschließende Fest-
setzungen von höchstem Werthe.

Wie wir öfter bemerkt, der Protestantismus ist nicht
bekehrender Natur. Er wird sich jedes Beitritts, der aus
Überzeugung entspringt, als eines Fortganges seiner guten
Sache freuen: sonst aber schon zufrieden seyn, wenn ihm

1 Man darf also mit nichten schließen, wie Bucholtz VII, 218,
daß die Gravamina etwa ein bloßer Vorwand gewesen seyen. "Ha-
ben bedacht," sagen die sächsischen Gesandten, "das die Gravamina
eines theils also geschaffen das sie zu erledigen zugesagt, etzliche durch
diesen Reichsabschied, wan er erfolgt, erledigt werden, die übrigen ge-
hessig, und sich itziger zeit zu erhaltung gelimpfs in einem solchen für-
stehenden fürtrefflichen werk des unbedingten Friedens ein Ding also
wie zu Passau zu suchen, sich vielleicht nicht schicken mocht -- --"
Aus dem Berichte der brandenburgischen Gesandten ergiebt sich aber
daß diese damit schlecht zufrieden waren.

Religionsfriede.
das vortreffliche Werk des unbedingten Friedens zu Stande
gekommen. 1 Von allen Erinnerungen ward nur die Eine
beliebt, daß nach der Zuſage des Kaiſers ein mit Deut-
ſchen beſetzter Hofrath mit einem deutſchen Präſidenten er-
richtet werden möge.

So kam es am 25ſten September 1555 zum Reichs-
abſchied von Augsburg.

Man wird eingeſtehn müſſen, daß die Beſtimmungen
über den geiſtlichen Vorbehalt und die religiöſe Autonomie
biſchöflicher Unterthanen künftige Zwiſtigkeiten wohl befürch-
ten ließen; indeß man konnte nun einmal nicht weiter kom-
men. Dieſe Beſtimmungen drückten ungefähr das Verhält-
niß der Macht aus, welches ſich damals in den beiden Par-
teien entwickelt hatte: ſie waren mehr eine Auskunft für den
Augenblick als ein Geſetz für alle Folgezeit.

Dagegen enthielt der Friede übrigens abſchließende Feſt-
ſetzungen von höchſtem Werthe.

Wie wir öfter bemerkt, der Proteſtantismus iſt nicht
bekehrender Natur. Er wird ſich jedes Beitritts, der aus
Überzeugung entſpringt, als eines Fortganges ſeiner guten
Sache freuen: ſonſt aber ſchon zufrieden ſeyn, wenn ihm

1 Man darf alſo mit nichten ſchließen, wie Bucholtz VII, 218,
daß die Gravamina etwa ein bloßer Vorwand geweſen ſeyen. „Ha-
ben bedacht,“ ſagen die ſaͤchſiſchen Geſandten, „das die Gravamina
eines theils alſo geſchaffen das ſie zu erledigen zugeſagt, etzliche durch
dieſen Reichsabſchied, wan er erfolgt, erledigt werden, die uͤbrigen ge-
heſſig, und ſich itziger zeit zu erhaltung gelimpfs in einem ſolchen fuͤr-
ſtehenden fuͤrtrefflichen werk des unbedingten Friedens ein Ding alſo
wie zu Paſſau zu ſuchen, ſich vielleicht nicht ſchicken mocht — —“
Aus dem Berichte der brandenburgiſchen Geſandten ergiebt ſich aber
daß dieſe damit ſchlecht zufrieden waren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0401" n="389"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Religionsfriede</hi>.</fw><lb/>
das vortreffliche Werk des unbedingten Friedens zu Stande<lb/>
gekommen. <note place="foot" n="1">Man darf al&#x017F;o mit nichten &#x017F;chließen, wie Bucholtz <hi rendition="#aq">VII, 218,</hi><lb/>
daß die Gravamina etwa ein bloßer Vorwand gewe&#x017F;en &#x017F;eyen. &#x201E;Ha-<lb/>
ben bedacht,&#x201C; &#x017F;agen die &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Ge&#x017F;andten, &#x201E;das die Gravamina<lb/>
eines theils al&#x017F;o ge&#x017F;chaffen das &#x017F;ie zu erledigen zuge&#x017F;agt, etzliche durch<lb/>
die&#x017F;en Reichsab&#x017F;chied, wan er erfolgt, erledigt werden, die u&#x0364;brigen ge-<lb/>
he&#x017F;&#x017F;ig, und &#x017F;ich itziger zeit zu erhaltung gelimpfs in einem &#x017F;olchen fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tehenden fu&#x0364;rtrefflichen werk des unbedingten Friedens ein Ding al&#x017F;o<lb/>
wie zu Pa&#x017F;&#x017F;au zu &#x017F;uchen, &#x017F;ich vielleicht nicht &#x017F;chicken mocht &#x2014; &#x2014;&#x201C;<lb/>
Aus dem Berichte der brandenburgi&#x017F;chen Ge&#x017F;andten ergiebt &#x017F;ich aber<lb/>
daß die&#x017F;e damit &#x017F;chlecht zufrieden waren.</note> Von allen Erinnerungen ward nur die Eine<lb/>
beliebt, daß nach der Zu&#x017F;age des Kai&#x017F;ers ein mit Deut-<lb/>
&#x017F;chen be&#x017F;etzter Hofrath mit einem deut&#x017F;chen Prä&#x017F;identen er-<lb/>
richtet werden möge.</p><lb/>
            <p>So kam es am 25&#x017F;ten September 1555 zum Reichs-<lb/>
ab&#x017F;chied von Augsburg.</p><lb/>
            <p>Man wird einge&#x017F;tehn mü&#x017F;&#x017F;en, daß die Be&#x017F;timmungen<lb/>
über den gei&#x017F;tlichen Vorbehalt und die religiö&#x017F;e Autonomie<lb/>
bi&#x017F;chöflicher Unterthanen künftige Zwi&#x017F;tigkeiten wohl befürch-<lb/>
ten ließen; indeß man konnte nun einmal nicht weiter kom-<lb/>
men. Die&#x017F;e Be&#x017F;timmungen drückten ungefähr das Verhält-<lb/>
niß der Macht aus, welches &#x017F;ich damals in den beiden Par-<lb/>
teien entwickelt hatte: &#x017F;ie waren mehr eine Auskunft für den<lb/>
Augenblick als ein Ge&#x017F;etz für alle Folgezeit.</p><lb/>
            <p>Dagegen enthielt der Friede übrigens ab&#x017F;chließende Fe&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;etzungen von höch&#x017F;tem Werthe.</p><lb/>
            <p>Wie wir öfter bemerkt, der Prote&#x017F;tantismus i&#x017F;t nicht<lb/>
bekehrender Natur. Er wird &#x017F;ich jedes Beitritts, der aus<lb/>
Überzeugung ent&#x017F;pringt, als eines Fortganges &#x017F;einer guten<lb/>
Sache freuen: &#x017F;on&#x017F;t aber &#x017F;chon zufrieden &#x017F;eyn, wenn ihm<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[389/0401] Religionsfriede. das vortreffliche Werk des unbedingten Friedens zu Stande gekommen. 1 Von allen Erinnerungen ward nur die Eine beliebt, daß nach der Zuſage des Kaiſers ein mit Deut- ſchen beſetzter Hofrath mit einem deutſchen Präſidenten er- richtet werden möge. So kam es am 25ſten September 1555 zum Reichs- abſchied von Augsburg. Man wird eingeſtehn müſſen, daß die Beſtimmungen über den geiſtlichen Vorbehalt und die religiöſe Autonomie biſchöflicher Unterthanen künftige Zwiſtigkeiten wohl befürch- ten ließen; indeß man konnte nun einmal nicht weiter kom- men. Dieſe Beſtimmungen drückten ungefähr das Verhält- niß der Macht aus, welches ſich damals in den beiden Par- teien entwickelt hatte: ſie waren mehr eine Auskunft für den Augenblick als ein Geſetz für alle Folgezeit. Dagegen enthielt der Friede übrigens abſchließende Feſt- ſetzungen von höchſtem Werthe. Wie wir öfter bemerkt, der Proteſtantismus iſt nicht bekehrender Natur. Er wird ſich jedes Beitritts, der aus Überzeugung entſpringt, als eines Fortganges ſeiner guten Sache freuen: ſonſt aber ſchon zufrieden ſeyn, wenn ihm 1 Man darf alſo mit nichten ſchließen, wie Bucholtz VII, 218, daß die Gravamina etwa ein bloßer Vorwand geweſen ſeyen. „Ha- ben bedacht,“ ſagen die ſaͤchſiſchen Geſandten, „das die Gravamina eines theils alſo geſchaffen das ſie zu erledigen zugeſagt, etzliche durch dieſen Reichsabſchied, wan er erfolgt, erledigt werden, die uͤbrigen ge- heſſig, und ſich itziger zeit zu erhaltung gelimpfs in einem ſolchen fuͤr- ſtehenden fuͤrtrefflichen werk des unbedingten Friedens ein Ding alſo wie zu Paſſau zu ſuchen, ſich vielleicht nicht ſchicken mocht — —“ Aus dem Berichte der brandenburgiſchen Geſandten ergiebt ſich aber daß dieſe damit ſchlecht zufrieden waren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/401
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/401>, abgerufen am 17.06.2024.