Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Einwirk. des Protest. auf d. Reichsverfassung. Unternehmungen nach außen erstarkte, brach in Deutschlandein Widerstreit zwischen dem Oberhaupt und den Ständen aus, der mit der Abdankung des Ersten endigte. Wir wis- sen, daß die Unruhen von 1552 nicht von den religiösen Irrungen allein herrührten, sondern nicht weniger durch den Widerwillen der in ihrer Autonomie gefährdeten Reichsstände gegen das Aufkommen einer durchgreifenden oberherrlichen Gewalt veranlaßt wurden. Glück genug, daß man in den Stürmen und Verwirrungen jener Tage nicht noch größeres Mißgeschick erfuhr, daß nicht, wozu es sich einen Augenblick wohl anließ, der Gegensatz eines französischen und eines kai- serlich-spanischen Anhangs Deutschland geradezu in zwei Par- teien zersetzte. Und waren wohl überhaupt jene Versuche die Reichs- Was sich auf diesem Grunde erreichen ließ, war nun Eifersüchtig hatte man den Vorrang festgehalten, der Einwirk. des Proteſt. auf d. Reichsverfaſſung. Unternehmungen nach außen erſtarkte, brach in Deutſchlandein Widerſtreit zwiſchen dem Oberhaupt und den Ständen aus, der mit der Abdankung des Erſten endigte. Wir wiſ- ſen, daß die Unruhen von 1552 nicht von den religiöſen Irrungen allein herrührten, ſondern nicht weniger durch den Widerwillen der in ihrer Autonomie gefährdeten Reichsſtände gegen das Aufkommen einer durchgreifenden oberherrlichen Gewalt veranlaßt wurden. Glück genug, daß man in den Stürmen und Verwirrungen jener Tage nicht noch größeres Mißgeſchick erfuhr, daß nicht, wozu es ſich einen Augenblick wohl anließ, der Gegenſatz eines franzöſiſchen und eines kai- ſerlich-ſpaniſchen Anhangs Deutſchland geradezu in zwei Par- teien zerſetzte. Und waren wohl überhaupt jene Verſuche die Reichs- Was ſich auf dieſem Grunde erreichen ließ, war nun Eiferſüchtig hatte man den Vorrang feſtgehalten, der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0441" n="429"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Einwirk. des Proteſt. auf d. Reichsverfaſſung</hi>.</fw><lb/> Unternehmungen nach außen erſtarkte, brach in Deutſchland<lb/> ein Widerſtreit zwiſchen dem Oberhaupt und den Ständen<lb/> aus, der mit der Abdankung des Erſten endigte. Wir wiſ-<lb/> ſen, daß die Unruhen von 1552 nicht von den religiöſen<lb/> Irrungen allein herrührten, ſondern nicht weniger durch den<lb/> Widerwillen der in ihrer Autonomie gefährdeten Reichsſtände<lb/> gegen das Aufkommen einer durchgreifenden oberherrlichen<lb/> Gewalt veranlaßt wurden. Glück genug, daß man in den<lb/> Stürmen und Verwirrungen jener Tage nicht noch größeres<lb/> Mißgeſchick erfuhr, daß nicht, wozu es ſich einen Augenblick<lb/> wohl anließ, der Gegenſatz eines franzöſiſchen und eines kai-<lb/> ſerlich-ſpaniſchen Anhangs Deutſchland geradezu in zwei Par-<lb/> teien zerſetzte.</p><lb/> <p>Und waren wohl überhaupt jene Verſuche die Reichs-<lb/> verfaſſung zu verbeſſern, dazu angethan, demſelben eine ſtarke<lb/> Stellung nach außen zu verſchaffen? Was auch dann und<lb/> wann beabſichtigt worden ſeyn mag: die Einrichtungen zu<lb/> denen es wirklich gekommen iſt, waren doch nur friedlicher<lb/> Natur. Der Kaiſer ward als die Quelle des Rechts, als<lb/> der Ausdruck und Inbegriff der Würde und Hoheit des<lb/> Reiches verehrt; Macht aber ſollte ihm von Anfang nicht<lb/> gegeben werden: dieſe ſollte allein in der Vereinigung der<lb/> Stände ihren Sitz haben.</p><lb/> <p>Was ſich auf dieſem Grunde erreichen ließ, war nun<lb/> doch erreicht worden.</p><lb/> <p>Eiferſüchtig hatte man den Vorrang feſtgehalten, der<lb/> dem Reiche in dem Verein der abendländiſchen Völker von<lb/> jeher zukam und auf welchem das Verhältniß der Stände,<lb/> die Abſtufung ihrer Macht und ihres Ranges nun einmal<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [429/0441]
Einwirk. des Proteſt. auf d. Reichsverfaſſung.
Unternehmungen nach außen erſtarkte, brach in Deutſchland
ein Widerſtreit zwiſchen dem Oberhaupt und den Ständen
aus, der mit der Abdankung des Erſten endigte. Wir wiſ-
ſen, daß die Unruhen von 1552 nicht von den religiöſen
Irrungen allein herrührten, ſondern nicht weniger durch den
Widerwillen der in ihrer Autonomie gefährdeten Reichsſtände
gegen das Aufkommen einer durchgreifenden oberherrlichen
Gewalt veranlaßt wurden. Glück genug, daß man in den
Stürmen und Verwirrungen jener Tage nicht noch größeres
Mißgeſchick erfuhr, daß nicht, wozu es ſich einen Augenblick
wohl anließ, der Gegenſatz eines franzöſiſchen und eines kai-
ſerlich-ſpaniſchen Anhangs Deutſchland geradezu in zwei Par-
teien zerſetzte.
Und waren wohl überhaupt jene Verſuche die Reichs-
verfaſſung zu verbeſſern, dazu angethan, demſelben eine ſtarke
Stellung nach außen zu verſchaffen? Was auch dann und
wann beabſichtigt worden ſeyn mag: die Einrichtungen zu
denen es wirklich gekommen iſt, waren doch nur friedlicher
Natur. Der Kaiſer ward als die Quelle des Rechts, als
der Ausdruck und Inbegriff der Würde und Hoheit des
Reiches verehrt; Macht aber ſollte ihm von Anfang nicht
gegeben werden: dieſe ſollte allein in der Vereinigung der
Stände ihren Sitz haben.
Was ſich auf dieſem Grunde erreichen ließ, war nun
doch erreicht worden.
Eiferſüchtig hatte man den Vorrang feſtgehalten, der
dem Reiche in dem Verein der abendländiſchen Völker von
jeher zukam und auf welchem das Verhältniß der Stände,
die Abſtufung ihrer Macht und ihres Ranges nun einmal
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