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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Siebentes Capitel.

Wohl kam ihm der Gedanke, von Genf, wo die alten
Feinde sich aufs neue regten, abermals zu weichen, aber da-
gegen machte sich doch wieder die Betrachtung geltend, welch
ein treffliches Mittel schon die Lage dieses Ortes zur Aus-
breitung der Lehre nach allen Seiten hin darbiete. 1

Und mußte es denn wirklich zu einem Äußersten dieser
Art kommen?

Calvin war sich bewußt, daß der Haß mit dem man
ihn verfolgte, großentheils auf falschen Vorstellungen beruhte,
daß er bei seinem Bekennen der positiven Momente, dem
Wesen nach wie sie in der Concordie ausgedrückt waren,
doch keineswegs in allen Streitpuncten mit den Zwinglia-
nern in Widerspruch stand. Wie nun wenn er versuchte
dieß Verhältniß geltend zu machen? indem er sie anerkannte,
sich selber Anerkennung zu verschaffen?

Man dürfte nicht sagen, daß hier lediglich von Nachgie-
bigkeit die Rede gewesen sey: es waltete ein viel höheres und
allgemeineres Interesse ob. Calvin mußte zugleich das Werk
fortsetzen das Butzer nicht zu Ende bringen können, und eine
Vereinigung von allgemeiner Bedeutung unternehmen.

Butzer hielt es noch nicht für möglich: er machte einige
Artikel nahmhaft, in welchen man in Zürich niemals nach-

jici. Calvin an Bullinger 6 Cal. Jul. 1548 bei Henry II Anh. 132.
Es ist nur sehr auffallend, daß dieser Brief schon einmal abgedruckt
ist, aber nicht ohne große Abweichungen, bei Füsslin, Epistolae ab ec-
clesiae Helveticae reformatoribus scriptae, nr.
66. Obige Worte
lauten da: quid profecimus, tyrannide Papae excussa. Bei Henry
denke ich ist das Ursprüngliche.
1 Dum expendo quantum habeat hic angulus momenti ad
propagandum Christi regnum, sum sollicitus de eo tuendo.
Aus
einem Schreiben Calvins (Mai 49) bei Hundeshagen p. 254.
Zehntes Buch. Siebentes Capitel.

Wohl kam ihm der Gedanke, von Genf, wo die alten
Feinde ſich aufs neue regten, abermals zu weichen, aber da-
gegen machte ſich doch wieder die Betrachtung geltend, welch
ein treffliches Mittel ſchon die Lage dieſes Ortes zur Aus-
breitung der Lehre nach allen Seiten hin darbiete. 1

Und mußte es denn wirklich zu einem Äußerſten dieſer
Art kommen?

Calvin war ſich bewußt, daß der Haß mit dem man
ihn verfolgte, großentheils auf falſchen Vorſtellungen beruhte,
daß er bei ſeinem Bekennen der poſitiven Momente, dem
Weſen nach wie ſie in der Concordie ausgedrückt waren,
doch keineswegs in allen Streitpuncten mit den Zwinglia-
nern in Widerſpruch ſtand. Wie nun wenn er verſuchte
dieß Verhältniß geltend zu machen? indem er ſie anerkannte,
ſich ſelber Anerkennung zu verſchaffen?

Man dürfte nicht ſagen, daß hier lediglich von Nachgie-
bigkeit die Rede geweſen ſey: es waltete ein viel höheres und
allgemeineres Intereſſe ob. Calvin mußte zugleich das Werk
fortſetzen das Butzer nicht zu Ende bringen können, und eine
Vereinigung von allgemeiner Bedeutung unternehmen.

Butzer hielt es noch nicht für möglich: er machte einige
Artikel nahmhaft, in welchen man in Zürich niemals nach-

jici. Calvin an Bullinger 6 Cal. Jul. 1548 bei Henry II Anh. 132.
Es iſt nur ſehr auffallend, daß dieſer Brief ſchon einmal abgedruckt
iſt, aber nicht ohne große Abweichungen, bei Fuͤſſlin, Epistolae ab ec-
clesiae Helveticae reformatoribus scriptae, nr.
66. Obige Worte
lauten da: quid profecimus, tyrannide Papae excussa. Bei Henry
denke ich iſt das Urſpruͤngliche.
1 Dum expendo quantum habeat hic angulus momenti ad
propagandum Christi regnum, sum sollicitus de eo tuendo.
Aus
einem Schreiben Calvins (Mai 49) bei Hundeshagen p. 254.
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[454/0466] Zehntes Buch. Siebentes Capitel. Wohl kam ihm der Gedanke, von Genf, wo die alten Feinde ſich aufs neue regten, abermals zu weichen, aber da- gegen machte ſich doch wieder die Betrachtung geltend, welch ein treffliches Mittel ſchon die Lage dieſes Ortes zur Aus- breitung der Lehre nach allen Seiten hin darbiete. 1 Und mußte es denn wirklich zu einem Äußerſten dieſer Art kommen? Calvin war ſich bewußt, daß der Haß mit dem man ihn verfolgte, großentheils auf falſchen Vorſtellungen beruhte, daß er bei ſeinem Bekennen der poſitiven Momente, dem Weſen nach wie ſie in der Concordie ausgedrückt waren, doch keineswegs in allen Streitpuncten mit den Zwinglia- nern in Widerſpruch ſtand. Wie nun wenn er verſuchte dieß Verhältniß geltend zu machen? indem er ſie anerkannte, ſich ſelber Anerkennung zu verſchaffen? Man dürfte nicht ſagen, daß hier lediglich von Nachgie- bigkeit die Rede geweſen ſey: es waltete ein viel höheres und allgemeineres Intereſſe ob. Calvin mußte zugleich das Werk fortſetzen das Butzer nicht zu Ende bringen können, und eine Vereinigung von allgemeiner Bedeutung unternehmen. Butzer hielt es noch nicht für möglich: er machte einige Artikel nahmhaft, in welchen man in Zürich niemals nach- 2 1 Dum expendo quantum habeat hic angulus momenti ad propagandum Christi regnum, sum sollicitus de eo tuendo. Aus einem Schreiben Calvins (Mai 49) bei Hundeshagen p. 254. 2 jici. Calvin an Bullinger 6 Cal. Jul. 1548 bei Henry II Anh. 132. Es iſt nur ſehr auffallend, daß dieſer Brief ſchon einmal abgedruckt iſt, aber nicht ohne große Abweichungen, bei Fuͤſſlin, Epistolae ab ec- clesiae Helveticae reformatoribus scriptae, nr. 66. Obige Worte lauten da: quid profecimus, tyrannide Papae excussa. Bei Henry denke ich iſt das Urſpruͤngliche.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/466>, abgerufen am 22.11.2024.