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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Übersetzungen.
immer schwerere Fragen in Anregung brachten, nahmen die
Aufmerksamkeit der Ungelehrten in Anspruch.

Ein großer Theil der alten Literatur ward ihnen in
deutschen Übersetzungen zugänglich gemacht: es ist bezeich-
nend was man übersetzte, was man bei Seite ließ. Man
nahm z. B. die Aeneide, die Metamorphosen, nicht Horaz,
noch Catull: es war hauptsächlich der Stoff, den man sich
anzueignen suchte. Man beschäftigte sich viel mit Terenz, sei-
nes lehrreichen Inhalts wegen, der gleich auf dem Titel ge-
rühmt ward, wenig mit Plautus; man übersetzte nicht die
Reden Ciceros, sondern seine populären philosophischen Schrif-
ten. Am sorgfältigsten sind vielleicht diejenigen Werke be-
arbeitet, die zu unmittelbarem Gebrauch bestimmt waren.
Vitruvius erscheint "als ein Schlüssel aller mathematischen
und mechanischen Künste die zu der Architectur gehören, aus
rechtem Grund und sattem Fundament, so daß jeder Kunst-
begierige einen rechten Verstand fassen möge": einer der schön-
sten Drucke jener Zeit mit trefflichen Holzschnitten, unter de-
nen auch das Bildniß Albrecht Dürers prangt. 1

Fehlt es auch nicht durchaus an freier Production, so
ist es doch noch mehr die Aneignung, Popularisirung schon
vorhandener fremder Stoffe, was auch der deutschen Lite-
ratur jener Zeit ihren Character giebt.

So recht eigen ist dieß das Element, in welchem sich
die umfangreichen Werke des "sinn- und kunstreichen, wohl-
erfahrnen" Meister Hans Sachs bewegen.

Einen großen Theil der heiligen Bücher, alten und neuen

1 Vergl. Degen, Nachtrag zu der Literatur der Übersetzungen
der Römer p. 300.
Ranke D. Gesch. V. 32

Uͤberſetzungen.
immer ſchwerere Fragen in Anregung brachten, nahmen die
Aufmerkſamkeit der Ungelehrten in Anſpruch.

Ein großer Theil der alten Literatur ward ihnen in
deutſchen Überſetzungen zugänglich gemacht: es iſt bezeich-
nend was man überſetzte, was man bei Seite ließ. Man
nahm z. B. die Aeneide, die Metamorphoſen, nicht Horaz,
noch Catull: es war hauptſächlich der Stoff, den man ſich
anzueignen ſuchte. Man beſchäftigte ſich viel mit Terenz, ſei-
nes lehrreichen Inhalts wegen, der gleich auf dem Titel ge-
rühmt ward, wenig mit Plautus; man überſetzte nicht die
Reden Ciceros, ſondern ſeine populären philoſophiſchen Schrif-
ten. Am ſorgfältigſten ſind vielleicht diejenigen Werke be-
arbeitet, die zu unmittelbarem Gebrauch beſtimmt waren.
Vitruvius erſcheint „als ein Schlüſſel aller mathematiſchen
und mechaniſchen Künſte die zu der Architectur gehören, aus
rechtem Grund und ſattem Fundament, ſo daß jeder Kunſt-
begierige einen rechten Verſtand faſſen möge“: einer der ſchön-
ſten Drucke jener Zeit mit trefflichen Holzſchnitten, unter de-
nen auch das Bildniß Albrecht Dürers prangt. 1

Fehlt es auch nicht durchaus an freier Production, ſo
iſt es doch noch mehr die Aneignung, Populariſirung ſchon
vorhandener fremder Stoffe, was auch der deutſchen Lite-
ratur jener Zeit ihren Character giebt.

So recht eigen iſt dieß das Element, in welchem ſich
die umfangreichen Werke des „ſinn- und kunſtreichen, wohl-
erfahrnen“ Meiſter Hans Sachs bewegen.

Einen großen Theil der heiligen Bücher, alten und neuen

1 Vergl. Degen, Nachtrag zu der Literatur der Uͤberſetzungen
der Roͤmer p. 300.
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[495/0507] Uͤberſetzungen. immer ſchwerere Fragen in Anregung brachten, nahmen die Aufmerkſamkeit der Ungelehrten in Anſpruch. Ein großer Theil der alten Literatur ward ihnen in deutſchen Überſetzungen zugänglich gemacht: es iſt bezeich- nend was man überſetzte, was man bei Seite ließ. Man nahm z. B. die Aeneide, die Metamorphoſen, nicht Horaz, noch Catull: es war hauptſächlich der Stoff, den man ſich anzueignen ſuchte. Man beſchäftigte ſich viel mit Terenz, ſei- nes lehrreichen Inhalts wegen, der gleich auf dem Titel ge- rühmt ward, wenig mit Plautus; man überſetzte nicht die Reden Ciceros, ſondern ſeine populären philoſophiſchen Schrif- ten. Am ſorgfältigſten ſind vielleicht diejenigen Werke be- arbeitet, die zu unmittelbarem Gebrauch beſtimmt waren. Vitruvius erſcheint „als ein Schlüſſel aller mathematiſchen und mechaniſchen Künſte die zu der Architectur gehören, aus rechtem Grund und ſattem Fundament, ſo daß jeder Kunſt- begierige einen rechten Verſtand faſſen möge“: einer der ſchön- ſten Drucke jener Zeit mit trefflichen Holzſchnitten, unter de- nen auch das Bildniß Albrecht Dürers prangt. 1 Fehlt es auch nicht durchaus an freier Production, ſo iſt es doch noch mehr die Aneignung, Populariſirung ſchon vorhandener fremder Stoffe, was auch der deutſchen Lite- ratur jener Zeit ihren Character giebt. So recht eigen iſt dieß das Element, in welchem ſich die umfangreichen Werke des „ſinn- und kunſtreichen, wohl- erfahrnen“ Meiſter Hans Sachs bewegen. Einen großen Theil der heiligen Bücher, alten und neuen 1 Vergl. Degen, Nachtrag zu der Literatur der Uͤberſetzungen der Roͤmer p. 300. Ranke D. Geſch. V. 32

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/507>, abgerufen am 24.11.2024.