Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.fragte Trude kindlich. -- Ja, wie die Fritze Juliane! ging der Bauer auf ihre Frage ein. -- Und werd' ich auch wie sie in einem Bettchen schlafen? -- Ja, und dazu bei mir! -- Das mag ich nicht! rief sie frischweg. -- Warum nicht? -- Weil -- weil -- weil Ihr so garstig seid, ich möchte mich fürchten! -- Sommer lachte laut auf, das war ihm schon lange nicht geschehen. -- Sollst ein eigenes Bettchen haben! beschwichtigte er die Ahnungsvolle. -- Und eine Locke wie die Fritze Juliane? -- Ja eine Locke sollst auch haben mit wunderschönen, rothen Kleidern und gesticktem Kragen! -- So bleib' ich bei dir! klatschte Trude in die Hände und hüpfte ausgelassen im Hofe umher, daß die Hühner von ihrer Stange aufflogen und der Kettenhund in seiner Hütte knurrte. -- Ja, du bleibst mir! -- Und so geschah's auch. Und was noch merkwürdiger ist: Sommer hielt alle seine Versprechungen! Sie sah recht zierlich aus in ihren neuen Kleidern und wußte gar nicht, wie sie gehen sollt', die Betteltrude. -- Sommer gab sie dem neugierigen, verwunderten Gesinde für eine Pathin aus, "seiner Lene" aber durfte sie nicht nahe kommen, ohne etwas an den Kopf zu kriegen. Trude wollte bisweilen zugreifen, wenn's Arbeit gab, aber Sommer Hans gab's nicht zu, sie sollte müßig gehen "wie die Fritze Juliane", alle Liebe, welche in seinem Herzen begraben lag, häufte er auf das Haupt des fremden Mädchens, welche seine Wohlthaten pflichtschuldigst hinnahm, denn wer oft "Zahl's Gott!" gesagt hat, fragte Trude kindlich. — Ja, wie die Fritze Juliane! ging der Bauer auf ihre Frage ein. — Und werd' ich auch wie sie in einem Bettchen schlafen? — Ja, und dazu bei mir! — Das mag ich nicht! rief sie frischweg. — Warum nicht? — Weil — weil — weil Ihr so garstig seid, ich möchte mich fürchten! — Sommer lachte laut auf, das war ihm schon lange nicht geschehen. — Sollst ein eigenes Bettchen haben! beschwichtigte er die Ahnungsvolle. — Und eine Locke wie die Fritze Juliane? — Ja eine Locke sollst auch haben mit wunderschönen, rothen Kleidern und gesticktem Kragen! — So bleib' ich bei dir! klatschte Trude in die Hände und hüpfte ausgelassen im Hofe umher, daß die Hühner von ihrer Stange aufflogen und der Kettenhund in seiner Hütte knurrte. — Ja, du bleibst mir! — Und so geschah's auch. Und was noch merkwürdiger ist: Sommer hielt alle seine Versprechungen! Sie sah recht zierlich aus in ihren neuen Kleidern und wußte gar nicht, wie sie gehen sollt', die Betteltrude. — Sommer gab sie dem neugierigen, verwunderten Gesinde für eine Pathin aus, „seiner Lene“ aber durfte sie nicht nahe kommen, ohne etwas an den Kopf zu kriegen. Trude wollte bisweilen zugreifen, wenn's Arbeit gab, aber Sommer Hans gab's nicht zu, sie sollte müßig gehen „wie die Fritze Juliane“, alle Liebe, welche in seinem Herzen begraben lag, häufte er auf das Haupt des fremden Mädchens, welche seine Wohlthaten pflichtschuldigst hinnahm, denn wer oft „Zahl's Gott!“ gesagt hat, <TEI> <text> <body> <div n="0"> <p><pb facs="#f0017"/> fragte Trude kindlich. — Ja, wie die Fritze Juliane! ging der Bauer auf ihre Frage ein. — Und werd' ich auch wie sie in einem Bettchen schlafen? — Ja, und dazu bei mir! — Das mag ich nicht! rief sie frischweg. — Warum nicht? — Weil — weil — weil Ihr so garstig seid, ich möchte mich fürchten! — Sommer lachte laut auf, das war ihm schon lange nicht geschehen. — Sollst ein eigenes Bettchen haben! beschwichtigte er die Ahnungsvolle. — Und eine Locke wie die Fritze Juliane? — Ja eine Locke sollst auch haben mit wunderschönen, rothen Kleidern und gesticktem Kragen! — So bleib' ich bei dir! klatschte Trude in die Hände und hüpfte ausgelassen im Hofe umher, daß die Hühner von ihrer Stange aufflogen und der Kettenhund in seiner Hütte knurrte. — Ja, du bleibst mir! —</p><lb/> <p>Und so geschah's auch. Und was noch merkwürdiger ist: Sommer hielt alle seine Versprechungen! Sie sah recht zierlich aus in ihren neuen Kleidern und wußte gar nicht, wie sie gehen sollt', die Betteltrude. — Sommer gab sie dem neugierigen, verwunderten Gesinde für eine Pathin aus, „seiner Lene“ aber durfte sie nicht nahe kommen, ohne etwas an den Kopf zu kriegen. Trude wollte bisweilen zugreifen, wenn's Arbeit gab, aber Sommer Hans gab's nicht zu, sie sollte müßig gehen „wie die Fritze Juliane“, alle Liebe, welche in seinem Herzen begraben lag, häufte er auf das Haupt des fremden Mädchens, welche seine Wohlthaten pflichtschuldigst hinnahm, denn wer oft „Zahl's Gott!“ gesagt hat,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
fragte Trude kindlich. — Ja, wie die Fritze Juliane! ging der Bauer auf ihre Frage ein. — Und werd' ich auch wie sie in einem Bettchen schlafen? — Ja, und dazu bei mir! — Das mag ich nicht! rief sie frischweg. — Warum nicht? — Weil — weil — weil Ihr so garstig seid, ich möchte mich fürchten! — Sommer lachte laut auf, das war ihm schon lange nicht geschehen. — Sollst ein eigenes Bettchen haben! beschwichtigte er die Ahnungsvolle. — Und eine Locke wie die Fritze Juliane? — Ja eine Locke sollst auch haben mit wunderschönen, rothen Kleidern und gesticktem Kragen! — So bleib' ich bei dir! klatschte Trude in die Hände und hüpfte ausgelassen im Hofe umher, daß die Hühner von ihrer Stange aufflogen und der Kettenhund in seiner Hütte knurrte. — Ja, du bleibst mir! —
Und so geschah's auch. Und was noch merkwürdiger ist: Sommer hielt alle seine Versprechungen! Sie sah recht zierlich aus in ihren neuen Kleidern und wußte gar nicht, wie sie gehen sollt', die Betteltrude. — Sommer gab sie dem neugierigen, verwunderten Gesinde für eine Pathin aus, „seiner Lene“ aber durfte sie nicht nahe kommen, ohne etwas an den Kopf zu kriegen. Trude wollte bisweilen zugreifen, wenn's Arbeit gab, aber Sommer Hans gab's nicht zu, sie sollte müßig gehen „wie die Fritze Juliane“, alle Liebe, welche in seinem Herzen begraben lag, häufte er auf das Haupt des fremden Mädchens, welche seine Wohlthaten pflichtschuldigst hinnahm, denn wer oft „Zahl's Gott!“ gesagt hat,
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Zitationshilfe: | Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reich_mammon_1910/17>, abgerufen am 16.07.2024. |