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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.

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wie solche recht zu säen.
zween Fingern auszustreuen pflegen. Es ist ge-
wiß, daß es mit dergleichen Handgrif nicht mög-
lich ist, die Samen gehörigermasen auszustreuen.
Was bey dergleichen Säen für wunderliche Posi-
turen vorgehen, welches ich vielmal mit meinen
Augen gesehen, kan mit der Feder nicht beschrie-
ben werden, und wer dergleichen siehet, wird sich
ein so gutes Divertissement machen, als wenn er
die beste Comödie, wobey ein Arlequin die Haupt-
Person agirte, sehen solte: z. E. Einer pflegt bey
dem Auswurfe derer Samen fast auf der Erden
hinzukriechen; ein anderer machet einen Katzen-
Buckel; der dritte kretscht die Beine von einan-
der; der vierte hüpft wie ein Elster; der fünfte
macht ein Gesichte, wie mancher Vorschneider,
welcher, wenn er einen Braten trenchiret, das
Maul von einer Seite zur andern ziehet; der
sechste wackelt mit der Hand, Leibe und Kopfe wie
ein neunzigjähriger Greis; der siebende nickt bey
jedem Auswurfe wie ein Ja-Herr, und was derglei-
chen mehr ist.

Die Positur bey dem Aussäen und Fort-
schreiten muß so beschaffen seyn, daß der Leib und
Kopf gerade gestellet sey, wie ein Mensch ordent-
lich fortzuschreiten und zu gehen pfleget. Der
Arm und auswerfende Hand muß nicht so nahe
an dem Leibe gehalten, sondern etwas davon in
der Luft mit dem Auswurfe geführet werden, da-
mit der Same fein ordentlich aus einander zer-
theilet werde. Um mehrerer Deutlichkeit willen
habe ich die Hand, wie man solche mit dem Sa-

men
G 2

wie ſolche recht zu ſaͤen.
zween Fingern auszuſtreuen pflegen. Es iſt ge-
wiß, daß es mit dergleichen Handgrif nicht moͤg-
lich iſt, die Samen gehoͤrigermaſen auszuſtreuen.
Was bey dergleichen Saͤen fuͤr wunderliche Poſi-
turen vorgehen, welches ich vielmal mit meinen
Augen geſehen, kan mit der Feder nicht beſchrie-
ben werden, und wer dergleichen ſiehet, wird ſich
ein ſo gutes Divertiſſement machen, als wenn er
die beſte Comoͤdie, wobey ein Arlequin die Haupt-
Perſon agirte, ſehen ſolte: z. E. Einer pflegt bey
dem Auswurfe derer Samen faſt auf der Erden
hinzukriechen; ein anderer machet einen Katzen-
Buckel; der dritte kretſcht die Beine von einan-
der; der vierte huͤpft wie ein Elſter; der fuͤnfte
macht ein Geſichte, wie mancher Vorſchneider,
welcher, wenn er einen Braten trenchiret, das
Maul von einer Seite zur andern ziehet; der
ſechſte wackelt mit der Hand, Leibe und Kopfe wie
ein neunzigjaͤhriger Greis; der ſiebende nickt bey
jedem Auswurfe wie ein Ja-Herr, und was derglei-
chen mehr iſt.

Die Poſitur bey dem Ausſaͤen und Fort-
ſchreiten muß ſo beſchaffen ſeyn, daß der Leib und
Kopf gerade geſtellet ſey, wie ein Menſch ordent-
lich fortzuſchreiten und zu gehen pfleget. Der
Arm und auswerfende Hand muß nicht ſo nahe
an dem Leibe gehalten, ſondern etwas davon in
der Luft mit dem Auswurfe gefuͤhret werden, da-
mit der Same fein ordentlich aus einander zer-
theilet werde. Um mehrerer Deutlichkeit willen
habe ich die Hand, wie man ſolche mit dem Sa-

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[99/0120] wie ſolche recht zu ſaͤen. zween Fingern auszuſtreuen pflegen. Es iſt ge- wiß, daß es mit dergleichen Handgrif nicht moͤg- lich iſt, die Samen gehoͤrigermaſen auszuſtreuen. Was bey dergleichen Saͤen fuͤr wunderliche Poſi- turen vorgehen, welches ich vielmal mit meinen Augen geſehen, kan mit der Feder nicht beſchrie- ben werden, und wer dergleichen ſiehet, wird ſich ein ſo gutes Divertiſſement machen, als wenn er die beſte Comoͤdie, wobey ein Arlequin die Haupt- Perſon agirte, ſehen ſolte: z. E. Einer pflegt bey dem Auswurfe derer Samen faſt auf der Erden hinzukriechen; ein anderer machet einen Katzen- Buckel; der dritte kretſcht die Beine von einan- der; der vierte huͤpft wie ein Elſter; der fuͤnfte macht ein Geſichte, wie mancher Vorſchneider, welcher, wenn er einen Braten trenchiret, das Maul von einer Seite zur andern ziehet; der ſechſte wackelt mit der Hand, Leibe und Kopfe wie ein neunzigjaͤhriger Greis; der ſiebende nickt bey jedem Auswurfe wie ein Ja-Herr, und was derglei- chen mehr iſt. Die Poſitur bey dem Ausſaͤen und Fort- ſchreiten muß ſo beſchaffen ſeyn, daß der Leib und Kopf gerade geſtellet ſey, wie ein Menſch ordent- lich fortzuſchreiten und zu gehen pfleget. Der Arm und auswerfende Hand muß nicht ſo nahe an dem Leibe gehalten, ſondern etwas davon in der Luft mit dem Auswurfe gefuͤhret werden, da- mit der Same fein ordentlich aus einander zer- theilet werde. Um mehrerer Deutlichkeit willen habe ich die Hand, wie man ſolche mit dem Sa- men G 2

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/120>, abgerufen am 27.11.2024.