Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.6. Cap. Vom Oculiren. Schnit also verrichtet, daß er die Form eines um-gekehrten lateinischen vorstellet, Tab. I. E; je- doch muß solcher etwas länger, als das Oculir- Schildlein gemacht werden. Wenn jeztgedachte zwey Schnitte in die Länge und Quere verrichtet worden, muß man die Schale an dem Quer- Schnitte mit dem Elfenbeine, welches sich an dem Oculir-Messerstiele befindet, zu beyden Seiten aufheben, wobey man sich aber in obacht zu neh- men hat, daß man den auf dem Holze des Stammes befindlichen gelben Saft nicht berüh- re. Jst dieses geschehen, so nimt man das Au- ge an dem Blatte oder Stiele, ziehet solches un- ter der Schale des Stammes in die Höhe, und bedecket es also mit der abgelösten Schale. Eini- ge Oculisten pflegen die Augen von oben hinun- ter nach der Erden zu einzuschieben, und machen den Schnit an dem Stamme wie ein ordentli- ches T, von welcher Art ich nicht viel halte. Weil der Regen und Schnee durch den oben geschehe- nen Querschnit sich gar leicht zwischen der Scha- le einsenken kan. Hingegen, wenn der Quer- schnit unten, wie sichs gebühret, vorgenommen wird, so stellet die aufgelüftete Schale von dem Stamme, unter welche das Auge geschoben wor- den, ein Dächlein vor, welches zu beyden Seiten über dem Oculir-Schildlein lieget, daß also das Wasser darüber ablaufen und herunter fal- len muß. Ein jedes eingeschobenes Auge muß alsobald mit Baste oder eingeweichtem Schilfe, jedoch weder zu feste noch zu lucker verbunden und
6. Cap. Vom Oculiren. Schnit alſo verrichtet, daß er die Form eines um-gekehrten lateiniſchen ⟘ vorſtellet, Tab. I. E; je- doch muß ſolcher etwas laͤnger, als das Oculir- Schildlein gemacht werden. Wenn jeztgedachte zwey Schnitte in die Laͤnge und Quere verrichtet worden, muß man die Schale an dem Quer- Schnitte mit dem Elfenbeine, welches ſich an dem Oculir-Meſſerſtiele befindet, zu beyden Seiten aufheben, wobey man ſich aber in obacht zu neh- men hat, daß man den auf dem Holze des Stammes befindlichen gelben Saft nicht beruͤh- re. Jſt dieſes geſchehen, ſo nimt man das Au- ge an dem Blatte oder Stiele, ziehet ſolches un- ter der Schale des Stammes in die Hoͤhe, und bedecket es alſo mit der abgeloͤſten Schale. Eini- ge Oculiſten pflegen die Augen von oben hinun- ter nach der Erden zu einzuſchieben, und machen den Schnit an dem Stamme wie ein ordentli- ches T, von welcher Art ich nicht viel halte. Weil der Regen und Schnee durch den oben geſchehe- nen Querſchnit ſich gar leicht zwiſchen der Scha- le einſenken kan. Hingegen, wenn der Quer- ſchnit unten, wie ſichs gebuͤhret, vorgenommen wird, ſo ſtellet die aufgeluͤftete Schale von dem Stamme, unter welche das Auge geſchoben wor- den, ein Daͤchlein vor, welches zu beyden Seiten uͤber dem Oculir-Schildlein lieget, daß alſo das Waſſer daruͤber ablaufen und herunter fal- len muß. Ein jedes eingeſchobenes Auge muß alſobald mit Baſte oder eingeweichtem Schilfe, jedoch weder zu feſte noch zu lucker verbunden und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0108" n="76"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6. Cap. Vom Oculiren.</hi></fw><lb/> Schnit alſo verrichtet, daß er die Form eines um-<lb/> gekehrten lateiniſchen <hi rendition="#aq">⟘</hi> vorſtellet, <hi rendition="#aq">Tab. I. E;</hi> je-<lb/> doch muß ſolcher etwas laͤnger, als das Oculir-<lb/> Schildlein gemacht werden. Wenn jeztgedachte<lb/> zwey Schnitte in die Laͤnge und Quere verrichtet<lb/> worden, muß man die Schale an dem Quer-<lb/> Schnitte mit dem Elfenbeine, welches ſich an dem<lb/> Oculir-Meſſerſtiele befindet, zu beyden Seiten<lb/> aufheben, wobey man ſich aber in obacht zu neh-<lb/> men hat, daß man den auf dem Holze des<lb/> Stammes befindlichen gelben Saft nicht beruͤh-<lb/> re. Jſt dieſes geſchehen, ſo nimt man das Au-<lb/> ge an dem Blatte oder Stiele, ziehet ſolches un-<lb/> ter der Schale des Stammes in die Hoͤhe, und<lb/> bedecket es alſo mit der abgeloͤſten Schale. Eini-<lb/> ge Oculiſten pflegen die Augen von oben hinun-<lb/> ter nach der Erden zu einzuſchieben, und machen<lb/> den Schnit an dem Stamme wie ein ordentli-<lb/> ches <hi rendition="#aq">T,</hi> von welcher Art ich nicht viel halte. Weil<lb/> der Regen und Schnee durch den oben geſchehe-<lb/> nen Querſchnit ſich gar leicht zwiſchen der Scha-<lb/> le einſenken kan. Hingegen, wenn der Quer-<lb/> ſchnit unten, wie ſichs gebuͤhret, vorgenommen<lb/> wird, ſo ſtellet die aufgeluͤftete Schale von dem<lb/> Stamme, unter welche das Auge geſchoben wor-<lb/> den, ein Daͤchlein vor, welches zu beyden Seiten<lb/> uͤber dem Oculir-Schildlein lieget, daß alſo<lb/> das Waſſer daruͤber ablaufen und herunter fal-<lb/> len muß. Ein jedes eingeſchobenes Auge muß<lb/> alſobald mit Baſte oder eingeweichtem Schilfe,<lb/> jedoch weder zu feſte noch zu lucker verbunden<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0108]
6. Cap. Vom Oculiren.
Schnit alſo verrichtet, daß er die Form eines um-
gekehrten lateiniſchen ⟘ vorſtellet, Tab. I. E; je-
doch muß ſolcher etwas laͤnger, als das Oculir-
Schildlein gemacht werden. Wenn jeztgedachte
zwey Schnitte in die Laͤnge und Quere verrichtet
worden, muß man die Schale an dem Quer-
Schnitte mit dem Elfenbeine, welches ſich an dem
Oculir-Meſſerſtiele befindet, zu beyden Seiten
aufheben, wobey man ſich aber in obacht zu neh-
men hat, daß man den auf dem Holze des
Stammes befindlichen gelben Saft nicht beruͤh-
re. Jſt dieſes geſchehen, ſo nimt man das Au-
ge an dem Blatte oder Stiele, ziehet ſolches un-
ter der Schale des Stammes in die Hoͤhe, und
bedecket es alſo mit der abgeloͤſten Schale. Eini-
ge Oculiſten pflegen die Augen von oben hinun-
ter nach der Erden zu einzuſchieben, und machen
den Schnit an dem Stamme wie ein ordentli-
ches T, von welcher Art ich nicht viel halte. Weil
der Regen und Schnee durch den oben geſchehe-
nen Querſchnit ſich gar leicht zwiſchen der Scha-
le einſenken kan. Hingegen, wenn der Quer-
ſchnit unten, wie ſichs gebuͤhret, vorgenommen
wird, ſo ſtellet die aufgeluͤftete Schale von dem
Stamme, unter welche das Auge geſchoben wor-
den, ein Daͤchlein vor, welches zu beyden Seiten
uͤber dem Oculir-Schildlein lieget, daß alſo
das Waſſer daruͤber ablaufen und herunter fal-
len muß. Ein jedes eingeſchobenes Auge muß
alſobald mit Baſte oder eingeweichtem Schilfe,
jedoch weder zu feſte noch zu lucker verbunden
und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |