Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

6. Cap. Vom Oculiren.
und umwunden werden. Ferner muß man an
dem Stamme, worauf oculiret worden, die Zel-
ken oder Zweige oben ein wenig verkürzen, da-
mit der Saft in etwas zurück gehe, und desto
besser um das eingesetzte Auge umlaufen möge.

Diese Arbeit kan eine Person alleine vor-
nehmen, doch es ist besser, wenn solche von zweyen
verrichtet wird. Z. E. Einer schneidet und lö-
set das Auge von dem Reise ab, und schiebet sol-
ches in den gemachten Spalt des Baumes, die
andere aber verbindet dasselbe, wo besonders
der Linden-Bast von den Matten, welche man
bey den Materialisten bekommen kan, gut zu ge-
brauchen, wenn er vorher eingeweichet worden.

§. 5.

Die rechte Zeit, wenn man oculiren sol,Wenn die
beste Zeit
sey zum
Oculiren.

ist eben so nicht gewiß zu bestimmen, indem sich
in manchen Jahren die Schale oder die Rinde
eher auch langsamer zu lösen pfleget. Solches
aber beruhet auf der Witterung: denn wenn ein
starker Regen vor der Oculir-Zeit sich ereignet,
so folget, daß der Saft auch eher eintrit, oder
aber, wenn sich dürre und trockene Witterung
einstellet, so wird auch der Saft 8 bis 14 Tage
langsamer eintreten. Einige pflegen zwar in
Ansehung der Oculir-Zeit einen Unterschied un-
ter den treibenden und schlaffenden Auge zu ma-
chen. Die erste Art nehmen sie sehr zeitig vor,
woraus folgt, daß das Auge noch in demselben
Jahre hervorwachsen und aufschiessen muß. Es
ist aber nach meiner Einsicht und Erfahrung nicht

viel

6. Cap. Vom Oculiren.
und umwunden werden. Ferner muß man an
dem Stamme, worauf oculiret worden, die Zel-
ken oder Zweige oben ein wenig verkuͤrzen, da-
mit der Saft in etwas zuruͤck gehe, und deſto
beſſer um das eingeſetzte Auge umlaufen moͤge.

Dieſe Arbeit kan eine Perſon alleine vor-
nehmen, doch es iſt beſſer, wenn ſolche von zweyen
verrichtet wird. Z. E. Einer ſchneidet und loͤ-
ſet das Auge von dem Reiſe ab, und ſchiebet ſol-
ches in den gemachten Spalt des Baumes, die
andere aber verbindet daſſelbe, wo beſonders
der Linden-Baſt von den Matten, welche man
bey den Materialiſten bekommen kan, gut zu ge-
brauchen, wenn er vorher eingeweichet worden.

§. 5.

Die rechte Zeit, wenn man oculiren ſol,Wenn die
beſte Zeit
ſey zum
Oculiren.

iſt eben ſo nicht gewiß zu beſtimmen, indem ſich
in manchen Jahren die Schale oder die Rinde
eher auch langſamer zu loͤſen pfleget. Solches
aber beruhet auf der Witterung: denn wenn ein
ſtarker Regen vor der Oculir-Zeit ſich ereignet,
ſo folget, daß der Saft auch eher eintrit, oder
aber, wenn ſich duͤrre und trockene Witterung
einſtellet, ſo wird auch der Saft 8 bis 14 Tage
langſamer eintreten. Einige pflegen zwar in
Anſehung der Oculir-Zeit einen Unterſchied un-
ter den treibenden und ſchlaffenden Auge zu ma-
chen. Die erſte Art nehmen ſie ſehr zeitig vor,
woraus folgt, daß das Auge noch in demſelben
Jahre hervorwachſen und aufſchieſſen muß. Es
iſt aber nach meiner Einſicht und Erfahrung nicht

viel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="77"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6. Cap. Vom Oculiren.</hi></fw><lb/>
und umwunden werden. Ferner muß man an<lb/>
dem Stamme, worauf oculiret worden, die Zel-<lb/>
ken oder Zweige oben ein wenig verku&#x0364;rzen, da-<lb/>
mit der Saft in etwas zuru&#x0364;ck gehe, und de&#x017F;to<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er um das einge&#x017F;etzte Auge umlaufen mo&#x0364;ge.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Arbeit kan eine Per&#x017F;on alleine vor-<lb/>
nehmen, doch es i&#x017F;t be&#x017F;&#x017F;er, wenn &#x017F;olche von zweyen<lb/>
verrichtet wird. Z. E. Einer &#x017F;chneidet und lo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;et das Auge von dem Rei&#x017F;e ab, und &#x017F;chiebet &#x017F;ol-<lb/>
ches in den gemachten Spalt des Baumes, die<lb/>
andere aber verbindet da&#x017F;&#x017F;elbe, wo be&#x017F;onders<lb/>
der Linden-Ba&#x017F;t von den Matten, welche man<lb/>
bey den Materiali&#x017F;ten bekommen kan, gut zu ge-<lb/>
brauchen, wenn er vorher eingeweichet worden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 5.</head><lb/>
          <p>Die rechte Zeit, wenn man oculiren &#x017F;ol,<note place="right">Wenn die<lb/>
be&#x017F;te Zeit<lb/>
&#x017F;ey zum<lb/>
Oculiren.</note><lb/>
i&#x017F;t eben &#x017F;o nicht gewiß zu be&#x017F;timmen, indem &#x017F;ich<lb/>
in manchen Jahren die Schale oder die Rinde<lb/>
eher auch lang&#x017F;amer zu lo&#x0364;&#x017F;en pfleget. Solches<lb/>
aber beruhet auf der Witterung: denn wenn ein<lb/>
&#x017F;tarker Regen vor der Oculir-Zeit &#x017F;ich ereignet,<lb/>
&#x017F;o folget, daß der Saft auch eher eintrit, oder<lb/>
aber, wenn &#x017F;ich du&#x0364;rre und trockene Witterung<lb/>
ein&#x017F;tellet, &#x017F;o wird auch der Saft 8 bis 14 Tage<lb/>
lang&#x017F;amer eintreten. Einige pflegen zwar in<lb/>
An&#x017F;ehung der Oculir-Zeit einen Unter&#x017F;chied un-<lb/>
ter den treibenden und &#x017F;chlaffenden Auge zu ma-<lb/>
chen. Die er&#x017F;te Art nehmen &#x017F;ie &#x017F;ehr zeitig vor,<lb/>
woraus folgt, daß das Auge noch in dem&#x017F;elben<lb/>
Jahre hervorwach&#x017F;en und auf&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en muß. Es<lb/>
i&#x017F;t aber nach meiner Ein&#x017F;icht und Erfahrung nicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">viel</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[77/0109] 6. Cap. Vom Oculiren. und umwunden werden. Ferner muß man an dem Stamme, worauf oculiret worden, die Zel- ken oder Zweige oben ein wenig verkuͤrzen, da- mit der Saft in etwas zuruͤck gehe, und deſto beſſer um das eingeſetzte Auge umlaufen moͤge. Dieſe Arbeit kan eine Perſon alleine vor- nehmen, doch es iſt beſſer, wenn ſolche von zweyen verrichtet wird. Z. E. Einer ſchneidet und loͤ- ſet das Auge von dem Reiſe ab, und ſchiebet ſol- ches in den gemachten Spalt des Baumes, die andere aber verbindet daſſelbe, wo beſonders der Linden-Baſt von den Matten, welche man bey den Materialiſten bekommen kan, gut zu ge- brauchen, wenn er vorher eingeweichet worden. §. 5. Die rechte Zeit, wenn man oculiren ſol, iſt eben ſo nicht gewiß zu beſtimmen, indem ſich in manchen Jahren die Schale oder die Rinde eher auch langſamer zu loͤſen pfleget. Solches aber beruhet auf der Witterung: denn wenn ein ſtarker Regen vor der Oculir-Zeit ſich ereignet, ſo folget, daß der Saft auch eher eintrit, oder aber, wenn ſich duͤrre und trockene Witterung einſtellet, ſo wird auch der Saft 8 bis 14 Tage langſamer eintreten. Einige pflegen zwar in Anſehung der Oculir-Zeit einen Unterſchied un- ter den treibenden und ſchlaffenden Auge zu ma- chen. Die erſte Art nehmen ſie ſehr zeitig vor, woraus folgt, daß das Auge noch in demſelben Jahre hervorwachſen und aufſchieſſen muß. Es iſt aber nach meiner Einſicht und Erfahrung nicht viel Wenn die beſte Zeit ſey zum Oculiren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/109
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/109>, abgerufen am 04.12.2024.