Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

7. Cap. Von Wurzel-Gewächsen.
ein Hirsen-Korn stecken, und etwas Erde darauf
thun. So bald das Hirsen-Korn aufgienge und
wüchse, so wüchse der Rettig auch, und dadurch
würde er sehr gros und dicke werden. Einige Gar-
ten- und Ackerverständige lassen sich auch unterwei-
len hierdurch verführen, und nehmen es für eine
Wahrheit an. Allein obgleich das durch die ge-
machte Oeffnung in den Rettig hineingesteckte Hir-
sen-Korn (ich wolte vielmehr ein Rettig-Korn an-
rathen, denn gleich und gleich gesellet sich gern)
käumen und aufgehen dörfte; so wird es doch
durch die Luft und Sonne verderben und verwelken.
Ueberdieses wird der Rettig, in welchen man eine
solche Oeffnung gemacht hat, dadurch in seinem
Wachsthum vielmehr gehindert, als befördert:
denn wenn ein Gewächse an seiner Wurzel unge-
kränket bleibet, so kan es allezeit freudiger und besser
wachsen. Ja wenn in einem solche Jahre viele
Regen sich einstellen, so kan sich die Feuchtig-
keit in das gemachte Loch hinein ziehen und der
Rettig endlich dadurch verfaulen, massen dieses
ohnedem ein sehr wässeriges Gewächse ist. Ob ich
gleich dieses Rettig- und Rüben-Pfropfen mir nie-
malen in den Kopf bringen können, so habe ich es
dennoch aus Neugierigkeit durch meine Gärtner in
meiner Gegenwart probiren lassen, wobey ich ge-
funden, daß es ein erdichtetes und falsches Vorge-
ben ist, welches ganz wider den Lauf der Natur strei-
tet. Wer nach meiner gegebenen Beschreibung
verfähret, wird ohne solche vergebliche Künsteley
eben dergleichen grosse Rettige wie bey uns zuwege
bringen können.

§. 15.

7. Cap. Von Wurzel-Gewaͤchſen.
ein Hirſen-Korn ſtecken, und etwas Erde darauf
thun. So bald das Hirſen-Korn aufgienge und
wuͤchſe, ſo wuͤchſe der Rettig auch, und dadurch
wuͤrde er ſehr gros und dicke werden. Einige Gar-
ten- und Ackerverſtaͤndige laſſen ſich auch unterwei-
len hierdurch verfuͤhren, und nehmen es fuͤr eine
Wahrheit an. Allein obgleich das durch die ge-
machte Oeffnung in den Rettig hineingeſteckte Hir-
ſen-Korn (ich wolte vielmehr ein Rettig-Korn an-
rathen, denn gleich und gleich geſellet ſich gern)
kaͤumen und aufgehen doͤrfte; ſo wird es doch
durch die Luft und Sonne verderben und verwelken.
Ueberdieſes wird der Rettig, in welchen man eine
ſolche Oeffnung gemacht hat, dadurch in ſeinem
Wachsthum vielmehr gehindert, als befoͤrdert:
denn wenn ein Gewaͤchſe an ſeiner Wurzel unge-
kraͤnket bleibet, ſo kan es allezeit freudiger und beſſer
wachſen. Ja wenn in einem ſolche Jahre viele
Regen ſich einſtellen, ſo kan ſich die Feuchtig-
keit in das gemachte Loch hinein ziehen und der
Rettig endlich dadurch verfaulen, maſſen dieſes
ohnedem ein ſehr waͤſſeriges Gewaͤchſe iſt. Ob ich
gleich dieſes Rettig- und Ruͤben-Pfropfen mir nie-
malen in den Kopf bringen koͤnnen, ſo habe ich es
dennoch aus Neugierigkeit durch meine Gaͤrtner in
meiner Gegenwart probiren laſſen, wobey ich ge-
funden, daß es ein erdichtetes und falſches Vorge-
ben iſt, welches ganz wider den Lauf der Natur ſtrei-
tet. Wer nach meiner gegebenen Beſchreibung
verfaͤhret, wird ohne ſolche vergebliche Kuͤnſteley
eben dergleichen groſſe Rettige wie bey uns zuwege
bringen koͤnnen.

§. 15.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0210" n="204"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">7. Cap. Von Wurzel-Gewa&#x0364;ch&#x017F;en.</hi></fw><lb/>
ein Hir&#x017F;en-Korn &#x017F;tecken, und etwas Erde darauf<lb/>
thun. So bald das Hir&#x017F;en-Korn aufgienge und<lb/>
wu&#x0364;ch&#x017F;e, &#x017F;o wu&#x0364;ch&#x017F;e der Rettig auch, und dadurch<lb/>
wu&#x0364;rde er &#x017F;ehr gros und dicke werden. Einige Gar-<lb/>
ten- und Ackerver&#x017F;ta&#x0364;ndige la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich auch unterwei-<lb/>
len hierdurch verfu&#x0364;hren, und nehmen es fu&#x0364;r eine<lb/>
Wahrheit an. Allein obgleich das durch die ge-<lb/>
machte Oeffnung in den Rettig hineinge&#x017F;teckte Hir-<lb/>
&#x017F;en-Korn (ich wolte vielmehr ein Rettig-Korn an-<lb/>
rathen, denn gleich und gleich ge&#x017F;ellet &#x017F;ich gern)<lb/>
ka&#x0364;umen und aufgehen do&#x0364;rfte; &#x017F;o wird es doch<lb/>
durch die Luft und Sonne verderben und verwelken.<lb/>
Ueberdie&#x017F;es wird der Rettig, in welchen man eine<lb/>
&#x017F;olche Oeffnung gemacht hat, dadurch in &#x017F;einem<lb/>
Wachsthum vielmehr gehindert, als befo&#x0364;rdert:<lb/>
denn wenn ein Gewa&#x0364;ch&#x017F;e an &#x017F;einer Wurzel unge-<lb/>
kra&#x0364;nket bleibet, &#x017F;o kan es allezeit freudiger und be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
wach&#x017F;en. Ja wenn in einem &#x017F;olche Jahre viele<lb/>
Regen &#x017F;ich ein&#x017F;tellen, &#x017F;o kan &#x017F;ich die Feuchtig-<lb/>
keit in das gemachte Loch hinein ziehen und der<lb/>
Rettig endlich dadurch verfaulen, ma&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;es<lb/>
ohnedem ein &#x017F;ehr wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;eriges Gewa&#x0364;ch&#x017F;e i&#x017F;t. Ob ich<lb/>
gleich die&#x017F;es Rettig- und Ru&#x0364;ben-Pfropfen mir nie-<lb/>
malen in den Kopf bringen ko&#x0364;nnen, &#x017F;o habe ich es<lb/>
dennoch aus Neugierigkeit durch meine Ga&#x0364;rtner in<lb/>
meiner Gegenwart probiren la&#x017F;&#x017F;en, wobey ich ge-<lb/>
funden, daß es ein erdichtetes und fal&#x017F;ches Vorge-<lb/>
ben i&#x017F;t, welches ganz wider den Lauf der Natur &#x017F;trei-<lb/>
tet. Wer nach meiner gegebenen Be&#x017F;chreibung<lb/>
verfa&#x0364;hret, wird ohne &#x017F;olche vergebliche Ku&#x0364;n&#x017F;teley<lb/>
eben dergleichen gro&#x017F;&#x017F;e Rettige wie bey uns zuwege<lb/>
bringen ko&#x0364;nnen.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">§. 15.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0210] 7. Cap. Von Wurzel-Gewaͤchſen. ein Hirſen-Korn ſtecken, und etwas Erde darauf thun. So bald das Hirſen-Korn aufgienge und wuͤchſe, ſo wuͤchſe der Rettig auch, und dadurch wuͤrde er ſehr gros und dicke werden. Einige Gar- ten- und Ackerverſtaͤndige laſſen ſich auch unterwei- len hierdurch verfuͤhren, und nehmen es fuͤr eine Wahrheit an. Allein obgleich das durch die ge- machte Oeffnung in den Rettig hineingeſteckte Hir- ſen-Korn (ich wolte vielmehr ein Rettig-Korn an- rathen, denn gleich und gleich geſellet ſich gern) kaͤumen und aufgehen doͤrfte; ſo wird es doch durch die Luft und Sonne verderben und verwelken. Ueberdieſes wird der Rettig, in welchen man eine ſolche Oeffnung gemacht hat, dadurch in ſeinem Wachsthum vielmehr gehindert, als befoͤrdert: denn wenn ein Gewaͤchſe an ſeiner Wurzel unge- kraͤnket bleibet, ſo kan es allezeit freudiger und beſſer wachſen. Ja wenn in einem ſolche Jahre viele Regen ſich einſtellen, ſo kan ſich die Feuchtig- keit in das gemachte Loch hinein ziehen und der Rettig endlich dadurch verfaulen, maſſen dieſes ohnedem ein ſehr waͤſſeriges Gewaͤchſe iſt. Ob ich gleich dieſes Rettig- und Ruͤben-Pfropfen mir nie- malen in den Kopf bringen koͤnnen, ſo habe ich es dennoch aus Neugierigkeit durch meine Gaͤrtner in meiner Gegenwart probiren laſſen, wobey ich ge- funden, daß es ein erdichtetes und falſches Vorge- ben iſt, welches ganz wider den Lauf der Natur ſtrei- tet. Wer nach meiner gegebenen Beſchreibung verfaͤhret, wird ohne ſolche vergebliche Kuͤnſteley eben dergleichen groſſe Rettige wie bey uns zuwege bringen koͤnnen. §. 15.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/210
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/210>, abgerufen am 23.11.2024.