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Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754.

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5. Cap. Vom Hanfe

Das Land, worauf man Lein säen wil, muß
fein gleich, oder auch etwas abhängig liegen, und
darf keine Vertiefungen haben, alwo bey vielen Re-
gen und Gewittern das Wasser stehen bleiben kan;
denn an solchen Oertern verdirbet der Lein, indem
er die starke Feuchtigkeit nicht leiden kan, und wenn
er ja aufgehet, so wächset der Flachs nicht von der
Stelle, wird gelbe und ersäuft endlich.

Einige Acker-Leute pflegen auch das vor dem
Winter umgepflügte Land, im Früh-Jahre in der
Fasten-Zeit, wiederum jedoch nicht zu tief umzu-
pflügen und zu ruren, damit der Flachs nicht alzu
stark unter sich wurzeln, sondern seine Kräfte de-
nen Stengeln mittheilen solle, welcher Meinung
ich aber nicht beypflichten kan. Denn es ist be-
kannt, je tiefer ein Gewächs mit seinen Wurzeln
den Nahrungs Saft suchen und an sich ziehen kan,
je mehr kan solcher den Stengeln mitgetheilet wer-
den. Wil man hierbey einwenden und sagen,
wenn den Stengeln zu viel Kräfte zugehen, so wird
der Flachs hiervon grobhärig, wozu ich aber nicht
Ja sagen kan; denn wenn der Same so dicke wie
sichs gebühret, gesäet worden, so muß nothwendig
folgen, da ein Stengel dem andern die alzustarke
Nahrung wegnimt, daß sie dennoch zart und dünne
werden, und folglich einen klaren Past bekommen,
wird aber ein Acker zu dünne besamt, so mag er tief
oder seichte geackert worden seyn, so werden die
Stengel allezeit dicke und grobhärig wachsen,
weil sie mehr Raum haben, und folglich viele Nah-
rung an sich ziehen können.

Hin-
5. Cap. Vom Hanfe

Das Land, worauf man Lein ſaͤen wil, muß
fein gleich, oder auch etwas abhaͤngig liegen, und
darf keine Vertiefungen haben, alwo bey vielen Re-
gen und Gewittern das Waſſer ſtehen bleiben kan;
denn an ſolchen Oertern verdirbet der Lein, indem
er die ſtarke Feuchtigkeit nicht leiden kan, und wenn
er ja aufgehet, ſo waͤchſet der Flachs nicht von der
Stelle, wird gelbe und erſaͤuft endlich.

Einige Acker-Leute pflegen auch das vor dem
Winter umgepfluͤgte Land, im Fruͤh-Jahre in der
Faſten-Zeit, wiederum jedoch nicht zu tief umzu-
pfluͤgen und zu ruren, damit der Flachs nicht alzu
ſtark unter ſich wurzeln, ſondern ſeine Kraͤfte de-
nen Stengeln mittheilen ſolle, welcher Meinung
ich aber nicht beypflichten kan. Denn es iſt be-
kannt, je tiefer ein Gewaͤchs mit ſeinen Wurzeln
den Nahrungs Saft ſuchen und an ſich ziehen kan,
je mehr kan ſolcher den Stengeln mitgetheilet wer-
den. Wil man hierbey einwenden und ſagen,
wenn den Stengeln zu viel Kraͤfte zugehen, ſo wird
der Flachs hiervon grobhaͤrig, wozu ich aber nicht
Ja ſagen kan; denn wenn der Same ſo dicke wie
ſichs gebuͤhret, geſaͤet worden, ſo muß nothwendig
folgen, da ein Stengel dem andern die alzuſtarke
Nahrung wegnimt, daß ſie dennoch zart und duͤnne
werden, und folglich einen klaren Paſt bekommen,
wird aber ein Acker zu duͤnne beſamt, ſo mag er tief
oder ſeichte geackert worden ſeyn, ſo werden die
Stengel allezeit dicke und grobhaͤrig wachſen,
weil ſie mehr Raum haben, und folglich viele Nah-
rung an ſich ziehen koͤnnen.

Hin-
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[170/0205] 5. Cap. Vom Hanfe Das Land, worauf man Lein ſaͤen wil, muß fein gleich, oder auch etwas abhaͤngig liegen, und darf keine Vertiefungen haben, alwo bey vielen Re- gen und Gewittern das Waſſer ſtehen bleiben kan; denn an ſolchen Oertern verdirbet der Lein, indem er die ſtarke Feuchtigkeit nicht leiden kan, und wenn er ja aufgehet, ſo waͤchſet der Flachs nicht von der Stelle, wird gelbe und erſaͤuft endlich. Einige Acker-Leute pflegen auch das vor dem Winter umgepfluͤgte Land, im Fruͤh-Jahre in der Faſten-Zeit, wiederum jedoch nicht zu tief umzu- pfluͤgen und zu ruren, damit der Flachs nicht alzu ſtark unter ſich wurzeln, ſondern ſeine Kraͤfte de- nen Stengeln mittheilen ſolle, welcher Meinung ich aber nicht beypflichten kan. Denn es iſt be- kannt, je tiefer ein Gewaͤchs mit ſeinen Wurzeln den Nahrungs Saft ſuchen und an ſich ziehen kan, je mehr kan ſolcher den Stengeln mitgetheilet wer- den. Wil man hierbey einwenden und ſagen, wenn den Stengeln zu viel Kraͤfte zugehen, ſo wird der Flachs hiervon grobhaͤrig, wozu ich aber nicht Ja ſagen kan; denn wenn der Same ſo dicke wie ſichs gebuͤhret, geſaͤet worden, ſo muß nothwendig folgen, da ein Stengel dem andern die alzuſtarke Nahrung wegnimt, daß ſie dennoch zart und duͤnne werden, und folglich einen klaren Paſt bekommen, wird aber ein Acker zu duͤnne beſamt, ſo mag er tief oder ſeichte geackert worden ſeyn, ſo werden die Stengel allezeit dicke und grobhaͤrig wachſen, weil ſie mehr Raum haben, und folglich viele Nah- rung an ſich ziehen koͤnnen. Hin-

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- und Garten-Schatzes. Bd. 5. Erfurt, 1754, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz05_1754/205>, abgerufen am 27.11.2024.