Empfänglichkeit für dieselben und eine solche Construktion hätten, dass ihre Reflektionspunkte durch ihre eignen Thätigkeiten nach anderen Ge- genden verlegt werden könnten.
§. 10.
Nahe verwandt mit dem Selbstbewusstseyn ist die Besonnenheit. Jenes ist gleichsam die Grundlage dieser Eigenschaft der Seele, und diese knüpft sich wieder an die Aufmerksamkeit an. Die Besonnenheit merkt die Objekte an, die Auf- merksamkeit hält die angemerkten eigenmächtig fest. Jene ist gleichsam der Compass auf dem Meere der Sinnlichkeit, welcher die Thatkraft der Seele auf den Zweck ihrer Glückseligkeit zusteuert. Ohne Besonnenheit würde sie entwe- der unverrückt, nach dem Gesetze der Stetigkeit, auf einerley Gegenstand haften, oder ohne Leit- stern regellos im Universum herumflattern. Was hier in der Mitte liegt, dass keins von beiden geschieht, ist Besonnenheit. So begegnen sich Centrifugal- und Centripedal-Kraft in der Dia- gonale, und gängeln die Weltkörper durch den leeren Raum, dass sie die Spur, ohne sie zu haben, nie verlieren.
Was ist Besonnenheit, und worauf gründet sie sich? Sie ist Fortdauer des Wahr- nehmungsvermögens der Seele, wäh- rend ihrer Anstrengungen, und grün- det sich auf eine Irritabilität für
Empfänglichkeit für dieſelben und eine ſolche Conſtruktion hätten, daſs ihre Reflektionspunkte durch ihre eignen Thätigkeiten nach anderen Ge- genden verlegt werden könnten.
§. 10.
Nahe verwandt mit dem Selbſtbewuſstſeyn iſt die Beſonnenheit. Jenes iſt gleichſam die Grundlage dieſer Eigenſchaft der Seele, und dieſe knüpft ſich wieder an die Aufmerkſamkeit an. Die Beſonnenheit merkt die Objekte an, die Auf- merkſamkeit hält die angemerkten eigenmächtig feſt. Jene iſt gleichſam der Compaſs auf dem Meere der Sinnlichkeit, welcher die Thatkraft der Seele auf den Zweck ihrer Glückſeligkeit zuſteuert. Ohne Beſonnenheit würde ſie entwe- der unverrückt, nach dem Geſetze der Stetigkeit, auf einerley Gegenſtand haften, oder ohne Leit- ſtern regellos im Univerſum herumflattern. Was hier in der Mitte liegt, daſs keins von beiden geſchieht, iſt Beſonnenheit. So begegnen ſich Centrifugal- und Centripedal-Kraft in der Dia- gonale, und gängeln die Weltkörper durch den leeren Raum, daſs ſie die Spur, ohne ſie zu haben, nie verlieren.
Was iſt Beſonnenheit, und worauf gründet ſie ſich? Sie iſt Fortdauer des Wahr- nehmungsvermögens der Seele, wäh- rend ihrer Anſtrengungen, und grün- det ſich auf eine Irritabilität für
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Empfänglichkeit für dieſelben und eine ſolche
Conſtruktion hätten, daſs ihre Reflektionspunkte
durch ihre eignen Thätigkeiten nach anderen Ge-
genden verlegt werden könnten.
§. 10.
Nahe verwandt mit dem Selbſtbewuſstſeyn
iſt die Beſonnenheit. Jenes iſt gleichſam die
Grundlage dieſer Eigenſchaft der Seele, und dieſe
knüpft ſich wieder an die Aufmerkſamkeit an.
Die Beſonnenheit merkt die Objekte an, die Auf-
merkſamkeit hält die angemerkten eigenmächtig
feſt. Jene iſt gleichſam der Compaſs auf dem
Meere der Sinnlichkeit, welcher die Thatkraft
der Seele auf den Zweck ihrer Glückſeligkeit
zuſteuert. Ohne Beſonnenheit würde ſie entwe-
der unverrückt, nach dem Geſetze der Stetigkeit,
auf einerley Gegenſtand haften, oder ohne Leit-
ſtern regellos im Univerſum herumflattern. Was
hier in der Mitte liegt, daſs keins von beiden
geſchieht, iſt Beſonnenheit. So begegnen ſich
Centrifugal- und Centripedal-Kraft in der Dia-
gonale, und gängeln die Weltkörper durch den
leeren Raum, daſs ſie die Spur, ohne ſie zu
haben, nie verlieren.
Was iſt Beſonnenheit, und worauf gründet
ſie ſich? Sie iſt Fortdauer des Wahr-
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/103>, abgerufen am 23.11.2024.
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