gesammten Theile des Nervensystems ein richtiges Verhältniss zu einander, welches zum Theil Re- sultat der Erziehung desselben durch seine vorher- gegangenen Handlungen ist, so wirken die Aussen- dinge ein und die erregten Thätigkeiten breiten sich aus, wie es der Norm gemäss geschehen muss. Es gelangen die Verhältnisse unseres Zu- standes im Selbstbewusstseyn zur Klarheit, die mit unserem Interesse in der nächsten Beziehung stehn. So beginnt der Speisekanal sein wurmför- miges Spiel nur dann, wann er Nahrungsmittel in seine Höhle aufgenommen hat. Er wirkt zur rechten Zeit und seiner Bestimmung gemäss, ohne sich eines Zwecks bewusst zu seyn, nach einer prästabilirten Harmonie, die zwischen seinen Kräften und seinen Zwecken obwaltet.
5) Die Kraft des Nervengebäudes ist, wie überhaupt die Lebenskraft des gesammten Organismus, beschränkt. Sie wirkt nur auf einem Punkt des Gebiets mit Nachdruck und in dem Maasse, wie dies ge- schieht, erlöschen ihre Wirkungen in den übri- gen Gegenden. Die Thatsache steht fest, wenn gleich ihre Ursache uns unbekannt ist. Schmer- zen der Haut ersticken Schmerzen im Inneren; wirkt der äussere Sinn lebhaft, so schweigt der innere; wenn die Phantasie beschäfftiget ist, so kommen keine äusseren Eindrücke zum klaren Bewusstseyn. Bey einer chirurgischen Operation hängt die ganze Kraft der Seele an der Spitze
geſammten Theile des Nervenſyſtems ein richtiges Verhältniſs zu einander, welches zum Theil Re- ſultat der Erziehung deſſelben durch ſeine vorher- gegangenen Handlungen iſt, ſo wirken die Auſsen- dinge ein und die erregten Thätigkeiten breiten ſich aus, wie es der Norm gemäſs geſchehen muſs. Es gelangen die Verhältniſſe unſeres Zu- ſtandes im Selbſtbewuſstſeyn zur Klarheit, die mit unſerem Intereſſe in der nächſten Beziehung ſtehn. So beginnt der Speiſekanal ſein wurmför- miges Spiel nur dann, wann er Nahrungsmittel in ſeine Höhle aufgenommen hat. Er wirkt zur rechten Zeit und ſeiner Beſtimmung gemäſs, ohne ſich eines Zwecks bewuſst zu ſeyn, nach einer präſtabilirten Harmonie, die zwiſchen ſeinen Kräften und ſeinen Zwecken obwaltet.
5) Die Kraft des Nervengebäudes iſt, wie überhaupt die Lebenskraft des geſammten Organiſmus, beſchränkt. Sie wirkt nur auf einem Punkt des Gebiets mit Nachdruck und in dem Maaſse, wie dies ge- ſchieht, erlöſchen ihre Wirkungen in den übri- gen Gegenden. Die Thatſache ſteht feſt, wenn gleich ihre Urſache uns unbekannt iſt. Schmer- zen der Haut erſticken Schmerzen im Inneren; wirkt der äuſsere Sinn lebhaft, ſo ſchweigt der innere; wenn die Phantaſie beſchäfftiget iſt, ſo kommen keine äuſseren Eindrücke zum klaren Bewuſstſeyn. Bey einer chirurgiſchen Operation hängt die ganze Kraft der Seele an der Spitze
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geſammten Theile des Nervenſyſtems ein richtiges
Verhältniſs zu einander, welches zum Theil Re-
ſultat der Erziehung deſſelben durch ſeine vorher-
gegangenen Handlungen iſt, ſo wirken die Auſsen-
dinge ein und die erregten Thätigkeiten breiten
ſich aus, wie es der Norm gemäſs geſchehen
muſs. Es gelangen die Verhältniſſe unſeres Zu-
ſtandes im Selbſtbewuſstſeyn zur Klarheit, die
mit unſerem Intereſſe in der nächſten Beziehung
ſtehn. So beginnt der Speiſekanal ſein wurmför-
miges Spiel nur dann, wann er Nahrungsmittel
in ſeine Höhle aufgenommen hat. Er wirkt zur
rechten Zeit und ſeiner Beſtimmung gemäſs, ohne
ſich eines Zwecks bewuſst zu ſeyn, nach einer
präſtabilirten Harmonie, die zwiſchen ſeinen
Kräften und ſeinen Zwecken obwaltet.
5) Die Kraft des Nervengebäudes
iſt, wie überhaupt die Lebenskraft des
geſammten Organiſmus, beſchränkt.
Sie wirkt nur auf einem Punkt des Gebiets mit
Nachdruck und in dem Maaſse, wie dies ge-
ſchieht, erlöſchen ihre Wirkungen in den übri-
gen Gegenden. Die Thatſache ſteht feſt, wenn
gleich ihre Urſache uns unbekannt iſt. Schmer-
zen der Haut erſticken Schmerzen im Inneren;
wirkt der äuſsere Sinn lebhaft, ſo ſchweigt der
innere; wenn die Phantaſie beſchäfftiget iſt, ſo
kommen keine äuſseren Eindrücke zum klaren
Bewuſstſeyn. Bey einer chirurgiſchen Operation
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/124>, abgerufen am 23.11.2024.
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