verschiedene Art aus, nach den Gesetzen der Association, zum Behuf der Einbildungskraft und des Denkvermögens. Von da wird sie wieder auf die Bewegungsnerven, also vom Mittelpunkt zur Grenze reflectirt. Diese kreisenden Actionen im Nervensystem, die sich als Seelenwirkungen an- kündigen, können in demselben nicht ohne gleichzeitige Modifikationen seines innern Zustandes wirklich werden. Denn von etwas muss die Action Product seyn. Diese Modifikation nimmt die Seele wahr. Sie schaut nicht bloss die Vorstellungen und Bewe- gungen, sondern auch die körperlichen Thätig- keiten der Nervenmasse an, durch welche sie wirklich werden. Sie schaut dieselben unter der bestimmten Form der Lust oder Unlust an, je nachdem sie leicht oder mit Be- schwerde vollbracht werden. Dies ist aber ab- hängig von der örtlichen oder allgemeinen, tran- sitorischen oder permanenten Gesundheit des Körpers. Die Seele muss, indem sie das Pro- duct wahrnimmt, auch die Ursache wahrnehmen, durch welche es zu Stande kömmt. Gefühle sind also Formen ihrer Anschauungen, die eben so wenig als die Form der Zeit und des Raums von denselben getrennt werden können. Dies Ge- fühl ist daher immer reines körperliches Product, ein behagliches oder unbehagliches Wahrnehmen des Organs im Zustande seiner Wirksamkeit und verschieden von der Vorstellung
verſchiedene Art aus, nach den Geſetzen der Aſſociation, zum Behuf der Einbildungskraft und des Denkvermögens. Von da wird ſie wieder auf die Bewegungsnerven, alſo vom Mittelpunkt zur Grenze reflectirt. Dieſe kreiſenden Actionen im Nervenſyſtem, die ſich als Seelenwirkungen an- kündigen, können in demſelben nicht ohne gleichzeitige Modifikationen ſeines innern Zuſtandes wirklich werden. Denn von etwas muſs die Action Product ſeyn. Dieſe Modifikation nimmt die Seele wahr. Sie ſchaut nicht bloſs die Vorſtellungen und Bewe- gungen, ſondern auch die körperlichen Thätig- keiten der Nervenmaſſe an, durch welche ſie wirklich werden. Sie ſchaut dieſelben unter der beſtimmten Form der Luſt oder Unluſt an, je nachdem ſie leicht oder mit Be- ſchwerde vollbracht werden. Dies iſt aber ab- hängig von der örtlichen oder allgemeinen, tran- ſitoriſchen oder permanenten Geſundheit des Körpers. Die Seele muſs, indem ſie das Pro- duct wahrnimmt, auch die Urſache wahrnehmen, durch welche es zu Stande kömmt. Gefühle ſind alſo Formen ihrer Anſchauungen, die eben ſo wenig als die Form der Zeit und des Raums von denſelben getrennt werden können. Dies Ge- fühl iſt daher immer reines körperliches Product, ein behagliches oder unbehagliches Wahrnehmen des Organs im Zuſtande ſeiner Wirkſamkeit und verſchieden von der Vorſtellung
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verſchiedene Art aus, nach den Geſetzen der
Aſſociation, zum Behuf der Einbildungskraft und
des Denkvermögens. Von da wird ſie wieder
auf die Bewegungsnerven, alſo vom Mittelpunkt
zur Grenze reflectirt. Dieſe kreiſenden Actionen
im Nervenſyſtem, die ſich als Seelenwirkungen an-
kündigen, können in demſelben nicht ohne
gleichzeitige Modifikationen ſeines
innern Zuſtandes wirklich werden. Denn
von etwas muſs die Action Product ſeyn. Dieſe
Modifikation nimmt die Seele wahr.
Sie ſchaut nicht bloſs die Vorſtellungen und Bewe-
gungen, ſondern auch die körperlichen Thätig-
keiten der Nervenmaſſe an, durch welche ſie
wirklich werden. Sie ſchaut dieſelben unter
der beſtimmten Form der Luſt oder
Unluſt an, je nachdem ſie leicht oder mit Be-
ſchwerde vollbracht werden. Dies iſt aber ab-
hängig von der örtlichen oder allgemeinen, tran-
ſitoriſchen oder permanenten Geſundheit des
Körpers. Die Seele muſs, indem ſie das Pro-
duct wahrnimmt, auch die Urſache wahrnehmen,
durch welche es zu Stande kömmt. Gefühle ſind
alſo Formen ihrer Anſchauungen, die eben ſo
wenig als die Form der Zeit und des Raums von
denſelben getrennt werden können. Dies Ge-
fühl iſt daher immer reines körperliches
Product, ein behagliches oder unbehagliches
Wahrnehmen des Organs im Zuſtande ſeiner
Wirkſamkeit und verſchieden von der Vorſtellung
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/162>, abgerufen am 18.12.2024.
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