Glaubensartikel, dass bereits an seinem Orte genug für das medicinische Studium gesorgt sey, zum Ketzer geworden.
Das Gefühlsvermögen ist unter allen Seelen- vermögen dasjenige, auf welches wir durch psychische Mittel mit dem grössten Vortheil wir- ken können. Wir haben es in unserer Gewalt, dasselbe direct und es auf eine bestimmte Art zu erregen. Dies gilt wenigstens von den körper- lichen Gefühlen, die wir gezwungen und in einer Stärke hervorbringen können, dass sie den Kranken nöthigen, sie zu beachten. Denn es steht nicht mehr in unserer Willkühr, die Gefühle abzuhal- ten, wenn der Zustand des Körpers hervorge- bracht ist, in welchem sie gegründet sind. Der Brechweinstein erregt uns Eckel, auch wenn wir es nicht wollen. Wir reizen die groben Sinn- organe und besonders das Gemeingefühl in einem solchen Grade, dass die Seele dadurch entwe- der angenehm oder unangenehm afficirt werden muss. Wir haben es in unserer Gewalt, eine grosse Zahl von Krankheiten, und durch die- selben die mannichfaltigsten Krankheitsgefühle, Eckel, Jucken, Kitzel, Schmerz, Angst u. s. w., die als Symptome derselben von ihnen unzertrenn- lich sind, hervorzubringen. Gefühle wirken auf das Vorstellungsvermögen, nöthigen dasselbe, die Ursachen der Gefühle aufzusuchen; sie wirken, wenn sie stark sind, auf den innern Sinn, und zwingen ihn, sich selbst, als das Subject der Ge-
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Glaubensartikel, daſs bereits an ſeinem Orte genug für das mediciniſche Studium geſorgt ſey, zum Ketzer geworden.
Das Gefühlsvermögen iſt unter allen Seelen- vermögen dasjenige, auf welches wir durch pſychiſche Mittel mit dem gröſsten Vortheil wir- ken können. Wir haben es in unſerer Gewalt, daſſelbe direct und es auf eine beſtimmte Art zu erregen. Dies gilt wenigſtens von den körper- lichen Gefühlen, die wir gezwungen und in einer Stärke hervorbringen können, daſs ſie den Kranken nöthigen, ſie zu beachten. Denn es ſteht nicht mehr in unſerer Willkühr, die Gefühle abzuhal- ten, wenn der Zuſtand des Körpers hervorge- bracht iſt, in welchem ſie gegründet ſind. Der Brechweinſtein erregt uns Eckel, auch wenn wir es nicht wollen. Wir reizen die groben Sinn- organe und beſonders das Gemeingefühl in einem ſolchen Grade, daſs die Seele dadurch entwe- der angenehm oder unangenehm afficirt werden muſs. Wir haben es in unſerer Gewalt, eine groſse Zahl von Krankheiten, und durch die- ſelben die mannichfaltigſten Krankheitsgefühle, Eckel, Jucken, Kitzel, Schmerz, Angſt u. ſ. w., die als Symptome derſelben von ihnen unzertrenn- lich ſind, hervorzubringen. Gefühle wirken auf das Vorſtellungsvermögen, nöthigen daſſelbe, die Urſachen der Gefühle aufzuſuchen; ſie wirken, wenn ſie ſtark ſind, auf den innern Sinn, und zwingen ihn, ſich ſelbſt, als das Subject der Ge-
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Glaubensartikel, daſs bereits an ſeinem Orte
genug für das mediciniſche Studium geſorgt ſey,
zum Ketzer geworden.
Das Gefühlsvermögen iſt unter allen Seelen-
vermögen dasjenige, auf welches wir durch
pſychiſche Mittel mit dem gröſsten Vortheil wir-
ken können. Wir haben es in unſerer Gewalt,
daſſelbe direct und es auf eine beſtimmte Art zu
erregen. Dies gilt wenigſtens von den körper-
lichen Gefühlen, die wir gezwungen und in einer
Stärke hervorbringen können, daſs ſie den Kranken
nöthigen, ſie zu beachten. Denn es ſteht nicht
mehr in unſerer Willkühr, die Gefühle abzuhal-
ten, wenn der Zuſtand des Körpers hervorge-
bracht iſt, in welchem ſie gegründet ſind. Der
Brechweinſtein erregt uns Eckel, auch wenn wir
es nicht wollen. Wir reizen die groben Sinn-
organe und beſonders das Gemeingefühl in einem
ſolchen Grade, daſs die Seele dadurch entwe-
der angenehm oder unangenehm afficirt werden
muſs. Wir haben es in unſerer Gewalt, eine
groſse Zahl von Krankheiten, und durch die-
ſelben die mannichfaltigſten Krankheitsgefühle,
Eckel, Jucken, Kitzel, Schmerz, Angſt u. ſ. w.,
die als Symptome derſelben von ihnen unzertrenn-
lich ſind, hervorzubringen. Gefühle wirken auf
das Vorſtellungsvermögen, nöthigen daſſelbe,
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/166>, abgerufen am 24.11.2024.
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