Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

fühle, zu beachten. Sie wecken also die äussere
und innere Besonnenheit. Sie fixiren die Auf-
merksamkeit, ziehn sie auf angenehme Gegen-
stände hin, und ab von unangenehmen. Sie
wirken auf das Begehrungsvermögen, und durch
dasselbe wieder auf den Verstand zurück, sofern
die erregten Begierden denselben antreiben, die
Objekte der Gefühle zu vervielfältigen, die Mittel
zur Erhaltung der angenehmen und zur Entfer-
nung der unangenehmen aufzusuchen. Vermittelst
des Gefühlsvermögens steht endlich der äussere
Zwang und unser Wirken durch Lohnen und
Strafen, also alles das Gute, was wir auf diesem
Wege erreichen können, in unserer Gewalt. Es
hat daher, sofern durch dasselbe alle Verhältnisse
des Menschen erst ein Interesse für ihn erlangen,
eine Federkraft, durch welche das gesammte
Spiel aller übrigen Seelenkräfte belebt und auf
bestimmte Zwecke geleitet werden kann.

2) Das Vorstellungsvermögen er-
zeugt entweder Vorstellungen, die noch nicht
vorhanden waren, oder es erneuert die ehemals
vorhandenen wieder. Unter ihm, als produk-
tiver
Kraft, sind die Sinnlichkeit und der Ver-
stand, als reproduktiver das Gedächtniss
und die Einbildungskraft begriffen.

Durch den äussern Sinn schaun wir
Dinge ausser uns, die Welt und unsern Körper,
und diese im Raume, und unsern Körper, als
den unsrigen, durch das Gemeingefühl an.

fühle, zu beachten. Sie wecken alſo die äuſsere
und innere Beſonnenheit. Sie fixiren die Auf-
merkſamkeit, ziehn ſie auf angenehme Gegen-
ſtände hin, und ab von unangenehmen. Sie
wirken auf das Begehrungsvermögen, und durch
daſſelbe wieder auf den Verſtand zurück, ſofern
die erregten Begierden denſelben antreiben, die
Objekte der Gefühle zu vervielfältigen, die Mittel
zur Erhaltung der angenehmen und zur Entfer-
nung der unangenehmen aufzuſuchen. Vermittelſt
des Gefühlsvermögens ſteht endlich der äuſsere
Zwang und unſer Wirken durch Lohnen und
Strafen, alſo alles das Gute, was wir auf dieſem
Wege erreichen können, in unſerer Gewalt. Es
hat daher, ſofern durch daſſelbe alle Verhältniſſe
des Menſchen erſt ein Intereſſe für ihn erlangen,
eine Federkraft, durch welche das geſammte
Spiel aller übrigen Seelenkräfte belebt und auf
beſtimmte Zwecke geleitet werden kann.

2) Das Vorſtellungsvermögen er-
zeugt entweder Vorſtellungen, die noch nicht
vorhanden waren, oder es erneuert die ehemals
vorhandenen wieder. Unter ihm, als produk-
tiver
Kraft, ſind die Sinnlichkeit und der Ver-
ſtand, als reproduktiver das Gedächtniſs
und die Einbildungskraft begriffen.

Durch den äuſsern Sinn ſchaun wir
Dinge auſser uns, die Welt und unſern Körper,
und dieſe im Raume, und unſern Körper, als
den unſrigen, durch das Gemeingefühl an.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0167" n="162"/>
fühle, zu beachten. Sie wecken al&#x017F;o die äu&#x017F;sere<lb/>
und innere Be&#x017F;onnenheit. Sie fixiren die Auf-<lb/>
merk&#x017F;amkeit, ziehn &#x017F;ie auf angenehme Gegen-<lb/>
&#x017F;tände hin, und ab von unangenehmen. Sie<lb/>
wirken auf das Begehrungsvermögen, und durch<lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe wieder auf den Ver&#x017F;tand zurück, &#x017F;ofern<lb/>
die erregten Begierden den&#x017F;elben antreiben, die<lb/>
Objekte der Gefühle zu vervielfältigen, die Mittel<lb/>
zur Erhaltung der angenehmen und zur Entfer-<lb/>
nung der unangenehmen aufzu&#x017F;uchen. Vermittel&#x017F;t<lb/>
des Gefühlsvermögens &#x017F;teht endlich der äu&#x017F;sere<lb/>
Zwang und un&#x017F;er Wirken durch Lohnen und<lb/>
Strafen, al&#x017F;o alles das Gute, was wir auf die&#x017F;em<lb/>
Wege erreichen können, in un&#x017F;erer Gewalt. Es<lb/>
hat daher, &#x017F;ofern durch da&#x017F;&#x017F;elbe alle Verhältni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
des Men&#x017F;chen er&#x017F;t ein Intere&#x017F;&#x017F;e für ihn erlangen,<lb/>
eine Federkraft, durch welche das ge&#x017F;ammte<lb/>
Spiel aller übrigen Seelenkräfte belebt und auf<lb/>
be&#x017F;timmte Zwecke geleitet werden kann.</p><lb/>
          <p>2) Das <hi rendition="#g">Vor&#x017F;tellungsvermögen</hi> er-<lb/>
zeugt entweder Vor&#x017F;tellungen, die noch nicht<lb/>
vorhanden waren, oder es erneuert die ehemals<lb/>
vorhandenen wieder. Unter ihm, als <hi rendition="#g">produk-<lb/>
tiver</hi> Kraft, &#x017F;ind die Sinnlichkeit und der Ver-<lb/>
&#x017F;tand, als <hi rendition="#g">reproduktiver</hi> das Gedächtni&#x017F;s<lb/>
und die Einbildungskraft begriffen.</p><lb/>
          <p>Durch den <hi rendition="#g">äu&#x017F;sern Sinn</hi> &#x017F;chaun wir<lb/>
Dinge au&#x017F;ser uns, die Welt und un&#x017F;ern Körper,<lb/>
und die&#x017F;e im Raume, und un&#x017F;ern Körper, als<lb/>
den un&#x017F;rigen, durch das <hi rendition="#g">Gemeingefühl</hi> an.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[162/0167] fühle, zu beachten. Sie wecken alſo die äuſsere und innere Beſonnenheit. Sie fixiren die Auf- merkſamkeit, ziehn ſie auf angenehme Gegen- ſtände hin, und ab von unangenehmen. Sie wirken auf das Begehrungsvermögen, und durch daſſelbe wieder auf den Verſtand zurück, ſofern die erregten Begierden denſelben antreiben, die Objekte der Gefühle zu vervielfältigen, die Mittel zur Erhaltung der angenehmen und zur Entfer- nung der unangenehmen aufzuſuchen. Vermittelſt des Gefühlsvermögens ſteht endlich der äuſsere Zwang und unſer Wirken durch Lohnen und Strafen, alſo alles das Gute, was wir auf dieſem Wege erreichen können, in unſerer Gewalt. Es hat daher, ſofern durch daſſelbe alle Verhältniſſe des Menſchen erſt ein Intereſſe für ihn erlangen, eine Federkraft, durch welche das geſammte Spiel aller übrigen Seelenkräfte belebt und auf beſtimmte Zwecke geleitet werden kann. 2) Das Vorſtellungsvermögen er- zeugt entweder Vorſtellungen, die noch nicht vorhanden waren, oder es erneuert die ehemals vorhandenen wieder. Unter ihm, als produk- tiver Kraft, ſind die Sinnlichkeit und der Ver- ſtand, als reproduktiver das Gedächtniſs und die Einbildungskraft begriffen. Durch den äuſsern Sinn ſchaun wir Dinge auſser uns, die Welt und unſern Körper, und dieſe im Raume, und unſern Körper, als den unſrigen, durch das Gemeingefühl an.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/167
Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/167>, abgerufen am 18.12.2024.