Das Gemeingefühl ist gleichsam ein Mittelding zwischen dem äussern und innern Sinne, welches den Körper zwar als etwas Aeusseres, aber ihn auch als unseren Körper, und seine Zustände, als die unsrigen vorstellt. Durch den innern Sinn schaun wir unsere Zustände, die nemlich die Ob- jekte desselben sind, unsere Vorstellungen, Ge- fühle, Begierden und Leidenschaften an, wir schaun sie in der Zeit an, und stellen uns durch ihn, als selbst afficirt von unsern eignen Verände- rungen, vor. Durch ihn gelangen wir zur An- schauung unseres eigenen Ichs, also zum Selbst- bewusstseyn, indem wir uns als das Subject aller Veränderungen in uns denken. Die Reize welche ihn erregen, sind weit zarter, als die körperlichen Reize des äusseren Sinnes. Daher setzen sie auch ein leiseres Gefühl voraus, wenn sie zum klaren Bewusstseyn gelangen sollen; daher kömmt der innere Sinn weit später zur Thätigkeit, als der äussere. Der Verstand bringt aus dem Vorrathe vorhandener Vorstellun- gen, als aus seiner Materie zum Denken, neue hervor. Er wirkt in diesem Geschäfft nach einer bestimmten Regel, die wir die Form des Den- kens nennen, vermittelst welcher er den mannich- faltigen Stoff zur Einheit verknüpft, Begriffe, Urtheile und Schlüsse bildet.
Unter die reproduktiven Kräfte des Vorstellungsvermögens gehören die Einbil- dungskraft und das Gedächtniss. Dies
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Das Gemeingefühl iſt gleichſam ein Mittelding zwiſchen dem äuſsern und innern Sinne, welches den Körper zwar als etwas Aeuſseres, aber ihn auch als unſeren Körper, und ſeine Zuſtände, als die unſrigen vorſtellt. Durch den innern Sinn ſchaun wir unſere Zuſtände, die nemlich die Ob- jekte deſſelben ſind, unſere Vorſtellungen, Ge- fühle, Begierden und Leidenſchaften an, wir ſchaun ſie in der Zeit an, und ſtellen uns durch ihn, als ſelbſt afficirt von unſern eignen Verände- rungen, vor. Durch ihn gelangen wir zur An- ſchauung unſeres eigenen Ichs, alſo zum Selbſt- bewuſstſeyn, indem wir uns als das Subject aller Veränderungen in uns denken. Die Reize welche ihn erregen, ſind weit zarter, als die körperlichen Reize des äuſseren Sinnes. Daher ſetzen ſie auch ein leiſeres Gefühl voraus, wenn ſie zum klaren Bewuſstſeyn gelangen ſollen; daher kömmt der innere Sinn weit ſpäter zur Thätigkeit, als der äuſsere. Der Verſtand bringt aus dem Vorrathe vorhandener Vorſtellun- gen, als aus ſeiner Materie zum Denken, neue hervor. Er wirkt in dieſem Geſchäfft nach einer beſtimmten Regel, die wir die Form des Den- kens nennen, vermittelſt welcher er den mannich- faltigen Stoff zur Einheit verknüpft, Begriffe, Urtheile und Schlüſſe bildet.
Unter die reproduktiven Kräfte des Vorſtellungsvermögens gehören die Einbil- dungskraft und das Gedächtniſs. Dies
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Das Gemeingefühl iſt gleichſam ein Mittelding
zwiſchen dem äuſsern und innern Sinne, welches
den Körper zwar als etwas Aeuſseres, aber ihn
auch als unſeren Körper, und ſeine Zuſtände, als
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ſchaun wir unſere Zuſtände, die nemlich die Ob-
jekte deſſelben ſind, unſere Vorſtellungen, Ge-
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ſchaun ſie in der Zeit an, und ſtellen uns durch
ihn, als ſelbſt afficirt von unſern eignen Verände-
rungen, vor. Durch ihn gelangen wir zur An-
ſchauung unſeres eigenen Ichs, alſo zum Selbſt-
bewuſstſeyn, indem wir uns als das Subject
aller Veränderungen in uns denken. Die Reize
welche ihn erregen, ſind weit zarter, als die
körperlichen Reize des äuſseren Sinnes. Daher
ſetzen ſie auch ein leiſeres Gefühl voraus, wenn
ſie zum klaren Bewuſstſeyn gelangen ſollen;
daher kömmt der innere Sinn weit ſpäter zur
Thätigkeit, als der äuſsere. Der Verſtand
bringt aus dem Vorrathe vorhandener Vorſtellun-
gen, als aus ſeiner Materie zum Denken, neue
hervor. Er wirkt in dieſem Geſchäfft nach einer
beſtimmten Regel, die wir die Form des Den-
kens nennen, vermittelſt welcher er den mannich-
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Unter die reproduktiven Kräfte des
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/168>, abgerufen am 18.12.2024.
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