seine Vorstellung vermittelst des Ge- meingefühls im Seelenorgan die Seele auf eine angenehme oder unangeneh- me Art afficirt. Diese Mittel exaltiren und verbessern oder unterdrücken und verletzen die organischen Kräfte, örtlich oder im allgemeinen. Sie fliessen also ein auf den Gesundheitszustand des Individuums und sind in Rücksicht ihrer psy- chischen Wirkungen von doppelter Art; sie brin- gen entweder Wohlbehagen und thierischen Lust oder Schmerz und körperliches Missbehagen hervor.
1) Körperreize, in deren Gefolge thieri- sche Lust ensteht.
Hier erwähne ich vorzüglich der Erregung eines angenehmen Lebensgefühls, das als collektive Totalempfindung von dem Eindruck des gesammten gesunden Zustandes der thierischen Oekonomie aufs Gemeingefühl in der Seele ent- steht. In der Regel bekommt dies Gefühl den meisten Verrückten und besonders solchen wohl, die hypochondrisch sind, oder in deren Wahn sich Trübsinn und Schwermuth einmischen. Es ist Product der Gesundheit, entspringt also von jedem Mittel, das diese fördert und erhält, von reiner Luft, gesunden Speisen, Bewegung, Wär- me, Reinlichkeit, Ordnung im Schlaf und in allem, was zum Regime gehört. Also schon in dieser Rücksicht, sofern die diätetische Pflege der Irrenden auf ihre Seele zurück wirkt, ist dieselbe
ſeine Vorſtellung vermittelſt des Ge- meingefühls im Seelenorgan die Seele auf eine angenehme oder unangeneh- me Art afficirt. Dieſe Mittel exaltiren und verbeſſern oder unterdrücken und verletzen die organiſchen Kräfte, örtlich oder im allgemeinen. Sie flieſsen alſo ein auf den Geſundheitszuſtand des Individuums und ſind in Rückſicht ihrer pſy- chiſchen Wirkungen von doppelter Art; ſie brin- gen entweder Wohlbehagen und thieriſchen Luſt oder Schmerz und körperliches Miſsbehagen hervor.
1) Körperreize, in deren Gefolge thieri- ſche Luſt enſteht.
Hier erwähne ich vorzüglich der Erregung eines angenehmen Lebensgefühls, das als collektive Totalempfindung von dem Eindruck des geſammten geſunden Zuſtandes der thieriſchen Oekonomie aufs Gemeingefühl in der Seele ent- ſteht. In der Regel bekommt dies Gefühl den meiſten Verrückten und beſonders ſolchen wohl, die hypochondriſch ſind, oder in deren Wahn ſich Trübſinn und Schwermuth einmiſchen. Es iſt Product der Geſundheit, entſpringt alſo von jedem Mittel, das dieſe fördert und erhält, von reiner Luft, geſunden Speiſen, Bewegung, Wär- me, Reinlichkeit, Ordnung im Schlaf und in allem, was zum Regime gehört. Alſo ſchon in dieſer Rückſicht, ſofern die diätetiſche Pflege der Irrenden auf ihre Seele zurück wirkt, iſt dieſelbe
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ſeine Vorſtellung vermittelſt des Ge-
meingefühls im Seelenorgan die Seele
auf eine angenehme oder unangeneh-
me Art afficirt. Dieſe Mittel exaltiren und
verbeſſern oder unterdrücken und verletzen die
organiſchen Kräfte, örtlich oder im allgemeinen.
Sie flieſsen alſo ein auf den Geſundheitszuſtand
des Individuums und ſind in Rückſicht ihrer pſy-
chiſchen Wirkungen von doppelter Art; ſie brin-
gen entweder Wohlbehagen und thieriſchen Luſt
oder Schmerz und körperliches Miſsbehagen
hervor.
1) Körperreize, in deren Gefolge thieri-
ſche Luſt enſteht.
Hier erwähne ich vorzüglich der Erregung
eines angenehmen Lebensgefühls, das
als collektive Totalempfindung von dem Eindruck
des geſammten geſunden Zuſtandes der thieriſchen
Oekonomie aufs Gemeingefühl in der Seele ent-
ſteht. In der Regel bekommt dies Gefühl den
meiſten Verrückten und beſonders ſolchen wohl,
die hypochondriſch ſind, oder in deren Wahn
ſich Trübſinn und Schwermuth einmiſchen. Es
iſt Product der Geſundheit, entſpringt alſo von
jedem Mittel, das dieſe fördert und erhält, von
reiner Luft, geſunden Speiſen, Bewegung, Wär-
me, Reinlichkeit, Ordnung im Schlaf und in
allem, was zum Regime gehört. Alſo ſchon in
dieſer Rückſicht, ſofern die diätetiſche Pflege der
Irrenden auf ihre Seele zurück wirkt, iſt dieſelbe
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/187>, abgerufen am 21.11.2024.
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