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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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keit des Gehirns im Blödsinn, oder in dem soge-
nannten dumpfen Wahnsinn nützlich seyn kann.
Mutzel *) heilte durch sie einen Kranken, der
unbeweglich, wie eine Bildsäule war, nicht ass
noch trank, keinen Laut von sich gab, durch
Schläge und andere schmerzhafte Mittel nicht ge-
weckt, und durch fünf und zwanzig Gran Brech-
weinstein nur einmal zum Erbrechen gebracht
werden konnte. Das Tropfbad und das Unter-
tauchen im Wasser machte wenig Eindruck auf ihn.
Nun wurde die Krätze durch einen Schnitt einge-
pfropft. Am dritten Tage nachher entstand
ein Gefässfieber, am siebenten Tage brach die
Krätze aus und von der Zeit an verminderte sich
das Gefässfieber. Am neunten Tage fing der
Kranke an zu reden, und bekam allmälig seinen
Verstand wieder. Reuss **) sah, dass Tobsüch-
tige durch die Einimpfung der Pocken; Chi-
arugi
***), dass Melancholische durch Friesel,
und Wahnsinnige durch Flechten an den Füssen
und durch die Krätze geheilt wurden.


*) Medicinische und chirurgische Wahrnehmun-
gen. 2. Aufl. Berlin 1772. Zweite Sammlung.
60 S.
**) Dispensatorium universale, Argentorati 1786.
T. II. 232 S.
***) l. c. 209 S.

keit des Gehirns im Blödſinn, oder in dem ſoge-
nannten dumpfen Wahnſinn nützlich ſeyn kann.
Mutzel *) heilte durch ſie einen Kranken, der
unbeweglich, wie eine Bildſäule war, nicht aſs
noch trank, keinen Laut von ſich gab, durch
Schläge und andere ſchmerzhafte Mittel nicht ge-
weckt, und durch fünf und zwanzig Gran Brech-
weinſtein nur einmal zum Erbrechen gebracht
werden konnte. Das Tropfbad und das Unter-
tauchen im Waſſer machte wenig Eindruck auf ihn.
Nun wurde die Krätze durch einen Schnitt einge-
pfropft. Am dritten Tage nachher entſtand
ein Gefäſsfieber, am ſiebenten Tage brach die
Krätze aus und von der Zeit an verminderte ſich
das Gefäſsfieber. Am neunten Tage fing der
Kranke an zu reden, und bekam allmälig ſeinen
Verſtand wieder. Reuſs **) ſah, daſs Tobſüch-
tige durch die Einimpfung der Pocken; Chi-
arugi
***), daſs Melancholiſche durch Frieſel,
und Wahnſinnige durch Flechten an den Füſsen
und durch die Krätze geheilt wurden.


*) Mediciniſche und chirurgiſche Wahrnehmun-
gen. 2. Aufl. Berlin 1772. Zweite Sammlung.
60 S.
**) Diſpenſatorium univerſale, Argentorati 1786.
T. II. 232 S.
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[191/0196] keit des Gehirns im Blödſinn, oder in dem ſoge- nannten dumpfen Wahnſinn nützlich ſeyn kann. Mutzel *) heilte durch ſie einen Kranken, der unbeweglich, wie eine Bildſäule war, nicht aſs noch trank, keinen Laut von ſich gab, durch Schläge und andere ſchmerzhafte Mittel nicht ge- weckt, und durch fünf und zwanzig Gran Brech- weinſtein nur einmal zum Erbrechen gebracht werden konnte. Das Tropfbad und das Unter- tauchen im Waſſer machte wenig Eindruck auf ihn. Nun wurde die Krätze durch einen Schnitt einge- pfropft. Am dritten Tage nachher entſtand ein Gefäſsfieber, am ſiebenten Tage brach die Krätze aus und von der Zeit an verminderte ſich das Gefäſsfieber. Am neunten Tage fing der Kranke an zu reden, und bekam allmälig ſeinen Verſtand wieder. Reuſs **) ſah, daſs Tobſüch- tige durch die Einimpfung der Pocken; Chi- arugi ***), daſs Melancholiſche durch Frieſel, und Wahnſinnige durch Flechten an den Füſsen und durch die Krätze geheilt wurden. *) Mediciniſche und chirurgiſche Wahrnehmun- gen. 2. Aufl. Berlin 1772. Zweite Sammlung. 60 S. **) Diſpenſatorium univerſale, Argentorati 1786. T. II. 232 S. ***) l. c. 209 S.

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/196>, abgerufen am 21.11.2024.