welches die Verrückten wahrzunehmen meistens wohl im Stande sind. Dies erregt Verachtung. Wir haben aber dafür zu sorgen, dass das Gefühl der Furcht, um seine Wirkungen dauerhaft zu machen, mit dem Gefühle der Achtung verbunden sey. Die Strafe muss nicht ohne Grund gedroht, aber alsdenn auch, und zwar in Gegenwart der andern, vollzogen werden. Dies wirkt auf beide, auf den, der die Strafe empfängt, und auf die Zuschauer. Sie muss von einem eignen Büttel, und nie von Personen vollzogen werden, die den Kranken hauptsächlich zu besorgen haben. Zur Züchtigung nimmt man Ruthen oder Ochsenzie- mer. Zuweilen kann man auch, nach der Em- pfänglichkeit der Kranken, durch Einsperrung, Hunger und Beschimpfung strafen. Die Züchti- gung muss immer nach dem Urtheile der Ober- aufseher zuerkannt und diesem gemäss vollzogen werden. Nie darf es den gemeinen Wärtern er- laubt seyn, nach ihrem Gutdünken zu schlagen.
II. Objekte, die dem äusseren Sinn besonders dem Auge, Ohr und dem Getast zur Anschauung vorgehalten werden. Bey diesen Mitteln ist es auf die An- schauung derselben und auf das durch sie erregte Spiel der übrigen Seelenkräfte abgesehn. Wäh- rend dem, dass dies geschieht, ist die Seele ge- nöthigt, diejenige Thätigkeit einzustellen, in welcher sie eben begriffen ist. Wir machen einen doppelten Gebrauch von diesen Mitteln. Entwe-
welches die Verrückten wahrzunehmen meiſtens wohl im Stande ſind. Dies erregt Verachtung. Wir haben aber dafür zu ſorgen, daſs das Gefühl der Furcht, um ſeine Wirkungen dauerhaft zu machen, mit dem Gefühle der Achtung verbunden ſey. Die Strafe muſs nicht ohne Grund gedroht, aber alsdenn auch, und zwar in Gegenwart der andern, vollzogen werden. Dies wirkt auf beide, auf den, der die Strafe empfängt, und auf die Zuſchauer. Sie muſs von einem eignen Büttel, und nie von Perſonen vollzogen werden, die den Kranken hauptſächlich zu beſorgen haben. Zur Züchtigung nimmt man Ruthen oder Ochſenzie- mer. Zuweilen kann man auch, nach der Em- pfänglichkeit der Kranken, durch Einſperrung, Hunger und Beſchimpfung ſtrafen. Die Züchti- gung muſs immer nach dem Urtheile der Ober- aufſeher zuerkannt und dieſem gemäſs vollzogen werden. Nie darf es den gemeinen Wärtern er- laubt ſeyn, nach ihrem Gutdünken zu ſchlagen.
II. Objekte, die dem äuſseren Sinn beſonders dem Auge, Ohr und dem Getaſt zur Anſchauung vorgehalten werden. Bey dieſen Mitteln iſt es auf die An- ſchauung derſelben und auf das durch ſie erregte Spiel der übrigen Seelenkräfte abgeſehn. Wäh- rend dem, daſs dies geſchieht, iſt die Seele ge- nöthigt, diejenige Thätigkeit einzuſtellen, in welcher ſie eben begriffen iſt. Wir machen einen doppelten Gebrauch von dieſen Mitteln. Entwe-
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welches die Verrückten wahrzunehmen meiſtens
wohl im Stande ſind. Dies erregt Verachtung.
Wir haben aber dafür zu ſorgen, daſs das Gefühl
der Furcht, um ſeine Wirkungen dauerhaft zu
machen, mit dem Gefühle der Achtung verbunden
ſey. Die Strafe muſs nicht ohne Grund gedroht,
aber alsdenn auch, und zwar in Gegenwart der
andern, vollzogen werden. Dies wirkt auf
beide, auf den, der die Strafe empfängt, und auf
die Zuſchauer. Sie muſs von einem eignen Büttel,
und nie von Perſonen vollzogen werden, die den
Kranken hauptſächlich zu beſorgen haben. Zur
Züchtigung nimmt man Ruthen oder Ochſenzie-
mer. Zuweilen kann man auch, nach der Em-
pfänglichkeit der Kranken, durch Einſperrung,
Hunger und Beſchimpfung ſtrafen. Die Züchti-
gung muſs immer nach dem Urtheile der Ober-
aufſeher zuerkannt und dieſem gemäſs vollzogen
werden. Nie darf es den gemeinen Wärtern er-
laubt ſeyn, nach ihrem Gutdünken zu ſchlagen.
II. Objekte, die dem äuſseren Sinn
beſonders dem Auge, Ohr und dem
Getaſt zur Anſchauung vorgehalten
werden. Bey dieſen Mitteln iſt es auf die An-
ſchauung derſelben und auf das durch ſie erregte
Spiel der übrigen Seelenkräfte abgeſehn. Wäh-
rend dem, daſs dies geſchieht, iſt die Seele ge-
nöthigt, diejenige Thätigkeit einzuſtellen, in
welcher ſie eben begriffen iſt. Wir machen einen
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/203>, abgerufen am 22.11.2024.
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