vorher der allgemeinen Differenz der Heilmittel gedenken, als nach welcher die verschiedenen Ar- ten von Curmethoden bestimmt werden. Heil- mittel sind Dinge, durch deren An- wendung auf thierische Körper wir die Krankheiten derselben zu entfernen suchen. Es ist gleich viel, ob diese Dinge kör- perlicher oder unkörperlicher Natur, Substan- zen der Erde, oder ätherische Stoffe sind, die dem ganzen Weltall angehören, ob sie durch me- chanische, chemische oder andere Kräfte wirken. Ihre Realität gründet sich also auf ein Verhältniss, das zwischen ihnen und dem Zweck Statt findet, den sie erreichen sollen. Es giebt daher in der Welt, die als ein Mannichfaltiges nach den Ge- setzen der Causalität existirt, keine Dinge, die ausschliesslich zu dem Zweck vorhanden wären, Krankheiten zu heilen. Ihre Zweckmässigkeit ist bedingt, und so mannichfaltig als die Gegen- stände, auf welche sie angewandt werden. Das nemliche Ding, welches der Arzt zur Heilung der Krankheiten gebraucht, kann auch zu an- dern Zwecken, z. B. zur Zerstörung der Organi- sation angewendet werden, und ist alsdenn, in dieser andern Beziehung, ein Gift. Die Heil- mittellehre hat also in der Reihe der Naturdinge kein bestimmtes Gebiet (dominium), das sie als Eigenthum beherrscht, sondern wählt aus dem Inbegriff aller solche aus, die Behufs des Zwecks der Heilung auf den menschlichen Körper taug-
vorher der allgemeinen Differenz der Heilmittel gedenken, als nach welcher die verſchiedenen Ar- ten von Curmethoden beſtimmt werden. Heil- mittel ſind Dinge, durch deren An- wendung auf thieriſche Körper wir die Krankheiten derſelben zu entfernen ſuchen. Es iſt gleich viel, ob dieſe Dinge kör- perlicher oder unkörperlicher Natur, Subſtan- zen der Erde, oder ätheriſche Stoffe ſind, die dem ganzen Weltall angehören, ob ſie durch me- chaniſche, chemiſche oder andere Kräfte wirken. Ihre Realität gründet ſich alſo auf ein Verhältniſs, das zwiſchen ihnen und dem Zweck Statt findet, den ſie erreichen ſollen. Es giebt daher in der Welt, die als ein Mannichfaltiges nach den Ge- ſetzen der Cauſalität exiſtirt, keine Dinge, die ausſchlieſslich zu dem Zweck vorhanden wären, Krankheiten zu heilen. Ihre Zweckmäſsigkeit iſt bedingt, und ſo mannichfaltig als die Gegen- ſtände, auf welche ſie angewandt werden. Das nemliche Ding, welches der Arzt zur Heilung der Krankheiten gebraucht, kann auch zu an- dern Zwecken, z. B. zur Zerſtörung der Organi- ſation angewendet werden, und iſt alsdenn, in dieſer andern Beziehung, ein Gift. Die Heil- mittellehre hat alſo in der Reihe der Naturdinge kein beſtimmtes Gebiet (dominium), das ſie als Eigenthum beherrſcht, ſondern wählt aus dem Inbegriff aller ſolche aus, die Behufs des Zwecks der Heilung auf den menſchlichen Körper taug-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0028"n="23"/>
vorher der allgemeinen Differenz der Heilmittel<lb/>
gedenken, als nach welcher die verſchiedenen Ar-<lb/>
ten von Curmethoden beſtimmt werden. <hirendition="#g">Heil-<lb/>
mittel ſind Dinge, durch deren An-<lb/>
wendung auf thieriſche Körper wir<lb/>
die Krankheiten derſelben zu entfernen<lb/>ſuchen</hi>. Es iſt gleich viel, ob dieſe Dinge kör-<lb/>
perlicher oder unkörperlicher Natur, Subſtan-<lb/>
zen der Erde, oder ätheriſche Stoffe ſind, die<lb/>
dem ganzen Weltall angehören, ob ſie durch me-<lb/>
chaniſche, chemiſche oder andere Kräfte wirken.<lb/>
Ihre Realität gründet ſich alſo auf ein Verhältniſs,<lb/>
das zwiſchen ihnen und dem Zweck Statt findet,<lb/>
den ſie erreichen ſollen. Es giebt daher in der<lb/>
Welt, die als ein Mannichfaltiges nach den Ge-<lb/>ſetzen der Cauſalität exiſtirt, keine Dinge, die<lb/>
ausſchlieſslich zu dem Zweck vorhanden wären,<lb/>
Krankheiten zu heilen. Ihre Zweckmäſsigkeit<lb/>
iſt bedingt, und ſo mannichfaltig als die Gegen-<lb/>ſtände, auf welche ſie angewandt werden. Das<lb/>
nemliche Ding, welches der Arzt zur Heilung<lb/>
der Krankheiten gebraucht, kann auch zu an-<lb/>
dern Zwecken, z. B. zur Zerſtörung der Organi-<lb/>ſation angewendet werden, und iſt alsdenn, in<lb/>
dieſer andern Beziehung, ein <hirendition="#g">Gift</hi>. Die Heil-<lb/>
mittellehre hat alſo in der Reihe der Naturdinge<lb/>
kein beſtimmtes <hirendition="#g">Gebiet</hi> (dominium), das ſie<lb/>
als Eigenthum beherrſcht, ſondern wählt aus dem<lb/>
Inbegriff aller ſolche aus, die Behufs des Zwecks<lb/>
der Heilung auf den menſchlichen Körper taug-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[23/0028]
vorher der allgemeinen Differenz der Heilmittel
gedenken, als nach welcher die verſchiedenen Ar-
ten von Curmethoden beſtimmt werden. Heil-
mittel ſind Dinge, durch deren An-
wendung auf thieriſche Körper wir
die Krankheiten derſelben zu entfernen
ſuchen. Es iſt gleich viel, ob dieſe Dinge kör-
perlicher oder unkörperlicher Natur, Subſtan-
zen der Erde, oder ätheriſche Stoffe ſind, die
dem ganzen Weltall angehören, ob ſie durch me-
chaniſche, chemiſche oder andere Kräfte wirken.
Ihre Realität gründet ſich alſo auf ein Verhältniſs,
das zwiſchen ihnen und dem Zweck Statt findet,
den ſie erreichen ſollen. Es giebt daher in der
Welt, die als ein Mannichfaltiges nach den Ge-
ſetzen der Cauſalität exiſtirt, keine Dinge, die
ausſchlieſslich zu dem Zweck vorhanden wären,
Krankheiten zu heilen. Ihre Zweckmäſsigkeit
iſt bedingt, und ſo mannichfaltig als die Gegen-
ſtände, auf welche ſie angewandt werden. Das
nemliche Ding, welches der Arzt zur Heilung
der Krankheiten gebraucht, kann auch zu an-
dern Zwecken, z. B. zur Zerſtörung der Organi-
ſation angewendet werden, und iſt alsdenn, in
dieſer andern Beziehung, ein Gift. Die Heil-
mittellehre hat alſo in der Reihe der Naturdinge
kein beſtimmtes Gebiet (dominium), das ſie
als Eigenthum beherrſcht, ſondern wählt aus dem
Inbegriff aller ſolche aus, die Behufs des Zwecks
der Heilung auf den menſchlichen Körper taug-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/28>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.