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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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nach Thouin in dem Amsterdammer Irrenhau-
se geschehen soll *).

Der Reconvalescent muss in dem nemlichen
Gang der Kur, bey welchem er zu genesen anfing,
erhalten werden, bis seine Genesung vollendet ist.
Sein durch die Kur bestimmter äusserer Zustand
muss nie durch Sprünge, sondern allmählich zu
dem freien Zustand übergehn, den er sich nach seiner
eignen Willkühr bestimmt. Daher hüte man sich,
ihn zu früh aus dem Irrenhause in den Schooss
seiner Familie zurückzugeben. Es sind der Bei-
spiele zu viele, dass darnach leicht Rückfälle ent-
stehn. Der Kranke geht durch einen Sprung
von einem äusseren Zustand zu einem anderen
über, ehe er noch Festigkeit genug hat. Er
kömmt unter Menschen, die ihn, seiner Seelen-
schwäche angemessen, nicht mit genugsamer Deli-
katesse zu behandlen wissen; er fühlt sich der
Kuratel einer höheren Gewalt entlassen, miss-
braucht seine Freiheit und Unabhängigkeit und
überlässt sich seinen Launen, Aufbrausungen und
Fehlern in der Lebensordnung, die ihn leicht in
seine vorige Krankheit zurückwerfen. Man su-
che den Reconvalescenten zu zerstreuen, ihn mit
Gärtnerey, Feldarbeit, Professionen und solchen
Künsten zu beschäfftigen, die seine Neigungen
anziehen. Dazu muss also jede Irrenanstalt Ge-
legenheit haben. Man hüte ihn für heftigen An-

*) Pinel l. c. 212 S.

nach Thouin in dem Amſterdammer Irrenhau-
ſe geſchehen ſoll *).

Der Reconvaleſcent muſs in dem nemlichen
Gang der Kur, bey welchem er zu geneſen anfing,
erhalten werden, bis ſeine Geneſung vollendet iſt.
Sein durch die Kur beſtimmter äuſserer Zuſtand
muſs nie durch Sprünge, ſondern allmählich zu
dem freien Zuſtand übergehn, den er ſich nach ſeiner
eignen Willkühr beſtimmt. Daher hüte man ſich,
ihn zu früh aus dem Irrenhauſe in den Schooſs
ſeiner Familie zurückzugeben. Es ſind der Bei-
ſpiele zu viele, daſs darnach leicht Rückfälle ent-
ſtehn. Der Kranke geht durch einen Sprung
von einem äuſseren Zuſtand zu einem anderen
über, ehe er noch Feſtigkeit genug hat. Er
kömmt unter Menſchen, die ihn, ſeiner Seelen-
ſchwäche angemeſſen, nicht mit genugſamer Deli-
kateſſe zu behandlen wiſſen; er fühlt ſich der
Kuratel einer höheren Gewalt entlaſſen, miſs-
braucht ſeine Freiheit und Unabhängigkeit und
überläſst ſich ſeinen Launen, Aufbrauſungen und
Fehlern in der Lebensordnung, die ihn leicht in
ſeine vorige Krankheit zurückwerfen. Man ſu-
che den Reconvaleſcenten zu zerſtreuen, ihn mit
Gärtnerey, Feldarbeit, Profeſſionen und ſolchen
Künſten zu beſchäfftigen, die ſeine Neigungen
anziehen. Dazu muſs alſo jede Irrenanſtalt Ge-
legenheit haben. Man hüte ihn für heftigen An-

*) Pinel l. c. 212 S.
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[450/0455] nach Thouin in dem Amſterdammer Irrenhau- ſe geſchehen ſoll *). Der Reconvaleſcent muſs in dem nemlichen Gang der Kur, bey welchem er zu geneſen anfing, erhalten werden, bis ſeine Geneſung vollendet iſt. Sein durch die Kur beſtimmter äuſserer Zuſtand muſs nie durch Sprünge, ſondern allmählich zu dem freien Zuſtand übergehn, den er ſich nach ſeiner eignen Willkühr beſtimmt. Daher hüte man ſich, ihn zu früh aus dem Irrenhauſe in den Schooſs ſeiner Familie zurückzugeben. Es ſind der Bei- ſpiele zu viele, daſs darnach leicht Rückfälle ent- ſtehn. Der Kranke geht durch einen Sprung von einem äuſseren Zuſtand zu einem anderen über, ehe er noch Feſtigkeit genug hat. Er kömmt unter Menſchen, die ihn, ſeiner Seelen- ſchwäche angemeſſen, nicht mit genugſamer Deli- kateſſe zu behandlen wiſſen; er fühlt ſich der Kuratel einer höheren Gewalt entlaſſen, miſs- braucht ſeine Freiheit und Unabhängigkeit und überläſst ſich ſeinen Launen, Aufbrauſungen und Fehlern in der Lebensordnung, die ihn leicht in ſeine vorige Krankheit zurückwerfen. Man ſu- che den Reconvaleſcenten zu zerſtreuen, ihn mit Gärtnerey, Feldarbeit, Profeſſionen und ſolchen Künſten zu beſchäfftigen, die ſeine Neigungen anziehen. Dazu muſs alſo jede Irrenanſtalt Ge- legenheit haben. Man hüte ihn für heftigen An- *) Pinel l. c. 212 S.

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/455>, abgerufen am 22.11.2024.