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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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IV. Orographie.
ansteht, aber die höheren Gipfel scheinen alle Vulkane zu sein. Un-
zweifelhaft ist dies beim Komaga-take der Fall. Langgestreckt, steil-
wandig, zerrissen und nackt erscheint die Masse dieses mächtigen
Berges, dessen Gipfel ein See krönen soll und der schon von Mikawa
aus am Tokaido sichtbar ist.

Eine dritte parallele Kette wurde von mir das Schneegebirge*)
genannt. Man heisst sie auch wohl die Hidakette (Hida-no-yama),
weil sie an der Grenze von Hida und Shinano am charakteristischsten
entwickelt ist. Gleich den beiden anderen ist ihre Richtung NNO.
zu SSW. Es ist der mächtigste Gebirgszug Japans, einheitlich in
seinem geologischen Bau, steil zu ansehnlichen Höhen emporsteigend,
wilder, zerrissener und schwieriger zu übersteigen als jedes andere,
ein Gebirge, das schon aus weiter Ferne, z. B. vom Gipfel des Fuji,
des Asama-yama und anderen hohen Aussichtspunkten einen impo-
nierenden Eindruck macht, das an vielen Stellen mauerartig empor-
zusteigen scheint und noch im Spätsommer mächtige Schneestreifen,
selbst in den Passübergängen, zeigt. Von dem Japanischen Meere,
zu dem seine Granitfelsen steil, wenn auch nicht hoch abfallen,
erstreckt es sich bis zu den Quellen des Masuda-gawa am Fusse
des Norikura, indem es erst Echiu vom südlichen Echigo, dann
von Shinano scheidet und im weiteren Verlaufe dieses von Hida
trennt. Ein tiefer Sattel tritt zwischen Norikura und On-take und
endet die südliche Richtung des Gebirges; auch erreicht nach
dem On-take keine der vielen Höhen, welche nun in der Wasser-
scheide zwischen Kiso-gawa und Hida-gawa (Masuda-gawa) weiter
auftreten, mehr als 1600 Meter. Dennoch muss dieser dem Kiso
parallele und gen Südwesten gerichtete Höhenzug seinem ganzen
Charakter nach als die Fortsetzung der Hidakette angesehen werden.

Auf der Ostseite senkt sich der Fuss des ganzen Gebirges rasch
zu den Thälern des Hime-gawa und Sai-gawa, nach Südosten ebenso
zum Kiso-gawa. Granit (und stellenweise Diabas) bildet hier allent-
halben die Unterlage, ob er aber bis zu den steilen Spitzen der hohen
Hidaberge reicht oder diese nicht auch, wie ihre äussersten Pfosten
On-take und Tate-yama, vulkanisch sind, ist noch nicht genügend
erwiesen. Auf der Hida-Seite im Westen senkt sich das Gebirge
mehr allmählich zum Kurobe-gawa, Takara-gawa und Masura-gawa.
Die schönsten Wälder von hinoki und anderen geschätzten Nadel-
hölzern, welche das Land kennt, findet man in diesem Gebirge, und
wo in ansehnlichen Höhen der Baumwuchs aufhört, treten auf vielen

*) Reise in Nippon 1874, in Petermann's Geogr. Mittheilungen 1875, pag. 220.

IV. Orographie.
ansteht, aber die höheren Gipfel scheinen alle Vulkane zu sein. Un-
zweifelhaft ist dies beim Komaga-take der Fall. Langgestreckt, steil-
wandig, zerrissen und nackt erscheint die Masse dieses mächtigen
Berges, dessen Gipfel ein See krönen soll und der schon von Mikawa
aus am Tôkaidô sichtbar ist.

Eine dritte parallele Kette wurde von mir das Schneegebirge*)
genannt. Man heisst sie auch wohl die Hidakette (Hida-no-yama),
weil sie an der Grenze von Hida und Shinano am charakteristischsten
entwickelt ist. Gleich den beiden anderen ist ihre Richtung NNO.
zu SSW. Es ist der mächtigste Gebirgszug Japans, einheitlich in
seinem geologischen Bau, steil zu ansehnlichen Höhen emporsteigend,
wilder, zerrissener und schwieriger zu übersteigen als jedes andere,
ein Gebirge, das schon aus weiter Ferne, z. B. vom Gipfel des Fuji,
des Asama-yama und anderen hohen Aussichtspunkten einen impo-
nierenden Eindruck macht, das an vielen Stellen mauerartig empor-
zusteigen scheint und noch im Spätsommer mächtige Schneestreifen,
selbst in den Passübergängen, zeigt. Von dem Japanischen Meere,
zu dem seine Granitfelsen steil, wenn auch nicht hoch abfallen,
erstreckt es sich bis zu den Quellen des Masuda-gawa am Fusse
des Norikura, indem es erst Echiu vom südlichen Echigo, dann
von Shinano scheidet und im weiteren Verlaufe dieses von Hida
trennt. Ein tiefer Sattel tritt zwischen Norikura und On-take und
endet die südliche Richtung des Gebirges; auch erreicht nach
dem On-take keine der vielen Höhen, welche nun in der Wasser-
scheide zwischen Kiso-gawa und Hida-gawa (Masuda-gawa) weiter
auftreten, mehr als 1600 Meter. Dennoch muss dieser dem Kiso
parallele und gen Südwesten gerichtete Höhenzug seinem ganzen
Charakter nach als die Fortsetzung der Hidakette angesehen werden.

Auf der Ostseite senkt sich der Fuss des ganzen Gebirges rasch
zu den Thälern des Hime-gawa und Sai-gawa, nach Südosten ebenso
zum Kiso-gawa. Granit (und stellenweise Diabas) bildet hier allent-
halben die Unterlage, ob er aber bis zu den steilen Spitzen der hohen
Hidaberge reicht oder diese nicht auch, wie ihre äussersten Pfosten
On-take und Tate-yama, vulkanisch sind, ist noch nicht genügend
erwiesen. Auf der Hida-Seite im Westen senkt sich das Gebirge
mehr allmählich zum Kurobe-gawa, Takara-gawa und Masura-gawa.
Die schönsten Wälder von hinoki und anderen geschätzten Nadel-
hölzern, welche das Land kennt, findet man in diesem Gebirge, und
wo in ansehnlichen Höhen der Baumwuchs aufhört, treten auf vielen

*) Reise in Nippon 1874, in Petermann’s Geogr. Mittheilungen 1875, pag. 220.
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[84/0106] IV. Orographie. ansteht, aber die höheren Gipfel scheinen alle Vulkane zu sein. Un- zweifelhaft ist dies beim Komaga-take der Fall. Langgestreckt, steil- wandig, zerrissen und nackt erscheint die Masse dieses mächtigen Berges, dessen Gipfel ein See krönen soll und der schon von Mikawa aus am Tôkaidô sichtbar ist. Eine dritte parallele Kette wurde von mir das Schneegebirge *) genannt. Man heisst sie auch wohl die Hidakette (Hida-no-yama), weil sie an der Grenze von Hida und Shinano am charakteristischsten entwickelt ist. Gleich den beiden anderen ist ihre Richtung NNO. zu SSW. Es ist der mächtigste Gebirgszug Japans, einheitlich in seinem geologischen Bau, steil zu ansehnlichen Höhen emporsteigend, wilder, zerrissener und schwieriger zu übersteigen als jedes andere, ein Gebirge, das schon aus weiter Ferne, z. B. vom Gipfel des Fuji, des Asama-yama und anderen hohen Aussichtspunkten einen impo- nierenden Eindruck macht, das an vielen Stellen mauerartig empor- zusteigen scheint und noch im Spätsommer mächtige Schneestreifen, selbst in den Passübergängen, zeigt. Von dem Japanischen Meere, zu dem seine Granitfelsen steil, wenn auch nicht hoch abfallen, erstreckt es sich bis zu den Quellen des Masuda-gawa am Fusse des Norikura, indem es erst Echiu vom südlichen Echigo, dann von Shinano scheidet und im weiteren Verlaufe dieses von Hida trennt. Ein tiefer Sattel tritt zwischen Norikura und On-take und endet die südliche Richtung des Gebirges; auch erreicht nach dem On-take keine der vielen Höhen, welche nun in der Wasser- scheide zwischen Kiso-gawa und Hida-gawa (Masuda-gawa) weiter auftreten, mehr als 1600 Meter. Dennoch muss dieser dem Kiso parallele und gen Südwesten gerichtete Höhenzug seinem ganzen Charakter nach als die Fortsetzung der Hidakette angesehen werden. Auf der Ostseite senkt sich der Fuss des ganzen Gebirges rasch zu den Thälern des Hime-gawa und Sai-gawa, nach Südosten ebenso zum Kiso-gawa. Granit (und stellenweise Diabas) bildet hier allent- halben die Unterlage, ob er aber bis zu den steilen Spitzen der hohen Hidaberge reicht oder diese nicht auch, wie ihre äussersten Pfosten On-take und Tate-yama, vulkanisch sind, ist noch nicht genügend erwiesen. Auf der Hida-Seite im Westen senkt sich das Gebirge mehr allmählich zum Kurobe-gawa, Takara-gawa und Masura-gawa. Die schönsten Wälder von hinoki und anderen geschätzten Nadel- hölzern, welche das Land kennt, findet man in diesem Gebirge, und wo in ansehnlichen Höhen der Baumwuchs aufhört, treten auf vielen *) Reise in Nippon 1874, in Petermann’s Geogr. Mittheilungen 1875, pag. 220.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/106>, abgerufen am 28.11.2024.