Benennung von einer Klage des Yamato-Dake über den Verlust seiner geliebten Frau, Tachibana-Hime, ab, die sich bei der Ueberfahrt über die Yedobucht in das stürmische Meer gestürzt hatte, um Neptun (Kompira) zu besänftigen und ihrem Manne die glückliche Landung auf der Halbinsel Kadzusa-Awa zu ermöglichen.
Bemerkenswerth ist noch, was im Kojiki als Veranlassung zu dieser Eroberung des Kuwanto mitgetheilt wird. Hiernach hörte Keiko Tenno von einem Lande Hikami im Norden seines Reiches, das sehr fruchtbar sei und dessen Bewohner, die Emishi, sich tättowierten und ihr Haar wild und ohne jede Pflege wachsen liessen. Diese Emishi, auch Ezo (Yezo) genannt, waren offenbar nahe Verwandte der Ainos. Aus dem Umstande, dass sie auffielen, dürfen wir schliessen, dass bis dahin die Begründer und Erweiterer der Herrschaft Yamato mit solchen Ureinwohnern nicht in Berührung gekommen waren, ihre Kämpfe sich vielmehr ausschliesslich auf verwandte und gleich ihnen eingewanderte Stämme bezogen hatten.
Unter der Regierung des 14. Mikado Chuai-Tenno (191--200 n. Chr.) empörten sich die Kumaso in Tsukushi und machten eine Expedition nach dieser Insel nöthig. Chuai führte selbst seine Armee, begleitet von Okinaga-Tarashi-Hime, seiner durch Schönheit, Intelligenz, Frömmigkeit, Energie und kriegerischen Muth gleich aus- gezeichneten Gemahlin, welcher Japan unter dem Namen Jingu-Kogo ein dankbares Andenken bewahrt hat. In Kiushiu fasste sie den Plan einer Expedition nach Korea, welchen der greise Rath Take- nouchi theilte, der Mikado aber verwarf. Dieser starb jedoch bald nachher, ohne die in Aussicht stehenden Vaterfreuden zu erleben. Sein Tod wurde geheim gehalten, Jingu-Kogo übernahm, unterstützt durch Takenouchi, die Regentschaft und schritt alsbald zur Ausfüh- rung ihres Lieblingsgedankens. Sie liess eine Flotte ausrüsten, über- nahm in männlicher Rüstung selbst den Oberbefehl und segelte in Begleitung ihres treuen Rathes nach Shiraki ab, indem sie das Com- mando in Kiushiu einem der Generäle überliess (202 n. Chr.).
Der König von Shiraki, bestürzt durch die Nachricht von der Landung einer japanischen Flotte, bat um Frieden, schickte Geschenke, versprach Tribut und stellte Geiseln. Auch die Könige von Koma und Kudara (siehe Kartenskizze) unterwarfen sich, vom allgemeinen Schrecken erfasst, und versprachen die Zahlung von Tribut. Nach- dem die Kaiserin noch einige Functionäre zurückgelassen hatte, kehrte sie mit der Flotte, den Geschenken und Geiseln nach Tsukushi (Kiushiu) zurück und gebar hier einen Sohn, Ojin-Tenno, der als 15. Mikado ihr später in der Regierung folgte.
I. Geschichte des japanischen Volkes.
Benennung von einer Klage des Yamato-Dake über den Verlust seiner geliebten Frau, Tachibana-Hime, ab, die sich bei der Ueberfahrt über die Yedobucht in das stürmische Meer gestürzt hatte, um Neptun (Kompira) zu besänftigen und ihrem Manne die glückliche Landung auf der Halbinsel Kadzusa-Awa zu ermöglichen.
Bemerkenswerth ist noch, was im Kojiki als Veranlassung zu dieser Eroberung des Kuwantô mitgetheilt wird. Hiernach hörte Keikô Tennô von einem Lande Hikami im Norden seines Reiches, das sehr fruchtbar sei und dessen Bewohner, die Emishi, sich tättowierten und ihr Haar wild und ohne jede Pflege wachsen liessen. Diese Emishi, auch Ezo (Yezo) genannt, waren offenbar nahe Verwandte der Ainos. Aus dem Umstande, dass sie auffielen, dürfen wir schliessen, dass bis dahin die Begründer und Erweiterer der Herrschaft Yamato mit solchen Ureinwohnern nicht in Berührung gekommen waren, ihre Kämpfe sich vielmehr ausschliesslich auf verwandte und gleich ihnen eingewanderte Stämme bezogen hatten.
Unter der Regierung des 14. Mikado Chuai-Tennô (191—200 n. Chr.) empörten sich die Kumaso in Tsukushi und machten eine Expedition nach dieser Insel nöthig. Chuai führte selbst seine Armee, begleitet von Okinaga-Tarashi-Hime, seiner durch Schönheit, Intelligenz, Frömmigkeit, Energie und kriegerischen Muth gleich aus- gezeichneten Gemahlin, welcher Japan unter dem Namen Jingu-Kôgô ein dankbares Andenken bewahrt hat. In Kiushiu fasste sie den Plan einer Expedition nach Korea, welchen der greise Rath Take- nouchi theilte, der Mikado aber verwarf. Dieser starb jedoch bald nachher, ohne die in Aussicht stehenden Vaterfreuden zu erleben. Sein Tod wurde geheim gehalten, Jingu-Kôgô übernahm, unterstützt durch Takenouchi, die Regentschaft und schritt alsbald zur Ausfüh- rung ihres Lieblingsgedankens. Sie liess eine Flotte ausrüsten, über- nahm in männlicher Rüstung selbst den Oberbefehl und segelte in Begleitung ihres treuen Rathes nach Shiraki ab, indem sie das Com- mando in Kiushiu einem der Generäle überliess (202 n. Chr.).
Der König von Shiraki, bestürzt durch die Nachricht von der Landung einer japanischen Flotte, bat um Frieden, schickte Geschenke, versprach Tribut und stellte Geiseln. Auch die Könige von Koma und Kudara (siehe Kartenskizze) unterwarfen sich, vom allgemeinen Schrecken erfasst, und versprachen die Zahlung von Tribut. Nach- dem die Kaiserin noch einige Functionäre zurückgelassen hatte, kehrte sie mit der Flotte, den Geschenken und Geiseln nach Tsukushi (Kiushiu) zurück und gebar hier einen Sohn, Ôjin-Tennô, der als 15. Mikado ihr später in der Regierung folgte.
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I. Geschichte des japanischen Volkes.
Benennung von einer Klage des Yamato-Dake über den Verlust seiner
geliebten Frau, Tachibana-Hime, ab, die sich bei der Ueberfahrt
über die Yedobucht in das stürmische Meer gestürzt hatte, um Neptun
(Kompira) zu besänftigen und ihrem Manne die glückliche Landung
auf der Halbinsel Kadzusa-Awa zu ermöglichen.
Bemerkenswerth ist noch, was im Kojiki als Veranlassung zu
dieser Eroberung des Kuwantô mitgetheilt wird. Hiernach hörte Keikô
Tennô von einem Lande Hikami im Norden seines Reiches, das
sehr fruchtbar sei und dessen Bewohner, die Emishi, sich tättowierten
und ihr Haar wild und ohne jede Pflege wachsen liessen. Diese
Emishi, auch Ezo (Yezo) genannt, waren offenbar nahe Verwandte
der Ainos. Aus dem Umstande, dass sie auffielen, dürfen wir schliessen,
dass bis dahin die Begründer und Erweiterer der Herrschaft Yamato
mit solchen Ureinwohnern nicht in Berührung gekommen waren, ihre
Kämpfe sich vielmehr ausschliesslich auf verwandte und gleich ihnen
eingewanderte Stämme bezogen hatten.
Unter der Regierung des 14. Mikado Chuai-Tennô (191—200
n. Chr.) empörten sich die Kumaso in Tsukushi und machten eine
Expedition nach dieser Insel nöthig. Chuai führte selbst seine Armee,
begleitet von Okinaga-Tarashi-Hime, seiner durch Schönheit,
Intelligenz, Frömmigkeit, Energie und kriegerischen Muth gleich aus-
gezeichneten Gemahlin, welcher Japan unter dem Namen Jingu-Kôgô
ein dankbares Andenken bewahrt hat. In Kiushiu fasste sie den
Plan einer Expedition nach Korea, welchen der greise Rath Take-
nouchi theilte, der Mikado aber verwarf. Dieser starb jedoch bald
nachher, ohne die in Aussicht stehenden Vaterfreuden zu erleben.
Sein Tod wurde geheim gehalten, Jingu-Kôgô übernahm, unterstützt
durch Takenouchi, die Regentschaft und schritt alsbald zur Ausfüh-
rung ihres Lieblingsgedankens. Sie liess eine Flotte ausrüsten, über-
nahm in männlicher Rüstung selbst den Oberbefehl und segelte in
Begleitung ihres treuen Rathes nach Shiraki ab, indem sie das Com-
mando in Kiushiu einem der Generäle überliess (202 n. Chr.).
Der König von Shiraki, bestürzt durch die Nachricht von der
Landung einer japanischen Flotte, bat um Frieden, schickte Geschenke,
versprach Tribut und stellte Geiseln. Auch die Könige von Koma
und Kudara (siehe Kartenskizze) unterwarfen sich, vom allgemeinen
Schrecken erfasst, und versprachen die Zahlung von Tribut. Nach-
dem die Kaiserin noch einige Functionäre zurückgelassen hatte, kehrte
sie mit der Flotte, den Geschenken und Geiseln nach Tsukushi (Kiushiu)
zurück und gebar hier einen Sohn, Ôjin-Tennô, der als 15. Mikado
ihr später in der Regierung folgte.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/274>, abgerufen am 24.11.2024.
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