1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
ableitete. In diese Zeit fällt auch die Entdeckung der ersten Gold- mine, sowie die Einführung der Orangenbäume aus China.
Die Zeit der vier folgenden Herrscher ist durch wenige hervor- ragende Ereignisse ausgezeichnet. Um das Volk gegen Hungersnoth in Folge von Missernten des Reis zu schützen, werden nicht blos Magazine angelegt und in billigen Jahren gefüllt, sondern auch der Anbau anderer Feldfrüchte aufs eifrigste gefördert.
Einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte Japans füllt die Zeit des Kuwammu-Tenno*) (782--807) aus, der zu den hervorragend- sten Fürsten des Landes zählt, dessen Geschicke er als 50. Mikado mit Umsicht und Erfolg leitete. Auf allen Gebieten zeigte er ein hohes Interesse und Verständniss für die vielseitigen Bedürfnisse des Landes. Er sorgte für Anlage von Dämmen und Canälen zur Rege- lung der Flussläufe und Förderung des Verkehres, machte dem Vaga- bundenwesen ein Ende und brachte Ordnung in den Beamtenstand. Für die Bildung der Jugend und die religiösen Bedürfnisse war sein Interesse nicht minder wach. Die bemerkenswertheste That seiner Regierung ist jedoch die Verlegung der Residenz nach Kadzuno, dem späteren Kioto (794), wo er zur Rechten des Kamo-gawa das Heianjo (Friedensschloss) erbauen liess, worin von da ab alle seine Nachfolger bis zum Jahre 1868 wohnten. Es hatte 12 Thore, und die es umgebende Stadt zählte bald 1216 Strassen und wurde in der Folge wegen ihrer schönen Lage, regelmässigen Bauart, Reinlichkeit, wegen ihrer Baudenkmäler und historischen Erinnerungen, sowie als Sitz der Gelehrsamkeit und Kunst der hochgepriesene Mittelpunkt des Landes. Buddhistischer Aberglaube hatte um jene Zeit in allen Schichten der Gesellschaft tiefe Wurzeln geschlagen. Unter den vielen auffallenden Producten desselben ist hier vor allem der Glaube er- wähnenswerth, dass gen Nordosten das Ki-mon (Teufelsthor) liege, durch welches alles Böse komme. Kuwammu-Tenno liess desshalb auf dem höchsten Berge im Nordosten seines Schlosses, dem Hiye- san, einen prächtigen Tempel **) errichten und übergab ihn der Tendai-Secte, damit diese hier als Wächter über das Heianjo und die Stadt durch beständiges Recitieren von Gebetsformeln, Läuten und Pauken das Böse fernhalte. Hierdurch wurde der Grund gelegt zu dem hohen Ansehen, welches der Hiye-san als heiliger Berg in der Folge genoss, und zu dem mächtigen Einfluss der Tendai-Secte, den erst Nobunaga brach.
*) Sprich Kammu Tenno.
**) Buddhistische Tempel sind zugleich Klöster.
1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
ableitete. In diese Zeit fällt auch die Entdeckung der ersten Gold- mine, sowie die Einführung der Orangenbäume aus China.
Die Zeit der vier folgenden Herrscher ist durch wenige hervor- ragende Ereignisse ausgezeichnet. Um das Volk gegen Hungersnoth in Folge von Missernten des Reis zu schützen, werden nicht blos Magazine angelegt und in billigen Jahren gefüllt, sondern auch der Anbau anderer Feldfrüchte aufs eifrigste gefördert.
Einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte Japans füllt die Zeit des Kuwammu-Tennô*) (782—807) aus, der zu den hervorragend- sten Fürsten des Landes zählt, dessen Geschicke er als 50. Mikado mit Umsicht und Erfolg leitete. Auf allen Gebieten zeigte er ein hohes Interesse und Verständniss für die vielseitigen Bedürfnisse des Landes. Er sorgte für Anlage von Dämmen und Canälen zur Rege- lung der Flussläufe und Förderung des Verkehres, machte dem Vaga- bundenwesen ein Ende und brachte Ordnung in den Beamtenstand. Für die Bildung der Jugend und die religiösen Bedürfnisse war sein Interesse nicht minder wach. Die bemerkenswertheste That seiner Regierung ist jedoch die Verlegung der Residenz nach Kadzuno, dem späteren Kiôto (794), wo er zur Rechten des Kamo-gawa das Heianjô (Friedensschloss) erbauen liess, worin von da ab alle seine Nachfolger bis zum Jahre 1868 wohnten. Es hatte 12 Thore, und die es umgebende Stadt zählte bald 1216 Strassen und wurde in der Folge wegen ihrer schönen Lage, regelmässigen Bauart, Reinlichkeit, wegen ihrer Baudenkmäler und historischen Erinnerungen, sowie als Sitz der Gelehrsamkeit und Kunst der hochgepriesene Mittelpunkt des Landes. Buddhistischer Aberglaube hatte um jene Zeit in allen Schichten der Gesellschaft tiefe Wurzeln geschlagen. Unter den vielen auffallenden Producten desselben ist hier vor allem der Glaube er- wähnenswerth, dass gen Nordosten das Ki-mon (Teufelsthor) liege, durch welches alles Böse komme. Kuwammu-Tennô liess desshalb auf dem höchsten Berge im Nordosten seines Schlosses, dem Hiye- san, einen prächtigen Tempel **) errichten und übergab ihn der Tendai-Secte, damit diese hier als Wächter über das Heianjô und die Stadt durch beständiges Recitieren von Gebetsformeln, Läuten und Pauken das Böse fernhalte. Hierdurch wurde der Grund gelegt zu dem hohen Ansehen, welches der Hiye-san als heiliger Berg in der Folge genoss, und zu dem mächtigen Einfluss der Tendai-Secte, den erst Nobunaga brach.
*) Sprich Kammu Tennô.
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1. Periode. Von der Gründung des Reiches Yamato etc.
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Die Zeit der vier folgenden Herrscher ist durch wenige hervor-
ragende Ereignisse ausgezeichnet. Um das Volk gegen Hungersnoth
in Folge von Missernten des Reis zu schützen, werden nicht blos
Magazine angelegt und in billigen Jahren gefüllt, sondern auch der
Anbau anderer Feldfrüchte aufs eifrigste gefördert.
Einen wichtigen Abschnitt in der Geschichte Japans füllt die Zeit
des Kuwammu-Tennô *) (782—807) aus, der zu den hervorragend-
sten Fürsten des Landes zählt, dessen Geschicke er als 50. Mikado
mit Umsicht und Erfolg leitete. Auf allen Gebieten zeigte er ein
hohes Interesse und Verständniss für die vielseitigen Bedürfnisse des
Landes. Er sorgte für Anlage von Dämmen und Canälen zur Rege-
lung der Flussläufe und Förderung des Verkehres, machte dem Vaga-
bundenwesen ein Ende und brachte Ordnung in den Beamtenstand.
Für die Bildung der Jugend und die religiösen Bedürfnisse war sein
Interesse nicht minder wach. Die bemerkenswertheste That seiner
Regierung ist jedoch die Verlegung der Residenz nach Kadzuno,
dem späteren Kiôto (794), wo er zur Rechten des Kamo-gawa das
Heianjô (Friedensschloss) erbauen liess, worin von da ab alle seine
Nachfolger bis zum Jahre 1868 wohnten. Es hatte 12 Thore, und
die es umgebende Stadt zählte bald 1216 Strassen und wurde in der
Folge wegen ihrer schönen Lage, regelmässigen Bauart, Reinlichkeit,
wegen ihrer Baudenkmäler und historischen Erinnerungen, sowie als
Sitz der Gelehrsamkeit und Kunst der hochgepriesene Mittelpunkt des
Landes. Buddhistischer Aberglaube hatte um jene Zeit in allen
Schichten der Gesellschaft tiefe Wurzeln geschlagen. Unter den vielen
auffallenden Producten desselben ist hier vor allem der Glaube er-
wähnenswerth, dass gen Nordosten das Ki-mon (Teufelsthor) liege,
durch welches alles Böse komme. Kuwammu-Tennô liess desshalb
auf dem höchsten Berge im Nordosten seines Schlosses, dem Hiye-
san, einen prächtigen Tempel **) errichten und übergab ihn der
Tendai-Secte, damit diese hier als Wächter über das Heianjô
und die Stadt durch beständiges Recitieren von Gebetsformeln, Läuten
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der Folge genoss, und zu dem mächtigen Einfluss der Tendai-Secte,
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*) Sprich Kammu Tennô.
**) Buddhistische Tempel sind zugleich Klöster.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/281>, abgerufen am 24.11.2024.
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