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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.

Damit hielt Taiko-sama jedoch die Zukunft seines Sohnes noch
nicht genügend gesichert. Neben Iyeyasu ernannte er noch weitere
vier Tairo (Haupt-Aelteste) seines Sohnes, die sich zwar in Allem
Iyeyasu, dem fünften, unterordnen, doch aber gewissermassen als
Wache und Gegengewicht dienen sollten, damit dieser seine Gewalt
nicht missbrauche. Ausserdem hatte er schon früher fünf Gouverneure
(Bugio) ernannt. Den Gotairo (fünf grosse Altehrwürdige) fiel die
Sorge um das allgemeine Staatswohl und die Besprechung aller wich-
tigen allgemeinen Fragen zu, während die Gobugio (fünf Gouver-
neure) an der Spitze der Verwaltung standen. Ein dritter Körper,
aus drei Mitgliedern bestehend und Chiuro (Vermittelnde Aelteste)
genannt, sollte, wie der Name andeutete, bei Streitigkeiten zwischen
den beiden ersten die Vermittlerrolle spielen. Die Gobugio, welche
in der Folge neben Iyeyasu und theilweise in Opposition zu ihm eine
Rolle spielten, waren Asano Nagamasa, Ishida Mitsunari,
Masuda Nagamori, Nagatsuka Masaiye
und Masuda Geni.

Nachdem Taiko-sama diese Dinge zur scheinbaren Zufriedenheit
geregelt hatte, befahl er, die Citadelle von Osaka zu verstärken, und
liess zu dem Zwecke 17000 Häuser niederreissen, um Raum für die
grosse Aussenmauer zu gewinnen. Seine letzten Gedanken waren
auf die Armee in Korea gerichtet. Indem er Asano Nagamasa und
Ishida Mitsunari befahl, dieselbe zurückzurufen, starb er mit dem
Ausrufe: "Lasst nicht meine Armeen vernichtet werden in einem
fremden Lande".

Die Gouverneure machten den letzten Willen ihres Herrn bekannt
und begaben sich dann von Kioto und Osaka nach Fushimi, um dem
neuen, Hideyori, ihre Huldigung darzubringen, worauf sich dieser,
der Weisung seines Vaters gemäss, mit seinem Verwandten Maeda
Toshiiye
und dem persönlichen Gouverneur Katagiri Katsumoto
nach Osaka begab. Die Officiere der zurückkehrenden Armee wurden
von Iyeyasu in Fushimi in zuvorkommender Weise empfangen und
reich beschenkt.

Der Tod Taiko-sama's erfüllte die Christen mit neuen Hoffnungen.
Dieselben stützten sich theils auf die zurückkehrende Armee und das
einflussreiche christliche Element in derselben, welches für den jungen
Hideyori eintrat, theils darauf, dass ein anderer Prätendent um die
höchste Staatsgewalt, Hidenobu, ein Enkel Nobunaga's, einige Zeit
zuvor zum Christenthume übergetreten war. Namentlich scheinen die
Jesuiten auf diesen, der jedoch ohne allen Anhang war, grosse Hoff-
nungen gesetzt zu haben. Die Väter traten wieder hervor, bemühten
sich um die Gunst der Mächtigen und fanden überall, auch bei Iyeyasu,

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5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc.

Damit hielt Taikô-sama jedoch die Zukunft seines Sohnes noch
nicht genügend gesichert. Neben Iyeyasu ernannte er noch weitere
vier Tairô (Haupt-Aelteste) seines Sohnes, die sich zwar in Allem
Iyeyasu, dem fünften, unterordnen, doch aber gewissermassen als
Wache und Gegengewicht dienen sollten, damit dieser seine Gewalt
nicht missbrauche. Ausserdem hatte er schon früher fünf Gouverneure
(Bugiô) ernannt. Den Gotairô (fünf grosse Altehrwürdige) fiel die
Sorge um das allgemeine Staatswohl und die Besprechung aller wich-
tigen allgemeinen Fragen zu, während die Gobugiô (fünf Gouver-
neure) an der Spitze der Verwaltung standen. Ein dritter Körper,
aus drei Mitgliedern bestehend und Chiurô (Vermittelnde Aelteste)
genannt, sollte, wie der Name andeutete, bei Streitigkeiten zwischen
den beiden ersten die Vermittlerrolle spielen. Die Gobugiô, welche
in der Folge neben Iyeyasu und theilweise in Opposition zu ihm eine
Rolle spielten, waren Asano Nagamasa, Ishida Mitsunari,
Masuda Nagamori, Nagatsuka Masaïye
und Masuda Geni.

Nachdem Taikô-sama diese Dinge zur scheinbaren Zufriedenheit
geregelt hatte, befahl er, die Citadelle von Ôsaka zu verstärken, und
liess zu dem Zwecke 17000 Häuser niederreissen, um Raum für die
grosse Aussenmauer zu gewinnen. Seine letzten Gedanken waren
auf die Armee in Korea gerichtet. Indem er Asano Nagamasa und
Ishida Mitsunari befahl, dieselbe zurückzurufen, starb er mit dem
Ausrufe: »Lasst nicht meine Armeen vernichtet werden in einem
fremden Lande«.

Die Gouverneure machten den letzten Willen ihres Herrn bekannt
und begaben sich dann von Kiôto und Ôsaka nach Fushimi, um dem
neuen, Hideyori, ihre Huldigung darzubringen, worauf sich dieser,
der Weisung seines Vaters gemäss, mit seinem Verwandten Maëda
Toshiiye
und dem persönlichen Gouverneur Katagiri Katsumoto
nach Ôsaka begab. Die Officiere der zurückkehrenden Armee wurden
von Iyeyasu in Fushimi in zuvorkommender Weise empfangen und
reich beschenkt.

Der Tod Taikô-sama’s erfüllte die Christen mit neuen Hoffnungen.
Dieselben stützten sich theils auf die zurückkehrende Armee und das
einflussreiche christliche Element in derselben, welches für den jungen
Hideyori eintrat, theils darauf, dass ein anderer Prätendent um die
höchste Staatsgewalt, Hidenobu, ein Enkel Nobunaga’s, einige Zeit
zuvor zum Christenthume übergetreten war. Namentlich scheinen die
Jesuiten auf diesen, der jedoch ohne allen Anhang war, grosse Hoff-
nungen gesetzt zu haben. Die Väter traten wieder hervor, bemühten
sich um die Gunst der Mächtigen und fanden überall, auch bei Iyeyasu,

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[339/0365] 5. Periode. Von Nobunaga bis auf Iyeyasu, oder Zeit der Usurpatoren etc. Damit hielt Taikô-sama jedoch die Zukunft seines Sohnes noch nicht genügend gesichert. Neben Iyeyasu ernannte er noch weitere vier Tairô (Haupt-Aelteste) seines Sohnes, die sich zwar in Allem Iyeyasu, dem fünften, unterordnen, doch aber gewissermassen als Wache und Gegengewicht dienen sollten, damit dieser seine Gewalt nicht missbrauche. Ausserdem hatte er schon früher fünf Gouverneure (Bugiô) ernannt. Den Gotairô (fünf grosse Altehrwürdige) fiel die Sorge um das allgemeine Staatswohl und die Besprechung aller wich- tigen allgemeinen Fragen zu, während die Gobugiô (fünf Gouver- neure) an der Spitze der Verwaltung standen. Ein dritter Körper, aus drei Mitgliedern bestehend und Chiurô (Vermittelnde Aelteste) genannt, sollte, wie der Name andeutete, bei Streitigkeiten zwischen den beiden ersten die Vermittlerrolle spielen. Die Gobugiô, welche in der Folge neben Iyeyasu und theilweise in Opposition zu ihm eine Rolle spielten, waren Asano Nagamasa, Ishida Mitsunari, Masuda Nagamori, Nagatsuka Masaïye und Masuda Geni. Nachdem Taikô-sama diese Dinge zur scheinbaren Zufriedenheit geregelt hatte, befahl er, die Citadelle von Ôsaka zu verstärken, und liess zu dem Zwecke 17000 Häuser niederreissen, um Raum für die grosse Aussenmauer zu gewinnen. Seine letzten Gedanken waren auf die Armee in Korea gerichtet. Indem er Asano Nagamasa und Ishida Mitsunari befahl, dieselbe zurückzurufen, starb er mit dem Ausrufe: »Lasst nicht meine Armeen vernichtet werden in einem fremden Lande«. Die Gouverneure machten den letzten Willen ihres Herrn bekannt und begaben sich dann von Kiôto und Ôsaka nach Fushimi, um dem neuen, Hideyori, ihre Huldigung darzubringen, worauf sich dieser, der Weisung seines Vaters gemäss, mit seinem Verwandten Maëda Toshiiye und dem persönlichen Gouverneur Katagiri Katsumoto nach Ôsaka begab. Die Officiere der zurückkehrenden Armee wurden von Iyeyasu in Fushimi in zuvorkommender Weise empfangen und reich beschenkt. Der Tod Taikô-sama’s erfüllte die Christen mit neuen Hoffnungen. Dieselben stützten sich theils auf die zurückkehrende Armee und das einflussreiche christliche Element in derselben, welches für den jungen Hideyori eintrat, theils darauf, dass ein anderer Prätendent um die höchste Staatsgewalt, Hidenobu, ein Enkel Nobunaga’s, einige Zeit zuvor zum Christenthume übergetreten war. Namentlich scheinen die Jesuiten auf diesen, der jedoch ohne allen Anhang war, grosse Hoff- nungen gesetzt zu haben. Die Väter traten wieder hervor, bemühten sich um die Gunst der Mächtigen und fanden überall, auch bei Iyeyasu, 22*

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/365>, abgerufen am 22.11.2024.