Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.I. Geschichte des japanischen Volkes. keit, fortgedauert hatten, fanden sie schliesslich durch eine Empörungder noch übrigen Christen und einen ihr folgenden Massenmord der- selben, welchem über 30000 derselben zum Opfer fielen, vorübergehend ihren Abschluss. Dieses Ereigniss wird in der Geschichte als der Auf- stand, beziehungsweise das Blutbad von Shimabara bezeichnet und nicht blos in der Geschichte der Kirche und den Schriften der Hol- länder beschrieben, sondern auch in japanischen Schriften, wie dem Shimabara Kassenki (Bericht über den Krieg von Shimabara) und an- deren mehr. Die ersten Anfänge dieser Revolte datierten wohl viele Jahre zurück, als der neue Daimio und Apostat seine christlichen Unter- thanen in jeder Weise zu bedrücken anfing. Aber erst um das Jahr 1636 wurden das alte verlassene Schloss von Arima und die benachbarten Inseln zur Zufluchtsstätte und zum Sammelplatz von 30--40000 Christen, die nicht blos der Herrschaft Shimabara (Arima), sondern auch anderen Theilen der Insel Kiushiu entstammten und sich hier gegen ihre Verfolger in Vertheidigungszustand setzten. Ihr Haupt- führer scheint ein Mann, Namens Nirada Shiro, von der Insel Amakusa gewesen zu sein. Im Jahre 1637 wurde Itakura Shige- masa vom Shogun beauftragt, an der Spitze des meist auf der Insel Kiushiu gesammelten Heeres gegen die Rebellen zu marschieren und "die Bauern" zu vernichten. Dies war jedoch keine so leichte Sache, wie man sich vorgestellt hatte. Erst nach einer dreimonatlichen Be- lagerung zu Wasser und zu Lande, bei welcher Itakura und sein Sohn fielen und holländische Kanonen, wie es heisst, mitwirkten, ge- lang es, des befestigten Platzes Arima Herr zu werden. Das Blutbad, welches folgte, spottet jeder Beschreibung. Sämmtliche Belagerte waren dem Tode geweiht. Tausende derselben wurden nach dem "Papenberg" (Pfaffenberg), einer Insel am Eingange zum Hafen Nagasaki, geführt und von der steilen Höhe ins Meer gestürzt; weitere 3000 tödtete und begrub man bei Tomioka auf der Insel Amakusa, wie Inschriften auf Denksteinen daselbst es bezeugen; doch die grosse Mehrzahl fand bei Arima selbst ihr Grab. Zu den vielerlei Mitteln, welche in Anwendung kamen, um I. Geschichte des japanischen Volkes. keit, fortgedauert hatten, fanden sie schliesslich durch eine Empörungder noch übrigen Christen und einen ihr folgenden Massenmord der- selben, welchem über 30000 derselben zum Opfer fielen, vorübergehend ihren Abschluss. Dieses Ereigniss wird in der Geschichte als der Auf- stand, beziehungsweise das Blutbad von Shimabara bezeichnet und nicht blos in der Geschichte der Kirche und den Schriften der Hol- länder beschrieben, sondern auch in japanischen Schriften, wie dem Shimabara Kassenki (Bericht über den Krieg von Shimabara) und an- deren mehr. Die ersten Anfänge dieser Revolte datierten wohl viele Jahre zurück, als der neue Daimio und Apostat seine christlichen Unter- thanen in jeder Weise zu bedrücken anfing. Aber erst um das Jahr 1636 wurden das alte verlassene Schloss von Arima und die benachbarten Inseln zur Zufluchtsstätte und zum Sammelplatz von 30—40000 Christen, die nicht blos der Herrschaft Shimabara (Arima), sondern auch anderen Theilen der Insel Kiushiu entstammten und sich hier gegen ihre Verfolger in Vertheidigungszustand setzten. Ihr Haupt- führer scheint ein Mann, Namens Nirada Shirô, von der Insel Amakusa gewesen zu sein. Im Jahre 1637 wurde Itakura Shige- masa vom Shôgun beauftragt, an der Spitze des meist auf der Insel Kiushiu gesammelten Heeres gegen die Rebellen zu marschieren und »die Bauern« zu vernichten. Dies war jedoch keine so leichte Sache, wie man sich vorgestellt hatte. Erst nach einer dreimonatlichen Be- lagerung zu Wasser und zu Lande, bei welcher Itakura und sein Sohn fielen und holländische Kanonen, wie es heisst, mitwirkten, ge- lang es, des befestigten Platzes Arima Herr zu werden. Das Blutbad, welches folgte, spottet jeder Beschreibung. Sämmtliche Belagerte waren dem Tode geweiht. Tausende derselben wurden nach dem »Papenberg« (Pfaffenberg), einer Insel am Eingange zum Hafen Nagasaki, geführt und von der steilen Höhe ins Meer gestürzt; weitere 3000 tödtete und begrub man bei Tomioka auf der Insel Amakusa, wie Inschriften auf Denksteinen daselbst es bezeugen; doch die grosse Mehrzahl fand bei Arima selbst ihr Grab. 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I. Geschichte des japanischen Volkes.
keit, fortgedauert hatten, fanden sie schliesslich durch eine Empörung
der noch übrigen Christen und einen ihr folgenden Massenmord der-
selben, welchem über 30000 derselben zum Opfer fielen, vorübergehend
ihren Abschluss. Dieses Ereigniss wird in der Geschichte als der Auf-
stand, beziehungsweise das Blutbad von Shimabara bezeichnet
und nicht blos in der Geschichte der Kirche und den Schriften der Hol-
länder beschrieben, sondern auch in japanischen Schriften, wie dem
Shimabara Kassenki (Bericht über den Krieg von Shimabara) und an-
deren mehr. Die ersten Anfänge dieser Revolte datierten wohl viele
Jahre zurück, als der neue Daimio und Apostat seine christlichen Unter-
thanen in jeder Weise zu bedrücken anfing. Aber erst um das Jahr 1636
wurden das alte verlassene Schloss von Arima und die benachbarten
Inseln zur Zufluchtsstätte und zum Sammelplatz von 30—40000
Christen, die nicht blos der Herrschaft Shimabara (Arima), sondern
auch anderen Theilen der Insel Kiushiu entstammten und sich hier
gegen ihre Verfolger in Vertheidigungszustand setzten. Ihr Haupt-
führer scheint ein Mann, Namens Nirada Shirô, von der Insel
Amakusa gewesen zu sein. Im Jahre 1637 wurde Itakura Shige-
masa vom Shôgun beauftragt, an der Spitze des meist auf der Insel
Kiushiu gesammelten Heeres gegen die Rebellen zu marschieren und
»die Bauern« zu vernichten. Dies war jedoch keine so leichte Sache,
wie man sich vorgestellt hatte. Erst nach einer dreimonatlichen Be-
lagerung zu Wasser und zu Lande, bei welcher Itakura und sein
Sohn fielen und holländische Kanonen, wie es heisst, mitwirkten, ge-
lang es, des befestigten Platzes Arima Herr zu werden. Das Blutbad,
welches folgte, spottet jeder Beschreibung. Sämmtliche Belagerte
waren dem Tode geweiht. Tausende derselben wurden nach dem
»Papenberg« (Pfaffenberg), einer Insel am Eingange zum Hafen
Nagasaki, geführt und von der steilen Höhe ins Meer gestürzt; weitere
3000 tödtete und begrub man bei Tomioka auf der Insel Amakusa,
wie Inschriften auf Denksteinen daselbst es bezeugen; doch die grosse
Mehrzahl fand bei Arima selbst ihr Grab.
Zu den vielerlei Mitteln, welche in Anwendung kamen, um
Christen, als ihre Zahl geringer wurde, zu entdecken, gehörte auch
das E-fumi oder Trampeln auf dem Bildnisse Christi. Anfangs
war es eine Tuschzeichnung, welche man auf den Boden legte, um
die Leute aufzufordern, durch das Darauftreten ihre Verachtung zu
bekunden, bis im Jahre 1669 ein Erzgiesser in Nagasaki ein Relief
desselben in Kupfer anfertigte, das nun viel in Anwendung kam und
leihweise von einem Daimio zum anderen gelangte. Besondere Be-
amte, sogenannte Kirishitan Bugiô, wurden ernannt, die Entdeckung
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