fremden Aerzten in deren Diensten, vorbehalten, Europa mit der eigen- thümlichen Natur Japans bekannt zu machen und unsere Blumentische, Ziergärten und öffentlichen Anlagen durch eine Fülle der schönsten japanischen Gewächse schmücken zu helfen. Selbst über die Sprache und Ethnographie des Landes wurde Europa erst durch die Holländer näher unterrichtet, obgleich es unter den Jesuitenvätern nicht wenige gab, welche des japanischen Idioms vollkommen mächtig waren.
Wie zu Pinto's Zeit die Schusswaffen besonderen Beifall fanden, so erfreuten zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Portugiesen durch den Tabak das japanische Volk. Das Rauchen wurde trotz des Ver- botes, welches Iyeyasu dagegen erliess, bald von allen Ständen und beiden Geschlechtern mit Eifer geübt und hat seitdem noch keine Abschwächung erfahren, so dass behauptet werden darf, "Tabako" ist das beliebteste und am meisten gebrauchte Wort, womit die Namban (Portugiesen) die japanische Sprache bereichert haben. Von anderen Worten und Begriffen, welche durch die Portugiesen in das Japanische übergingen, sind ausser den auf das Christenthum bezüglichen vor- nehmlich folgende zu nennen: pan (pao), Brod; kasutera (sprich kastera, von Castilla), ein Saffrankuchen; tanto, viel; kappa (capa), ein Regenmantel; koppu (copa), ein Becher oder Weinglas; birodo (velludo), Sammet; biidoro (vidro), Glas.
b. Die Gesetze des Iyeyasu, das Feudalsystem und die gesell- schaftlichen Zustände während des Shogunats der Tokugawa: Mikado und Kuge, Daimio und Samurai, Lehnstreue und Hara- kiri. Heimin und Eta.
Wie bereits früher angedeutet wurde, ging das Streben des Iye- yasu und seiner nächsten Nachfolger von der Schlacht bei Sekiga- hara an darauf hinaus, ihrer Familie die Herrschaft über Japan, welche nun in ihren Händen war, zu erhalten und dem Lande den Frieden zu sichern. Auch die Ausrottung des Christenthums und die Absperrung des Landes sollten diesem Zwecke dienen. Vor allem aber wurde mit den sogenannten Gesetzen des Iyeyasu ein scharf ausgedachtes System der Beziehungen unter den einzelnen Ständen durchgeführt, bei welchem Furcht das Hauptmotiv des Gehorsams und Spionage, sowie harte Strafen die Träger und Erhalter der Furcht waren. Das neue Shogunat nahm seine Stärke aus der persönlichen Tüchtigkeit seines Begründers und aus dem Bande, das derselbe um seine Vasallen und Günstlinge schloss, denen er nach Niederwerfung seiner Feinde reiche Lehen gab, doch unter solchen Beschränkungen
I. Geschichte des japanischen Volkes.
fremden Aerzten in deren Diensten, vorbehalten, Europa mit der eigen- thümlichen Natur Japans bekannt zu machen und unsere Blumentische, Ziergärten und öffentlichen Anlagen durch eine Fülle der schönsten japanischen Gewächse schmücken zu helfen. Selbst über die Sprache und Ethnographie des Landes wurde Europa erst durch die Holländer näher unterrichtet, obgleich es unter den Jesuitenvätern nicht wenige gab, welche des japanischen Idioms vollkommen mächtig waren.
Wie zu Pinto’s Zeit die Schusswaffen besonderen Beifall fanden, so erfreuten zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Portugiesen durch den Tabak das japanische Volk. Das Rauchen wurde trotz des Ver- botes, welches Iyeyasu dagegen erliess, bald von allen Ständen und beiden Geschlechtern mit Eifer geübt und hat seitdem noch keine Abschwächung erfahren, so dass behauptet werden darf, »Tabako« ist das beliebteste und am meisten gebrauchte Wort, womit die Namban (Portugiesen) die japanische Sprache bereichert haben. Von anderen Worten und Begriffen, welche durch die Portugiesen in das Japanische übergingen, sind ausser den auf das Christenthum bezüglichen vor- nehmlich folgende zu nennen: pan (pão), Brod; kasutera (sprich kastéra, von Castilla), ein Saffrankuchen; tanto, viel; kappa (capa), ein Regenmantel; koppu (copa), ein Becher oder Weinglas; birôdo (velludo), Sammet; biidoro (vidro), Glas.
b. Die Gesetze des Iyeyasu, das Feudalsystem und die gesell- schaftlichen Zustände während des Shôgunats der Tokugawa: Mikado und Kuge, Daimio und Samurai, Lehnstreue und Hara- kiri. Heimin und Eta.
Wie bereits früher angedeutet wurde, ging das Streben des Iye- yasu und seiner nächsten Nachfolger von der Schlacht bei Sekiga- hara an darauf hinaus, ihrer Familie die Herrschaft über Japan, welche nun in ihren Händen war, zu erhalten und dem Lande den Frieden zu sichern. Auch die Ausrottung des Christenthums und die Absperrung des Landes sollten diesem Zwecke dienen. Vor allem aber wurde mit den sogenannten Gesetzen des Iyeyasu ein scharf ausgedachtes System der Beziehungen unter den einzelnen Ständen durchgeführt, bei welchem Furcht das Hauptmotiv des Gehorsams und Spionage, sowie harte Strafen die Träger und Erhalter der Furcht waren. Das neue Shôgunat nahm seine Stärke aus der persönlichen Tüchtigkeit seines Begründers und aus dem Bande, das derselbe um seine Vasallen und Günstlinge schloss, denen er nach Niederwerfung seiner Feinde reiche Lehen gab, doch unter solchen Beschränkungen
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I. Geschichte des japanischen Volkes.
fremden Aerzten in deren Diensten, vorbehalten, Europa mit der eigen-
thümlichen Natur Japans bekannt zu machen und unsere Blumentische,
Ziergärten und öffentlichen Anlagen durch eine Fülle der schönsten
japanischen Gewächse schmücken zu helfen. Selbst über die Sprache
und Ethnographie des Landes wurde Europa erst durch die Holländer
näher unterrichtet, obgleich es unter den Jesuitenvätern nicht wenige
gab, welche des japanischen Idioms vollkommen mächtig waren.
Wie zu Pinto’s Zeit die Schusswaffen besonderen Beifall fanden,
so erfreuten zu Anfang des 17. Jahrhunderts die Portugiesen durch
den Tabak das japanische Volk. Das Rauchen wurde trotz des Ver-
botes, welches Iyeyasu dagegen erliess, bald von allen Ständen und
beiden Geschlechtern mit Eifer geübt und hat seitdem noch keine
Abschwächung erfahren, so dass behauptet werden darf, »Tabako«
ist das beliebteste und am meisten gebrauchte Wort, womit die Namban
(Portugiesen) die japanische Sprache bereichert haben. Von anderen
Worten und Begriffen, welche durch die Portugiesen in das Japanische
übergingen, sind ausser den auf das Christenthum bezüglichen vor-
nehmlich folgende zu nennen: pan (pão), Brod; kasutera (sprich
kastéra, von Castilla), ein Saffrankuchen; tanto, viel; kappa (capa),
ein Regenmantel; koppu (copa), ein Becher oder Weinglas; birôdo
(velludo), Sammet; biidoro (vidro), Glas.
b. Die Gesetze des Iyeyasu, das Feudalsystem und die gesell-
schaftlichen Zustände während des Shôgunats der Tokugawa:
Mikado und Kuge, Daimio und Samurai, Lehnstreue und Hara-
kiri. Heimin und Eta.
Wie bereits früher angedeutet wurde, ging das Streben des Iye-
yasu und seiner nächsten Nachfolger von der Schlacht bei Sekiga-
hara an darauf hinaus, ihrer Familie die Herrschaft über Japan,
welche nun in ihren Händen war, zu erhalten und dem Lande den
Frieden zu sichern. Auch die Ausrottung des Christenthums und die
Absperrung des Landes sollten diesem Zwecke dienen. Vor allem
aber wurde mit den sogenannten Gesetzen des Iyeyasu ein scharf
ausgedachtes System der Beziehungen unter den einzelnen Ständen
durchgeführt, bei welchem Furcht das Hauptmotiv des Gehorsams
und Spionage, sowie harte Strafen die Träger und Erhalter der Furcht
waren. Das neue Shôgunat nahm seine Stärke aus der persönlichen
Tüchtigkeit seines Begründers und aus dem Bande, das derselbe um
seine Vasallen und Günstlinge schloss, denen er nach Niederwerfung
seiner Feinde reiche Lehen gab, doch unter solchen Beschränkungen
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/386>, abgerufen am 22.11.2024.
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