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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
bildeten die Nakatomi lange Zeit hindurch den erblichen höheren
Priesterstand im Ahnencultus.

Der Wehrstand während der Feudalzeit, Shogun, Daimio
und Samurai
. Abgesehen von der kaiserlichen Familie gab es in Japan
eigentlich zwei grosse Classen der Gesellschaft, eine privilegierte mit
genauer Gliederung nach Rang und Einkommen und eine ohne solche
Vorrechte. Erstere waren insgesammt Samurai*), berechtigt und
verpflichtet, Schwerter zu tragen, abgabenfrei, mit erblichen Einkünften
und meist auch erblichen Functionen. Aus den Samurai gingen alle
Beamten des Staates hervor, sie führten das Schwert oder die Feder.
Die zweite und weitaus zahlreichste Bevölkerungsklasse bildeten die
Heimin oder das gemeine Volk. Zur Zeit, als der Feudalismus
zusammenbrach, gab es unter etwa 34 Millionen Bewohnern des
Landes gegen 2 Millionen Samurai. Zwölf Jahrhunderte hindurch lag
die Regierungsgewalt in den Händen der Kuge, und vornehmlich in
denen der besonders privilegierten Fujiwara-Familie. Schmeichelei,
Intriguen und jede Art von Corruption waren die Mittel, welcher sich
die Fujiwara bedienten, um ihren Einfluss zu erhalten. Sie lieferten
den Mikado's, ihren Puppen, die Frauen und Concubinen. Die Taira-
generäle lösten sie ab, dann kam der siegreiche Minamoto Yoritomo
an die Reihe und legte systematisch das Fundament der Feudalord-
nung, auf welches Iyeyasu später den Schlussstein des Gebäudes
setzte. Yoritomo's Vasallen wurden die Gründer der Feudalaristokratie
oder Buke, als deren Repräsentanten nach Abstammung sowohl als
Stellung die späteren Daimio anzusehen sind. Dieser neue Adel
des Schwertes wuchs und blühte auf Kosten des alten Hof- und
Dienstadels. Iyeyasu stellt diese Verlegung von Macht und Einfluss
so dar, als ob sie nach dem Willen des Mikado stattgefunden hätte.
Im 15. Paragraphen der 18 Gesetze sagt er: "Weil die Kuge die
Regierung lässig führten und nicht im Stande waren, die Ordnung
im Lande aufrecht zu erhalten, blieb nichts anderes übrig, als dass
die Buke vom Kaiser den Befehl erhielten, die uralte Regierung zu
übernehmen. Mit geringen Einkünften aber ist es unmöglich, das
Land zu regieren, das Volk zu ernähren und die öffentlichen Dienst-
leistungen auszuführen. Die Kuge würden nun ein grosses Unrecht
begehen, wenn sie die Buke gering schätzen wollten. Dem alten
Satze gemäss: "alles Land unter dem Himmel gehört dem Tenno",
hat der Mikado vom Himmel den Auftrag erhalten, das Volk zu

*) Das Wort Samurai ist hier zunächst in seiner allgemeinen Bedeutung, ein
Beamter und Herr, angewandt und umfasst Kuge, Daimio und deren Vasallen.

I. Geschichte des japanischen Volkes.
bildeten die Nakatomi lange Zeit hindurch den erblichen höheren
Priesterstand im Ahnencultus.

Der Wehrstand während der Feudalzeit, Shôgun, Daimio
und Samurai
. Abgesehen von der kaiserlichen Familie gab es in Japan
eigentlich zwei grosse Classen der Gesellschaft, eine privilegierte mit
genauer Gliederung nach Rang und Einkommen und eine ohne solche
Vorrechte. Erstere waren insgesammt Samurai*), berechtigt und
verpflichtet, Schwerter zu tragen, abgabenfrei, mit erblichen Einkünften
und meist auch erblichen Functionen. Aus den Samurai gingen alle
Beamten des Staates hervor, sie führten das Schwert oder die Feder.
Die zweite und weitaus zahlreichste Bevölkerungsklasse bildeten die
Heimin oder das gemeine Volk. Zur Zeit, als der Feudalismus
zusammenbrach, gab es unter etwa 34 Millionen Bewohnern des
Landes gegen 2 Millionen Samurai. Zwölf Jahrhunderte hindurch lag
die Regierungsgewalt in den Händen der Kuge, und vornehmlich in
denen der besonders privilegierten Fujiwara-Familie. Schmeichelei,
Intriguen und jede Art von Corruption waren die Mittel, welcher sich
die Fujiwara bedienten, um ihren Einfluss zu erhalten. Sie lieferten
den Mikado’s, ihren Puppen, die Frauen und Concubinen. Die Taira-
generäle lösten sie ab, dann kam der siegreiche Minamoto Yoritomo
an die Reihe und legte systematisch das Fundament der Feudalord-
nung, auf welches Iyeyasu später den Schlussstein des Gebäudes
setzte. Yoritomo’s Vasallen wurden die Gründer der Feudalaristokratie
oder Buke, als deren Repräsentanten nach Abstammung sowohl als
Stellung die späteren Daimio anzusehen sind. Dieser neue Adel
des Schwertes wuchs und blühte auf Kosten des alten Hof- und
Dienstadels. Iyeyasu stellt diese Verlegung von Macht und Einfluss
so dar, als ob sie nach dem Willen des Mikado stattgefunden hätte.
Im 15. Paragraphen der 18 Gesetze sagt er: »Weil die Kuge die
Regierung lässig führten und nicht im Stande waren, die Ordnung
im Lande aufrecht zu erhalten, blieb nichts anderes übrig, als dass
die Buke vom Kaiser den Befehl erhielten, die uralte Regierung zu
übernehmen. Mit geringen Einkünften aber ist es unmöglich, das
Land zu regieren, das Volk zu ernähren und die öffentlichen Dienst-
leistungen auszuführen. Die Kuge würden nun ein grosses Unrecht
begehen, wenn sie die Buke gering schätzen wollten. Dem alten
Satze gemäss: »alles Land unter dem Himmel gehört dem Tennô«,
hat der Mikado vom Himmel den Auftrag erhalten, das Volk zu

*) Das Wort Samurai ist hier zunächst in seiner allgemeinen Bedeutung, ein
Beamter und Herr, angewandt und umfasst Kuge, Daimio und deren Vasallen.
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[368/0394] I. Geschichte des japanischen Volkes. bildeten die Nakatomi lange Zeit hindurch den erblichen höheren Priesterstand im Ahnencultus. Der Wehrstand während der Feudalzeit, Shôgun, Daimio und Samurai. Abgesehen von der kaiserlichen Familie gab es in Japan eigentlich zwei grosse Classen der Gesellschaft, eine privilegierte mit genauer Gliederung nach Rang und Einkommen und eine ohne solche Vorrechte. Erstere waren insgesammt Samurai *), berechtigt und verpflichtet, Schwerter zu tragen, abgabenfrei, mit erblichen Einkünften und meist auch erblichen Functionen. Aus den Samurai gingen alle Beamten des Staates hervor, sie führten das Schwert oder die Feder. Die zweite und weitaus zahlreichste Bevölkerungsklasse bildeten die Heimin oder das gemeine Volk. Zur Zeit, als der Feudalismus zusammenbrach, gab es unter etwa 34 Millionen Bewohnern des Landes gegen 2 Millionen Samurai. Zwölf Jahrhunderte hindurch lag die Regierungsgewalt in den Händen der Kuge, und vornehmlich in denen der besonders privilegierten Fujiwara-Familie. Schmeichelei, Intriguen und jede Art von Corruption waren die Mittel, welcher sich die Fujiwara bedienten, um ihren Einfluss zu erhalten. Sie lieferten den Mikado’s, ihren Puppen, die Frauen und Concubinen. Die Taira- generäle lösten sie ab, dann kam der siegreiche Minamoto Yoritomo an die Reihe und legte systematisch das Fundament der Feudalord- nung, auf welches Iyeyasu später den Schlussstein des Gebäudes setzte. Yoritomo’s Vasallen wurden die Gründer der Feudalaristokratie oder Buke, als deren Repräsentanten nach Abstammung sowohl als Stellung die späteren Daimio anzusehen sind. Dieser neue Adel des Schwertes wuchs und blühte auf Kosten des alten Hof- und Dienstadels. Iyeyasu stellt diese Verlegung von Macht und Einfluss so dar, als ob sie nach dem Willen des Mikado stattgefunden hätte. Im 15. Paragraphen der 18 Gesetze sagt er: »Weil die Kuge die Regierung lässig führten und nicht im Stande waren, die Ordnung im Lande aufrecht zu erhalten, blieb nichts anderes übrig, als dass die Buke vom Kaiser den Befehl erhielten, die uralte Regierung zu übernehmen. Mit geringen Einkünften aber ist es unmöglich, das Land zu regieren, das Volk zu ernähren und die öffentlichen Dienst- leistungen auszuführen. Die Kuge würden nun ein grosses Unrecht begehen, wenn sie die Buke gering schätzen wollten. Dem alten Satze gemäss: »alles Land unter dem Himmel gehört dem Tennô«, hat der Mikado vom Himmel den Auftrag erhalten, das Volk zu *) Das Wort Samurai ist hier zunächst in seiner allgemeinen Bedeutung, ein Beamter und Herr, angewandt und umfasst Kuge, Daimio und deren Vasallen.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/394>, abgerufen am 22.11.2024.