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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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I. Geschichte des japanischen Volkes.
die Samuraiklasse, von der viele Glieder in der Agitation zur Ver-
treibung der Barbaren, genannt Jo-i oder Son-o, sehr thätig und
bereit waren, an dem ersten besten Fremden, der ihnen in den Weg
kam, ihre Schwerter zu probieren *). Die ersten Streiche galten je-
doch nicht blos den sogenannten Barbaren, welche nun in grosser
Zahl nach den geöffneten Häfen strömten, sondern vor allem ihrem
Gönner Ii Kamon. Es waren Ronin **) aus Mito, welche denselben
am 3. März auf seinem Wege zum Schlosse am Sakurada-Thor nebst
einem Theile seiner Eskorte niederhieben und mit seinem Kopfe davon-
eilten. Einige der Mörder blieben todt auf dem Platze, die andern
flüchteten in das Haus eines Ministers, dem sie einen Brief sandten,
worin sie die That meldeten und ihre Beweggründe zu derselben.
Es waren fünf: 1. Ii Kamon habe sich des jungen Shogun bemäch-
tigt und Beamte angestellt oder entlassen, je nach dem eigenen selbst-
süchtigen Interesse; 2. habe er sich bestechen lassen und sich nicht
unparteiisch gezeigt; 3. durch Vertreibung der Fürsten von Owari,
Mito und Echizen den Shogun der Stütze seiner nächsten Verwandten
beraubt; 4. habe er den Kuwambaku durch Andere irre geleitet,
Kuge und Samurai ins Gefängniss geworfen und verschiedene der
letzteren getödtet, endlich 5. habe er sich durch die leeren Drohungen
der fremden Barbaren so erschrecken lassen, dass er ohne Zustim-
mung des Mikado mit ihnen Verträge abgeschlossen unter dem Vor-
wande der politischen Nothwendigkeit. Dies seien fünf Verbrechen.
welche weder Götter noch Menschen verzeihen könnten, darum hätten
sie als Vertreter des göttlichen Zornes Ii Kamon gezüchtigt. Zum
Schlusse baten sie, dass die Todesstrafe bald über sie verhängt
werden möge, ein Wunsch, dessen Erfüllung nicht lange auf sich
warten liess.

Der Tod des Tairo war ein grosser Verlust für die liberale
Partei und schwächte die Macht des Shogun auf das empfindlichste.
Die Unzufriedenheit im Lande wuchs, überall sammelten sich Ronin,
so dass der Bakufu bald nicht mehr für die öffentliche Sicherheit,

*) Jo-i, Hasser der Fremden, und Son-o, Ehre dem Mikado, waren die Aus-
drücke, in welchen sich alle Feinde der Fremden und des Shogunats, wie es
der Bakufu vertrat, fanden.
**) Das Wort Ronin ist hier und in der Folge nicht in seiner ganz allge-
meinen Bedeutung zu nehmen, sondern in dem Sinne, dass es Samurai sind,
welche sich ihrem angestammten Lehnsherren und der Controle von dessen Re-
gierung entzogen haben und, getrieben von Hass gegen die Fremden und deren
Gönner, auf eigene Faust handeln, einzeln oder in grösseren Banden, so dass
Leute aus ganz verschiedenen Clanen oft gemeinsame Sache machen.

I. Geschichte des japanischen Volkes.
die Samuraiklasse, von der viele Glieder in der Agitation zur Ver-
treibung der Barbaren, genannt Jô-i oder Son-ô, sehr thätig und
bereit waren, an dem ersten besten Fremden, der ihnen in den Weg
kam, ihre Schwerter zu probieren *). Die ersten Streiche galten je-
doch nicht blos den sogenannten Barbaren, welche nun in grosser
Zahl nach den geöffneten Häfen strömten, sondern vor allem ihrem
Gönner Ii Kamon. Es waren Rônin **) aus Mito, welche denselben
am 3. März auf seinem Wege zum Schlosse am Sakurada-Thor nebst
einem Theile seiner Eskorte niederhieben und mit seinem Kopfe davon-
eilten. Einige der Mörder blieben todt auf dem Platze, die andern
flüchteten in das Haus eines Ministers, dem sie einen Brief sandten,
worin sie die That meldeten und ihre Beweggründe zu derselben.
Es waren fünf: 1. Ii Kamon habe sich des jungen Shôgun bemäch-
tigt und Beamte angestellt oder entlassen, je nach dem eigenen selbst-
süchtigen Interesse; 2. habe er sich bestechen lassen und sich nicht
unparteiisch gezeigt; 3. durch Vertreibung der Fürsten von Owari,
Mito und Echizen den Shôgun der Stütze seiner nächsten Verwandten
beraubt; 4. habe er den Kuwambaku durch Andere irre geleitet,
Kuge und Samurai ins Gefängniss geworfen und verschiedene der
letzteren getödtet, endlich 5. habe er sich durch die leeren Drohungen
der fremden Barbaren so erschrecken lassen, dass er ohne Zustim-
mung des Mikado mit ihnen Verträge abgeschlossen unter dem Vor-
wande der politischen Nothwendigkeit. Dies seien fünf Verbrechen.
welche weder Götter noch Menschen verzeihen könnten, darum hätten
sie als Vertreter des göttlichen Zornes Ii Kamon gezüchtigt. Zum
Schlusse baten sie, dass die Todesstrafe bald über sie verhängt
werden möge, ein Wunsch, dessen Erfüllung nicht lange auf sich
warten liess.

Der Tod des Tairô war ein grosser Verlust für die liberale
Partei und schwächte die Macht des Shôgun auf das empfindlichste.
Die Unzufriedenheit im Lande wuchs, überall sammelten sich Rônin,
so dass der Bakufu bald nicht mehr für die öffentliche Sicherheit,

*) Jô-i, Hasser der Fremden, und Son-ô, Ehre dem Mikado, waren die Aus-
drücke, in welchen sich alle Feinde der Fremden und des Shôgunats, wie es
der Bakufu vertrat, fanden.
**) Das Wort Rônin ist hier und in der Folge nicht in seiner ganz allge-
meinen Bedeutung zu nehmen, sondern in dem Sinne, dass es Samurai sind,
welche sich ihrem angestammten Lehnsherren und der Controle von dessen Re-
gierung entzogen haben und, getrieben von Hass gegen die Fremden und deren
Gönner, auf eigene Faust handeln, einzeln oder in grösseren Banden, so dass
Leute aus ganz verschiedenen Clanen oft gemeinsame Sache machen.
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[400/0428] I. Geschichte des japanischen Volkes. die Samuraiklasse, von der viele Glieder in der Agitation zur Ver- treibung der Barbaren, genannt Jô-i oder Son-ô, sehr thätig und bereit waren, an dem ersten besten Fremden, der ihnen in den Weg kam, ihre Schwerter zu probieren *). Die ersten Streiche galten je- doch nicht blos den sogenannten Barbaren, welche nun in grosser Zahl nach den geöffneten Häfen strömten, sondern vor allem ihrem Gönner Ii Kamon. Es waren Rônin **) aus Mito, welche denselben am 3. März auf seinem Wege zum Schlosse am Sakurada-Thor nebst einem Theile seiner Eskorte niederhieben und mit seinem Kopfe davon- eilten. Einige der Mörder blieben todt auf dem Platze, die andern flüchteten in das Haus eines Ministers, dem sie einen Brief sandten, worin sie die That meldeten und ihre Beweggründe zu derselben. Es waren fünf: 1. Ii Kamon habe sich des jungen Shôgun bemäch- tigt und Beamte angestellt oder entlassen, je nach dem eigenen selbst- süchtigen Interesse; 2. habe er sich bestechen lassen und sich nicht unparteiisch gezeigt; 3. durch Vertreibung der Fürsten von Owari, Mito und Echizen den Shôgun der Stütze seiner nächsten Verwandten beraubt; 4. habe er den Kuwambaku durch Andere irre geleitet, Kuge und Samurai ins Gefängniss geworfen und verschiedene der letzteren getödtet, endlich 5. habe er sich durch die leeren Drohungen der fremden Barbaren so erschrecken lassen, dass er ohne Zustim- mung des Mikado mit ihnen Verträge abgeschlossen unter dem Vor- wande der politischen Nothwendigkeit. Dies seien fünf Verbrechen. welche weder Götter noch Menschen verzeihen könnten, darum hätten sie als Vertreter des göttlichen Zornes Ii Kamon gezüchtigt. Zum Schlusse baten sie, dass die Todesstrafe bald über sie verhängt werden möge, ein Wunsch, dessen Erfüllung nicht lange auf sich warten liess. Der Tod des Tairô war ein grosser Verlust für die liberale Partei und schwächte die Macht des Shôgun auf das empfindlichste. Die Unzufriedenheit im Lande wuchs, überall sammelten sich Rônin, so dass der Bakufu bald nicht mehr für die öffentliche Sicherheit, *) Jô-i, Hasser der Fremden, und Son-ô, Ehre dem Mikado, waren die Aus- drücke, in welchen sich alle Feinde der Fremden und des Shôgunats, wie es der Bakufu vertrat, fanden. **) Das Wort Rônin ist hier und in der Folge nicht in seiner ganz allge- meinen Bedeutung zu nehmen, sondern in dem Sinne, dass es Samurai sind, welche sich ihrem angestammten Lehnsherren und der Controle von dessen Re- gierung entzogen haben und, getrieben von Hass gegen die Fremden und deren Gönner, auf eigene Faust handeln, einzeln oder in grösseren Banden, so dass Leute aus ganz verschiedenen Clanen oft gemeinsame Sache machen.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/428>, abgerufen am 22.11.2024.