verneur Oyama selbst, denn bevor dieser irgend etwas unternimmt, fragt er sie erst. Dies sind in der That die Männer, von denen man annehmen darf, dass sie den Frieden der Nation gefährden. Die- selben unterscheiden sich wesentlich von den Zeitungen, welche weder Schwert, noch Flinte besitzen (damals aber viel gemassregelt wurden). ... Die Satsuma-Samurai handeln, wie Leute einer unab- hängigen Nation. Es mag begründet sein, dass man die Zeitungen einschränkt, wenn sie den öffentlichen Frieden stören, aber es ist gefährlich, die Macht derer, welche wir genannt haben, unbeschränkt zu lassen. Und so hoffen wir denn, dass die Regierung die Frage des inneren Friedens allseits erwägen und ihre Aufmerksamkeit zu- gleich auch diesen Samurai widmen wird." In einer anderen Zei- tung vom 30. September 1876 heisst es: "Die Leute von Kagoshima kaufen Waffen auf zu einem unbekannten Zweck; Niemand zwischen 15 und 50 Jahren darf ohne Erlaubniss des Gouverneurs Satsuma-ken verlassen."
Ende Januar 1877 brach endlich der lange vorbereitete Aufstand aus. Saigo, Kinrio, Shinowara, Beppu, Hemmi und andere bekannte Persönlichkeiten erschienen als Leiter desselben und überschritten an der Spitze von 14000 wohlbewaffneten Insurgenten auf dem Wege nach Kumamoto bald die Grenze von Higo. Den Oberbefehl führte Saigo. Er, dessen Geschicklickeit und Muth die Restauration zu Wege gebracht, den das Volk bisher nicht blos als Ideal von Tapfer- keit, sondern auch von Selbstlosigkeit und Loyalität betrachtet hatte, erscheint als Führer der tapfersten Samurai Japans, die kriegsgeübt, wohlbewaffnet und ihm blind ergeben sind, als Feind der kaiser- lichen Armee, in der er die höchste Würde bekleidete, deren Mar- schallsuniform er noch vor kurzem trug. Das ist kein zu verachtender Gegner, kein Aufstand, wie die früheren, planlos von einigen hundert exaltierten Köpfen begonnen und rasch unterdrückt! Nun heisst es endlich, Regierung spute dich, sende dein Polizeiheer und deine besten Soldaten, so viel du auftreiben kannst, nach dem Süden und biete vor allem auch alle deine Kunst und deine Getreuen von Einfluss in anderen Landestheilen auf, damit die Fackel nicht weiter über die übrigen grossen Inseln getragen werde und ein allgemeiner Brand entstehe, denn Zündstoff ist auch hier genug! --
Saigo war sich wohl bewusst, dass er bei diesem Schritt alle früher erlangten Ehren, sein Leben und Familienglück auf das Spiel setzte, aber er hatte die Schwierigkeiten, welche ihm in den Weg traten, unterschätzt und glaubte, wie vor 10 Jahren, so auch jetzt nur das Signal geben zu müssen, um eine allgemeine Erhebung in
I. Geschichte des japanischen Volkes.
verneur Ôyama selbst, denn bevor dieser irgend etwas unternimmt, fragt er sie erst. Dies sind in der That die Männer, von denen man annehmen darf, dass sie den Frieden der Nation gefährden. Die- selben unterscheiden sich wesentlich von den Zeitungen, welche weder Schwert, noch Flinte besitzen (damals aber viel gemassregelt wurden). … Die Satsuma-Samurai handeln, wie Leute einer unab- hängigen Nation. Es mag begründet sein, dass man die Zeitungen einschränkt, wenn sie den öffentlichen Frieden stören, aber es ist gefährlich, die Macht derer, welche wir genannt haben, unbeschränkt zu lassen. Und so hoffen wir denn, dass die Regierung die Frage des inneren Friedens allseits erwägen und ihre Aufmerksamkeit zu- gleich auch diesen Samurai widmen wird.« In einer anderen Zei- tung vom 30. September 1876 heisst es: »Die Leute von Kagoshima kaufen Waffen auf zu einem unbekannten Zweck; Niemand zwischen 15 und 50 Jahren darf ohne Erlaubniss des Gouverneurs Satsuma-ken verlassen.«
Ende Januar 1877 brach endlich der lange vorbereitete Aufstand aus. Saigô, Kinrio, Shinowara, Beppu, Hemmi und andere bekannte Persönlichkeiten erschienen als Leiter desselben und überschritten an der Spitze von 14000 wohlbewaffneten Insurgenten auf dem Wege nach Kumamoto bald die Grenze von Higo. Den Oberbefehl führte Saigô. Er, dessen Geschicklickeit und Muth die Restauration zu Wege gebracht, den das Volk bisher nicht blos als Ideal von Tapfer- keit, sondern auch von Selbstlosigkeit und Loyalität betrachtet hatte, erscheint als Führer der tapfersten Samurai Japans, die kriegsgeübt, wohlbewaffnet und ihm blind ergeben sind, als Feind der kaiser- lichen Armee, in der er die höchste Würde bekleidete, deren Mar- schallsuniform er noch vor kurzem trug. Das ist kein zu verachtender Gegner, kein Aufstand, wie die früheren, planlos von einigen hundert exaltierten Köpfen begonnen und rasch unterdrückt! Nun heisst es endlich, Regierung spute dich, sende dein Polizeiheer und deine besten Soldaten, so viel du auftreiben kannst, nach dem Süden und biete vor allem auch alle deine Kunst und deine Getreuen von Einfluss in anderen Landestheilen auf, damit die Fackel nicht weiter über die übrigen grossen Inseln getragen werde und ein allgemeiner Brand entstehe, denn Zündstoff ist auch hier genug! —
Saigô war sich wohl bewusst, dass er bei diesem Schritt alle früher erlangten Ehren, sein Leben und Familienglück auf das Spiel setzte, aber er hatte die Schwierigkeiten, welche ihm in den Weg traten, unterschätzt und glaubte, wie vor 10 Jahren, so auch jetzt nur das Signal geben zu müssen, um eine allgemeine Erhebung in
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I. Geschichte des japanischen Volkes.
verneur Ôyama selbst, denn bevor dieser irgend etwas unternimmt,
fragt er sie erst. Dies sind in der That die Männer, von denen man
annehmen darf, dass sie den Frieden der Nation gefährden. Die-
selben unterscheiden sich wesentlich von den Zeitungen, welche
weder Schwert, noch Flinte besitzen (damals aber viel gemassregelt
wurden). … Die Satsuma-Samurai handeln, wie Leute einer unab-
hängigen Nation. Es mag begründet sein, dass man die Zeitungen
einschränkt, wenn sie den öffentlichen Frieden stören, aber es ist
gefährlich, die Macht derer, welche wir genannt haben, unbeschränkt
zu lassen. Und so hoffen wir denn, dass die Regierung die Frage
des inneren Friedens allseits erwägen und ihre Aufmerksamkeit zu-
gleich auch diesen Samurai widmen wird.« In einer anderen Zei-
tung vom 30. September 1876 heisst es: »Die Leute von Kagoshima
kaufen Waffen auf zu einem unbekannten Zweck; Niemand zwischen
15 und 50 Jahren darf ohne Erlaubniss des Gouverneurs Satsuma-ken
verlassen.«
Ende Januar 1877 brach endlich der lange vorbereitete Aufstand
aus. Saigô, Kinrio, Shinowara, Beppu, Hemmi und andere bekannte
Persönlichkeiten erschienen als Leiter desselben und überschritten
an der Spitze von 14000 wohlbewaffneten Insurgenten auf dem Wege
nach Kumamoto bald die Grenze von Higo. Den Oberbefehl führte
Saigô. Er, dessen Geschicklickeit und Muth die Restauration zu
Wege gebracht, den das Volk bisher nicht blos als Ideal von Tapfer-
keit, sondern auch von Selbstlosigkeit und Loyalität betrachtet hatte,
erscheint als Führer der tapfersten Samurai Japans, die kriegsgeübt,
wohlbewaffnet und ihm blind ergeben sind, als Feind der kaiser-
lichen Armee, in der er die höchste Würde bekleidete, deren Mar-
schallsuniform er noch vor kurzem trug. Das ist kein zu verachtender
Gegner, kein Aufstand, wie die früheren, planlos von einigen hundert
exaltierten Köpfen begonnen und rasch unterdrückt! Nun heisst es
endlich, Regierung spute dich, sende dein Polizeiheer und deine besten
Soldaten, so viel du auftreiben kannst, nach dem Süden und biete
vor allem auch alle deine Kunst und deine Getreuen von Einfluss in
anderen Landestheilen auf, damit die Fackel nicht weiter über die
übrigen grossen Inseln getragen werde und ein allgemeiner Brand
entstehe, denn Zündstoff ist auch hier genug! —
Saigô war sich wohl bewusst, dass er bei diesem Schritt alle
früher erlangten Ehren, sein Leben und Familienglück auf das Spiel
setzte, aber er hatte die Schwierigkeiten, welche ihm in den Weg
traten, unterschätzt und glaubte, wie vor 10 Jahren, so auch jetzt
nur das Signal geben zu müssen, um eine allgemeine Erhebung in
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/458>, abgerufen am 22.11.2024.
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