zurück. So gleichen sich denn die beiden auffallendsten oceanischen Ströme nach Wesen, Ursprung und Richtung und weichen nur hin- sichtlich der Intensität und der letzten Strecke ihres Laufes wesent- lich von einander ab.
Die kalten Strömungen im nördlichen Stillen Ocean, welche Japan berühren oder mittelbar bei seinem Klima in Betracht kommen, haben theils im Ochotskischen, theils im Berings-Meer ihren Ursprung. Schrenk unterscheidet in ersterem nicht weniger als drei, die er als Kurilische-, Sachalinische- und Liman-Strömung be- zeichnet. Letztere ist eine Küstenströmung aus dem Nordwesten des Ochotskischen Meeres, welche am ostasiatischen Festland hinzieht, zwischen demselben und der Insel Sachalin (jap. Karafto) im Liman des Amur vom kalten Wasser dieses Flusses überfluthet wird und durch die Tatarische Meerenge der Westküste des Japanischen Meeres entlang südwärts rückt. Schrenk konnte sie noch bei Wladiwo- stock nachweisen. Es ist aber kaum zweifelhaft, dass sie durch die Broughton-Strasse zwischen Tsushima und Korea ins Gelbe Meer ge- langt und hier während des grösseren Theiles des Jahres, durch die kalten Wasser der chinesischen Ströme verstärkt, unter dem Einflusse des Nordostmonsuns bis in die Strasse von Formosa hin fühlbar wird. Deshalb wählen im Winter Segelschiffe den Weg nach Japan im Osten von Formosa.
Die Limanströmung bildet eine Parallele zu der Labradorströ- mung längs der nordamerikanischen Küste, und wie diese den Ge- staden der nordamerikanischen Colonien Englands und der Vereinigten Staaten einen grossen Reichthum an schmackhaften Fischen, Mollus- ken und Krustenthieren zuführt, so bringt auch die ostasiatische Küstenströmung Korea und China eine Menge werthvoller Seethiere, bei deren Fang und Zubereitung Hunderttausende von Menschen ihren Lebensunterhalt finden.
Während nun die Limanströmung Sachalin im Nordwesten be- rührt, wird diese Insel auf der Ostseite von einem schwächeren Strome aus dem Ochotskischen Meere bespült, der Sachalin-Strömung, die sich am Cap der Geduld mit den wärmeren Wassern der Tsushimaströmung, welche durch die Strasse La Perouse eintreten, mischt und verliert.
Wo im Nordosten das Ochotskische Meer mit der Penschina- und Gischiga-Bucht tief in das eisige Sibirien einschneidet, ist die Quelle der Kurilischen Strömung. Der Westküste Kamtschatkas entlang rückt sie gegen die Kurilen vor, welche sie nach Aufnahme einer schwächeren Strömung von der Ostseite der grossen sibirischen Halb-
II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.
zurück. So gleichen sich denn die beiden auffallendsten oceanischen Ströme nach Wesen, Ursprung und Richtung und weichen nur hin- sichtlich der Intensität und der letzten Strecke ihres Laufes wesent- lich von einander ab.
Die kalten Strömungen im nördlichen Stillen Ocean, welche Japan berühren oder mittelbar bei seinem Klima in Betracht kommen, haben theils im Ochotskischen, theils im Berings-Meer ihren Ursprung. Schrenk unterscheidet in ersterem nicht weniger als drei, die er als Kurilische-, Sachalinische- und Liman-Strömung be- zeichnet. Letztere ist eine Küstenströmung aus dem Nordwesten des Ochotskischen Meeres, welche am ostasiatischen Festland hinzieht, zwischen demselben und der Insel Sachalin (jap. Karafto) im Liman des Amur vom kalten Wasser dieses Flusses überfluthet wird und durch die Tatarische Meerenge der Westküste des Japanischen Meeres entlang südwärts rückt. Schrenk konnte sie noch bei Wladiwo- stock nachweisen. Es ist aber kaum zweifelhaft, dass sie durch die Broughton-Strasse zwischen Tsushima und Korea ins Gelbe Meer ge- langt und hier während des grösseren Theiles des Jahres, durch die kalten Wasser der chinesischen Ströme verstärkt, unter dem Einflusse des Nordostmonsuns bis in die Strasse von Formosa hin fühlbar wird. Deshalb wählen im Winter Segelschiffe den Weg nach Japan im Osten von Formosa.
Die Limanströmung bildet eine Parallele zu der Labradorströ- mung längs der nordamerikanischen Küste, und wie diese den Ge- staden der nordamerikanischen Colonien Englands und der Vereinigten Staaten einen grossen Reichthum an schmackhaften Fischen, Mollus- ken und Krustenthieren zuführt, so bringt auch die ostasiatische Küstenströmung Korea und China eine Menge werthvoller Seethiere, bei deren Fang und Zubereitung Hunderttausende von Menschen ihren Lebensunterhalt finden.
Während nun die Limanströmung Sachalin im Nordwesten be- rührt, wird diese Insel auf der Ostseite von einem schwächeren Strome aus dem Ochotskischen Meere bespült, der Sachalin-Strömung, die sich am Cap der Geduld mit den wärmeren Wassern der Tsushimaströmung, welche durch die Strasse La Pérouse eintreten, mischt und verliert.
Wo im Nordosten das Ochotskische Meer mit der Penschina- und Gischiga-Bucht tief in das eisige Sibirien einschneidet, ist die Quelle der Kurilischen Strömung. Der Westküste Kamtschatkas entlang rückt sie gegen die Kurilen vor, welche sie nach Aufnahme einer schwächeren Strömung von der Ostseite der grossen sibirischen Halb-
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II. Küstengestaltung, Meerestheile, Strömungen.
zurück. So gleichen sich denn die beiden auffallendsten oceanischen
Ströme nach Wesen, Ursprung und Richtung und weichen nur hin-
sichtlich der Intensität und der letzten Strecke ihres Laufes wesent-
lich von einander ab.
Die kalten Strömungen im nördlichen Stillen Ocean, welche Japan
berühren oder mittelbar bei seinem Klima in Betracht kommen, haben
theils im Ochotskischen, theils im Berings-Meer ihren Ursprung.
Schrenk unterscheidet in ersterem nicht weniger als drei, die er
als Kurilische-, Sachalinische- und Liman-Strömung be-
zeichnet. Letztere ist eine Küstenströmung aus dem Nordwesten des
Ochotskischen Meeres, welche am ostasiatischen Festland hinzieht,
zwischen demselben und der Insel Sachalin (jap. Karafto) im Liman
des Amur vom kalten Wasser dieses Flusses überfluthet wird und
durch die Tatarische Meerenge der Westküste des Japanischen Meeres
entlang südwärts rückt. Schrenk konnte sie noch bei Wladiwo-
stock nachweisen. Es ist aber kaum zweifelhaft, dass sie durch die
Broughton-Strasse zwischen Tsushima und Korea ins Gelbe Meer ge-
langt und hier während des grösseren Theiles des Jahres, durch die
kalten Wasser der chinesischen Ströme verstärkt, unter dem Einflusse
des Nordostmonsuns bis in die Strasse von Formosa hin fühlbar wird.
Deshalb wählen im Winter Segelschiffe den Weg nach Japan im
Osten von Formosa.
Die Limanströmung bildet eine Parallele zu der Labradorströ-
mung längs der nordamerikanischen Küste, und wie diese den Ge-
staden der nordamerikanischen Colonien Englands und der Vereinigten
Staaten einen grossen Reichthum an schmackhaften Fischen, Mollus-
ken und Krustenthieren zuführt, so bringt auch die ostasiatische
Küstenströmung Korea und China eine Menge werthvoller Seethiere,
bei deren Fang und Zubereitung Hunderttausende von Menschen ihren
Lebensunterhalt finden.
Während nun die Limanströmung Sachalin im Nordwesten be-
rührt, wird diese Insel auf der Ostseite von einem schwächeren Strome
aus dem Ochotskischen Meere bespült, der Sachalin-Strömung,
die sich am Cap der Geduld mit den wärmeren Wassern der
Tsushimaströmung, welche durch die Strasse La Pérouse eintreten,
mischt und verliert.
Wo im Nordosten das Ochotskische Meer mit der Penschina- und
Gischiga-Bucht tief in das eisige Sibirien einschneidet, ist die Quelle
der Kurilischen Strömung. Der Westküste Kamtschatkas entlang
rückt sie gegen die Kurilen vor, welche sie nach Aufnahme einer
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/47>, abgerufen am 21.11.2024.
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