Die Binse, woraus sie verfertigt werden, heisst hier Toso, auf Kiushiu dagegen Riu-kiu-I. Die Cultur und Verarbeitung der Binse wird indess auch in weiter nördlichen Landestheilen betrieben, so z. B. in Kaga, wo die Stadt Komadzu und einige benachbarte Dörfer sich viel damit befassen, in Aidzu-taira und anderwärts. Ausser den erwähnten Omote verfertigt man daraus die einfachen Goza, welche u. A. zum Umhängen und Schutz gegen Sonne und Regen dienen, so- wie die Seki oder Sitzmatten, und nennt hiernach die Binse auch Goza-gusa und Seki-gusa.
13) Eine ausgedehnte Verwendung zu grobem Flechtwerk man- cherlei Art, wie zu Seilen und Matten, findet, wie dies bereits früher hervorgehoben wurde, das Reisstroh. Mushiro heissen die daraus verfertigten Matten, auf welchen der Landmann sein Getreide und sonstige Sämereien, der Küstenbewohner die verschiedenen Meeres- produkte, deren Fang und Verkauf ihn beschäftigt, ausbreitet und trocknet. Ein anderes Strohgeflecht, Komo genannt, wird vornehm- lich zur Darstellung von Säcken verwerthet, welche dem Reistransport und andern Zwecken dienen. -- Im Kunstgewerbe benutzt man das Gerstenstroh, um schöne Mosaikbekleidung herzustellen.
Der Binse und dem Reisstroh schliessen sich ferner in Bezug auf die Art der Benutzung eine Anzahl Schilfgewächse an, die in alter Zeit jedenfalls eine viel umfangreichere Verwendung fanden, als jetzt. Hierzu gehören vor allen Dingen die folgenden:
15) Scirpus maritimus L., jap. Suge, diente schon in den ältesten Zeiten zur Darstellung von Hüten und Regenmänteln, sowie von Seilen, mit denen man beim Bau der Hütten die Balken an ein- ander befestigte. Die erstgenannte Verwendung war auch Kaempfer bekannt, denn er schreibt Am. exot. pag. 900: "Setz, vulgo Suge. Herba palustris, foliis arundinaceis brevioribus tensis, ex quibus ad albedinem redactis construuntur elegantissimi pilei, quibus teguntur deambulantes faeminae."
16) Zur Darstellung der Mino oder alten Grasregenmäntel dienten vornehmlich die Blätter der Zoysia pungens Willd., jap. Shiba und Iwa-shiba. Die langen Wurzelblätter dieses Grases wurden in den Gebirgswäldern gesammelt, zu Hause in kochendes Wasser getaucht, dann gebleicht und getrocknet, hierauf mit Holzhämmern geklopft und endlich mit Fäden dicht an einander gereiht. Die dachziegelförmige Anordnung, in welcher die einzelnen Blattreihen über einander liegen, erinnert an die Art, wie die Maori Neuseelands sich früher aus den
I. Land- und Forstwirthschaft.
Die Binse, woraus sie verfertigt werden, heisst hier Tôsô, auf Kiushiu dagegen Riu-kiu-I. Die Cultur und Verarbeitung der Binse wird indess auch in weiter nördlichen Landestheilen betrieben, so z. B. in Kaga, wo die Stadt Komadzu und einige benachbarte Dörfer sich viel damit befassen, in Aidzu-taira und anderwärts. Ausser den erwähnten Omote verfertigt man daraus die einfachen Goza, welche u. A. zum Umhängen und Schutz gegen Sonne und Regen dienen, so- wie die Seki oder Sitzmatten, und nennt hiernach die Binse auch Goza-gusa und Seki-gusa.
13) Eine ausgedehnte Verwendung zu grobem Flechtwerk man- cherlei Art, wie zu Seilen und Matten, findet, wie dies bereits früher hervorgehoben wurde, das Reisstroh. Mushiro heissen die daraus verfertigten Matten, auf welchen der Landmann sein Getreide und sonstige Sämereien, der Küstenbewohner die verschiedenen Meeres- produkte, deren Fang und Verkauf ihn beschäftigt, ausbreitet und trocknet. Ein anderes Strohgeflecht, Komo genannt, wird vornehm- lich zur Darstellung von Säcken verwerthet, welche dem Reistransport und andern Zwecken dienen. — Im Kunstgewerbe benutzt man das Gerstenstroh, um schöne Mosaikbekleidung herzustellen.
Der Binse und dem Reisstroh schliessen sich ferner in Bezug auf die Art der Benutzung eine Anzahl Schilfgewächse an, die in alter Zeit jedenfalls eine viel umfangreichere Verwendung fanden, als jetzt. Hierzu gehören vor allen Dingen die folgenden:
15) Scirpus maritimus L., jap. Suge, diente schon in den ältesten Zeiten zur Darstellung von Hüten und Regenmänteln, sowie von Seilen, mit denen man beim Bau der Hütten die Balken an ein- ander befestigte. Die erstgenannte Verwendung war auch Kaempfer bekannt, denn er schreibt Am. exot. pag. 900: »Setz, vulgo Suge. Herba palustris, foliis arundinaceis brevioribus tensis, ex quibus ad albedinem redactis construuntur elegantissimi pilei, quibus teguntur deambulantes faeminae.«
16) Zur Darstellung der Mino oder alten Grasregenmäntel dienten vornehmlich die Blätter der Zoysia pungens Willd., jap. Shiba und Iwa-shiba. Die langen Wurzelblätter dieses Grases wurden in den Gebirgswäldern gesammelt, zu Hause in kochendes Wasser getaucht, dann gebleicht und getrocknet, hierauf mit Holzhämmern geklopft und endlich mit Fäden dicht an einander gereiht. Die dachziegelförmige Anordnung, in welcher die einzelnen Blattreihen über einander liegen, erinnert an die Art, wie die Maori Neuseelands sich früher aus den
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Die Binse, woraus sie verfertigt werden, heisst hier Tôsô, auf Kiushiu
dagegen Riu-kiu-I. Die Cultur und Verarbeitung der Binse wird
indess auch in weiter nördlichen Landestheilen betrieben, so z. B. in
Kaga, wo die Stadt Komadzu und einige benachbarte Dörfer sich
viel damit befassen, in Aidzu-taira und anderwärts. Ausser den
erwähnten Omote verfertigt man daraus die einfachen Goza, welche
u. A. zum Umhängen und Schutz gegen Sonne und Regen dienen, so-
wie die Seki oder Sitzmatten, und nennt hiernach die Binse auch
Goza-gusa und Seki-gusa.
13) Eine ausgedehnte Verwendung zu grobem Flechtwerk man-
cherlei Art, wie zu Seilen und Matten, findet, wie dies bereits früher
hervorgehoben wurde, das Reisstroh. Mushiro heissen die daraus
verfertigten Matten, auf welchen der Landmann sein Getreide und
sonstige Sämereien, der Küstenbewohner die verschiedenen Meeres-
produkte, deren Fang und Verkauf ihn beschäftigt, ausbreitet und
trocknet. Ein anderes Strohgeflecht, Komo genannt, wird vornehm-
lich zur Darstellung von Säcken verwerthet, welche dem Reistransport
und andern Zwecken dienen. — Im Kunstgewerbe benutzt man das
Gerstenstroh, um schöne Mosaikbekleidung herzustellen.
Der Binse und dem Reisstroh schliessen sich ferner in Bezug auf
die Art der Benutzung eine Anzahl Schilfgewächse an, die in alter
Zeit jedenfalls eine viel umfangreichere Verwendung fanden, als jetzt.
Hierzu gehören vor allen Dingen die folgenden:
14) Typha japonica Miq., jap. Gama. Die daraus verfertigten
weichen Matten heissen Gama-mushiro.
15) Scirpus maritimus L., jap. Suge, diente schon in den
ältesten Zeiten zur Darstellung von Hüten und Regenmänteln, sowie
von Seilen, mit denen man beim Bau der Hütten die Balken an ein-
ander befestigte. Die erstgenannte Verwendung war auch Kaempfer
bekannt, denn er schreibt Am. exot. pag. 900: »Setz, vulgo Suge.
Herba palustris, foliis arundinaceis brevioribus tensis, ex quibus ad
albedinem redactis construuntur elegantissimi pilei, quibus teguntur
deambulantes faeminae.«
16) Zur Darstellung der Mino oder alten Grasregenmäntel dienten
vornehmlich die Blätter der Zoysia pungens Willd., jap. Shiba und
Iwa-shiba. Die langen Wurzelblätter dieses Grases wurden in den
Gebirgswäldern gesammelt, zu Hause in kochendes Wasser getaucht,
dann gebleicht und getrocknet, hierauf mit Holzhämmern geklopft und
endlich mit Fäden dicht an einander gereiht. Die dachziegelförmige
Anordnung, in welcher die einzelnen Blattreihen über einander liegen,
erinnert an die Art, wie die Maori Neuseelands sich früher aus den
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/224>, abgerufen am 24.11.2024.
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