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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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4. Viehzucht und Seidenzucht.
Boivre, der Durance und Rhone, aber mit viel grösserer Raschheit, so
dass um's Jahr 1851 bereits alle seidenbautreibenden Departements
Frankreichs damit behaftet waren. Im Jahre 1854 trat sie zuerst in
Italien bemerkbar auf; doch nahm man ihre verderblichen Wirkungen
ganz besonders 1856 wahr, wo an vielen Orten die Ernte auf ein
Viertel der normalen sank. Eine Erscheinung, welche dem National-
wohlstande Frankreichs, Italiens und anderer Länder so tiefe Wunden
schlug, erregte natürlich die Aufmerksamkeit und das Nachdenken der
Regierungen und Gelehrten. Zahlreiche Mittel wurden zur Abhülfe
empfohlen und versucht, keins verfing. Man wandte sich weiter öst-
lich, nach den unteren Donauländern, nach Griechenland und Klein-
asien, um durch Einführung von Samen anderer, scheinbar noch ge-
sunder Rassen dem Uebel zu steuern, aber fast schien es, als ob mit
den Händlern auch die Krankheit nach Osten wandere. Dieselbe ver-
breitete sich immer weiter, zeigte sich auch in der Krimm, in Trans-
kaukasien und Persien und endlich sogar in Indien und China. Nur
ein Land, Japan, schien von der Seuche verschont geblieben zu sein,
und auf dieses richteten sich darum alle Blicke der nach Erlösung
verlangenden Seidenzüchter Europas. Ein neues Geschäft, die Aus-
fuhr von Seidenraupeneiern, entwickelte sich daraus für Japan, ein
Geschäft, das bald bedeutende Dimensionen annahm und auf die ja-
panische Seidenzucht selbst einen grossen Einfluss übte. Bevor wir
diesen weiter betrachten, mögen hier noch einige Angaben über die
Krankheit selbst Platz finden.

Das Vorhandensein der Fleckenkrankheit verräth sich zunächst
durch ein auffälliges Zurückbleiben im Wachsthum mancher Raupen.
Solche kleine Raupen zeigen abnehmende Fresslust und schleppen sich
matt und träge dahin. Die Häutungen treten später ein, als bei den
gesunden Altersgenossen; bei der vierten Häutung beträgt der Unter-
schied 8--14 Tage und es geht der grösste Theil derselben zu Grunde,
bevor er die Spinnreife erreicht. Ihr Körper ist weich, nimmt eine
schmutziggelbe Farbe an und zeigt eigenthümliche Flecken, zunächst
an den mit kleinen Härchen versehenen Stellen. Diese Flecken, an-
fangs klein und wie schwache Schatten aussehend, vergrössern und
verdunkeln sich allmählich, fliessen zu unregelmässigen Formen zu-
sammen und sind schliesslich pechschwarz und glänzend. Die Aus-
würfe sind weicher als im gesunden Zustande und mit gelbem Schleim
bedeckt, der an der Luft rasch erhärtet, auch für sich ausfliesst, sich
schwärzt und oft den After verstopft. Nach dem Tode zerfliesst die
Raupe bald in eine ekelhafte schwarze Flüssigkeit. Oft zeigt sich die
Krankheit erst gegen das Ende der Zucht, entwickelt sich aber als-

4. Viehzucht und Seidenzucht.
Boivre, der Durance und Rhone, aber mit viel grösserer Raschheit, so
dass um’s Jahr 1851 bereits alle seidenbautreibenden Departements
Frankreichs damit behaftet waren. Im Jahre 1854 trat sie zuerst in
Italien bemerkbar auf; doch nahm man ihre verderblichen Wirkungen
ganz besonders 1856 wahr, wo an vielen Orten die Ernte auf ein
Viertel der normalen sank. Eine Erscheinung, welche dem National-
wohlstande Frankreichs, Italiens und anderer Länder so tiefe Wunden
schlug, erregte natürlich die Aufmerksamkeit und das Nachdenken der
Regierungen und Gelehrten. Zahlreiche Mittel wurden zur Abhülfe
empfohlen und versucht, keins verfing. Man wandte sich weiter öst-
lich, nach den unteren Donauländern, nach Griechenland und Klein-
asien, um durch Einführung von Samen anderer, scheinbar noch ge-
sunder Rassen dem Uebel zu steuern, aber fast schien es, als ob mit
den Händlern auch die Krankheit nach Osten wandere. Dieselbe ver-
breitete sich immer weiter, zeigte sich auch in der Krimm, in Trans-
kaukasien und Persien und endlich sogar in Indien und China. Nur
ein Land, Japan, schien von der Seuche verschont geblieben zu sein,
und auf dieses richteten sich darum alle Blicke der nach Erlösung
verlangenden Seidenzüchter Europas. Ein neues Geschäft, die Aus-
fuhr von Seidenraupeneiern, entwickelte sich daraus für Japan, ein
Geschäft, das bald bedeutende Dimensionen annahm und auf die ja-
panische Seidenzucht selbst einen grossen Einfluss übte. Bevor wir
diesen weiter betrachten, mögen hier noch einige Angaben über die
Krankheit selbst Platz finden.

Das Vorhandensein der Fleckenkrankheit verräth sich zunächst
durch ein auffälliges Zurückbleiben im Wachsthum mancher Raupen.
Solche kleine Raupen zeigen abnehmende Fresslust und schleppen sich
matt und träge dahin. Die Häutungen treten später ein, als bei den
gesunden Altersgenossen; bei der vierten Häutung beträgt der Unter-
schied 8—14 Tage und es geht der grösste Theil derselben zu Grunde,
bevor er die Spinnreife erreicht. Ihr Körper ist weich, nimmt eine
schmutziggelbe Farbe an und zeigt eigenthümliche Flecken, zunächst
an den mit kleinen Härchen versehenen Stellen. Diese Flecken, an-
fangs klein und wie schwache Schatten aussehend, vergrössern und
verdunkeln sich allmählich, fliessen zu unregelmässigen Formen zu-
sammen und sind schliesslich pechschwarz und glänzend. Die Aus-
würfe sind weicher als im gesunden Zustande und mit gelbem Schleim
bedeckt, der an der Luft rasch erhärtet, auch für sich ausfliesst, sich
schwärzt und oft den After verstopft. Nach dem Tode zerfliesst die
Raupe bald in eine ekelhafte schwarze Flüssigkeit. Oft zeigt sich die
Krankheit erst gegen das Ende der Zucht, entwickelt sich aber als-

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[237/0259] 4. Viehzucht und Seidenzucht. Boivre, der Durance und Rhone, aber mit viel grösserer Raschheit, so dass um’s Jahr 1851 bereits alle seidenbautreibenden Departements Frankreichs damit behaftet waren. Im Jahre 1854 trat sie zuerst in Italien bemerkbar auf; doch nahm man ihre verderblichen Wirkungen ganz besonders 1856 wahr, wo an vielen Orten die Ernte auf ein Viertel der normalen sank. Eine Erscheinung, welche dem National- wohlstande Frankreichs, Italiens und anderer Länder so tiefe Wunden schlug, erregte natürlich die Aufmerksamkeit und das Nachdenken der Regierungen und Gelehrten. Zahlreiche Mittel wurden zur Abhülfe empfohlen und versucht, keins verfing. Man wandte sich weiter öst- lich, nach den unteren Donauländern, nach Griechenland und Klein- asien, um durch Einführung von Samen anderer, scheinbar noch ge- sunder Rassen dem Uebel zu steuern, aber fast schien es, als ob mit den Händlern auch die Krankheit nach Osten wandere. Dieselbe ver- breitete sich immer weiter, zeigte sich auch in der Krimm, in Trans- kaukasien und Persien und endlich sogar in Indien und China. Nur ein Land, Japan, schien von der Seuche verschont geblieben zu sein, und auf dieses richteten sich darum alle Blicke der nach Erlösung verlangenden Seidenzüchter Europas. Ein neues Geschäft, die Aus- fuhr von Seidenraupeneiern, entwickelte sich daraus für Japan, ein Geschäft, das bald bedeutende Dimensionen annahm und auf die ja- panische Seidenzucht selbst einen grossen Einfluss übte. Bevor wir diesen weiter betrachten, mögen hier noch einige Angaben über die Krankheit selbst Platz finden. Das Vorhandensein der Fleckenkrankheit verräth sich zunächst durch ein auffälliges Zurückbleiben im Wachsthum mancher Raupen. Solche kleine Raupen zeigen abnehmende Fresslust und schleppen sich matt und träge dahin. Die Häutungen treten später ein, als bei den gesunden Altersgenossen; bei der vierten Häutung beträgt der Unter- schied 8—14 Tage und es geht der grösste Theil derselben zu Grunde, bevor er die Spinnreife erreicht. Ihr Körper ist weich, nimmt eine schmutziggelbe Farbe an und zeigt eigenthümliche Flecken, zunächst an den mit kleinen Härchen versehenen Stellen. Diese Flecken, an- fangs klein und wie schwache Schatten aussehend, vergrössern und verdunkeln sich allmählich, fliessen zu unregelmässigen Formen zu- sammen und sind schliesslich pechschwarz und glänzend. Die Aus- würfe sind weicher als im gesunden Zustande und mit gelbem Schleim bedeckt, der an der Luft rasch erhärtet, auch für sich ausfliesst, sich schwärzt und oft den After verstopft. Nach dem Tode zerfliesst die Raupe bald in eine ekelhafte schwarze Flüssigkeit. Oft zeigt sich die Krankheit erst gegen das Ende der Zucht, entwickelt sich aber als-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/259>, abgerufen am 22.11.2024.