darüber, was ihm vornehmlich nach japanischen Quellen bekannt wurde, in einem Artikel betitelt "Der Kampferspinner (Genziki mushi)"*) veröffentlicht.
Das Insekt nährt sich von den Blättern der Kastanie, der Wall- nuss, verschiedener Eichen- und Sumacharten und im südlichen Japan auch von denen des Kampferlorbeers. Ich fand es häufig auf allen meinen Reisen in Japan und überzeugte mich, dass sein Lieblings- wirth der Kuri (Castanea vulgaris Lamk.) ist. Die grossen Raupen fressen einzelnstehende Kastanienbäume oft ganz kahl und rufen auch in grösseren Beständen zuweilen erkleckliche Verheerungen hervor, während sie andere Bäume daneben meist ganz verschonen. Da nun ausserdem jene Nährpflanze gleich der Raupe selbst über ganz Japan verbreitet ist, so ziehe ich vor, diese "Kastanienspinner" zu nennen, weil dies die allein passende Bezeichnung ist. Der Bauch dieser grossen Raupe ist hellgrün, der Rücken grauweiss. Eine Reihe schöner blauer Flecken bezeichnet auf jeder Seite die Tracheen. Seidenglänzende, grauweisse Haare von Centimeterlänge bedecken die Oberseite und bewirken im Verein mit der hellen Farbe der Raupen selbst, dass diese aus einiger Entfernung das Aussehen der blühenden Kätzchen ihres Ernährers haben.
Der Kastanienspinner bildet kein allseits geschlossenes Cocon, sondern ein ziemlich grobes netzförmiges Gewebe von bräunlicher Färbung, dessen Fäden nur mühsam abzuwinden und nur als Ein- schlag zu groben Zeugen zu verwenden sind. Früher benutzte man die spinnreifen Raupen, wie es scheint häufiger als jetzt, zu den sogenannten Tengusu (Silkworm guts), indem man sie in Essig legte, sorgfältig an den Spinndrüsen öffnete, und die Seide als Faden von mehreren Fuss Länge hervorzog. Seitdem jedoch das feinere Material aus China leicht und billig zu haben ist, geben diesem auch die japanischen Angelfischer den Vorzug. (Siehe pg. 232 Anmkg.)
5. Forstwirthschaft.
Verhältniss der japanischen Wälder (Hayashi) zu den übrigen Culturformen und zum Oedland. Unterscheidung derselben in Cultur- und Natur- oder Gebirgswälder. Charakter, Verbreitung und Verwerthung beider Arten. Einfluss auf das Klima. --
Nach der früher (S. 11 u. 12) gegebenen Uebersicht der wirth- schaftlichen Bodeneintheilung in Alt-Japan, welche sich auf officielle
*) Mitth. d. deutsch. Ges. etc. 9. Heft. Yokohama 1876.
I. Land- und Forstwirthschaft.
darüber, was ihm vornehmlich nach japanischen Quellen bekannt wurde, in einem Artikel betitelt »Der Kampferspinner (Genziki mushi)«*) veröffentlicht.
Das Insekt nährt sich von den Blättern der Kastanie, der Wall- nuss, verschiedener Eichen- und Sumacharten und im südlichen Japan auch von denen des Kampferlorbeers. Ich fand es häufig auf allen meinen Reisen in Japan und überzeugte mich, dass sein Lieblings- wirth der Kuri (Castanea vulgaris Lamk.) ist. Die grossen Raupen fressen einzelnstehende Kastanienbäume oft ganz kahl und rufen auch in grösseren Beständen zuweilen erkleckliche Verheerungen hervor, während sie andere Bäume daneben meist ganz verschonen. Da nun ausserdem jene Nährpflanze gleich der Raupe selbst über ganz Japan verbreitet ist, so ziehe ich vor, diese »Kastanienspinner« zu nennen, weil dies die allein passende Bezeichnung ist. Der Bauch dieser grossen Raupe ist hellgrün, der Rücken grauweiss. Eine Reihe schöner blauer Flecken bezeichnet auf jeder Seite die Tracheen. Seidenglänzende, grauweisse Haare von Centimeterlänge bedecken die Oberseite und bewirken im Verein mit der hellen Farbe der Raupen selbst, dass diese aus einiger Entfernung das Aussehen der blühenden Kätzchen ihres Ernährers haben.
Der Kastanienspinner bildet kein allseits geschlossenes Cocon, sondern ein ziemlich grobes netzförmiges Gewebe von bräunlicher Färbung, dessen Fäden nur mühsam abzuwinden und nur als Ein- schlag zu groben Zeugen zu verwenden sind. Früher benutzte man die spinnreifen Raupen, wie es scheint häufiger als jetzt, zu den sogenannten Tengusu (Silkworm guts), indem man sie in Essig legte, sorgfältig an den Spinndrüsen öffnete, und die Seide als Faden von mehreren Fuss Länge hervorzog. Seitdem jedoch das feinere Material aus China leicht und billig zu haben ist, geben diesem auch die japanischen Angelfischer den Vorzug. (Siehe pg. 232 Anmkg.)
5. Forstwirthschaft.
Verhältniss der japanischen Wälder (Hayashi) zu den übrigen Culturformen und zum Oedland. Unterscheidung derselben in Cultur- und Natur- oder Gebirgswälder. Charakter, Verbreitung und Verwerthung beider Arten. Einfluss auf das Klima. —
Nach der früher (S. 11 u. 12) gegebenen Uebersicht der wirth- schaftlichen Bodeneintheilung in Alt-Japan, welche sich auf officielle
*) Mitth. d. deutsch. Ges. etc. 9. Heft. Yokohama 1876.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0274"n="250"/><fwplace="top"type="header">I. Land- und Forstwirthschaft.</fw><lb/>
darüber, was ihm vornehmlich nach japanischen Quellen bekannt<lb/>
wurde, in einem Artikel betitelt »Der Kampferspinner (Genziki mushi)«<noteplace="foot"n="*)">Mitth. d. deutsch. Ges. etc. 9. Heft. Yokohama 1876.</note><lb/>
veröffentlicht.</p><lb/><p>Das Insekt nährt sich von den Blättern der Kastanie, der Wall-<lb/>
nuss, verschiedener Eichen- und Sumacharten und im südlichen Japan<lb/>
auch von denen des Kampferlorbeers. Ich fand es häufig auf allen<lb/>
meinen Reisen in Japan und überzeugte mich, dass sein Lieblings-<lb/>
wirth der Kuri (Castanea vulgaris Lamk.) ist. Die grossen Raupen<lb/>
fressen einzelnstehende Kastanienbäume oft ganz kahl und rufen auch<lb/>
in grösseren Beständen zuweilen erkleckliche Verheerungen hervor,<lb/>
während sie andere Bäume daneben meist ganz verschonen. Da nun<lb/>
ausserdem jene Nährpflanze gleich der Raupe selbst über ganz Japan<lb/>
verbreitet ist, so ziehe ich vor, diese »<hirendition="#g">Kastanienspinner</hi>« zu<lb/>
nennen, weil dies die allein passende Bezeichnung ist. Der Bauch<lb/>
dieser grossen Raupe ist hellgrün, der Rücken grauweiss. Eine Reihe<lb/>
schöner blauer Flecken bezeichnet auf jeder Seite die Tracheen.<lb/>
Seidenglänzende, grauweisse Haare von Centimeterlänge bedecken die<lb/>
Oberseite und bewirken im Verein mit der hellen Farbe der Raupen<lb/>
selbst, dass diese aus einiger Entfernung das Aussehen der blühenden<lb/>
Kätzchen ihres Ernährers haben.</p><lb/><p>Der Kastanienspinner bildet kein allseits geschlossenes Cocon,<lb/>
sondern ein ziemlich grobes netzförmiges Gewebe von bräunlicher<lb/>
Färbung, dessen Fäden nur mühsam abzuwinden und nur als Ein-<lb/>
schlag zu groben Zeugen zu verwenden sind. Früher benutzte man die<lb/>
spinnreifen Raupen, wie es scheint häufiger als jetzt, zu den sogenannten<lb/>
Tengusu (Silkworm guts), indem man sie in Essig legte, sorgfältig an<lb/>
den Spinndrüsen öffnete, und die Seide als Faden von mehreren Fuss<lb/>
Länge hervorzog. Seitdem jedoch das feinere Material aus China<lb/>
leicht und billig zu haben ist, geben diesem auch die japanischen<lb/>
Angelfischer den Vorzug. (Siehe pg. 232 Anmkg.)</p></div></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><head><hirendition="#b">5. Forstwirthschaft.</hi></head><lb/><p>Verhältniss der japanischen Wälder (Hayashi) zu den übrigen Culturformen und<lb/>
zum Oedland. Unterscheidung derselben in Cultur- und Natur- oder Gebirgswälder.<lb/>
Charakter, Verbreitung und Verwerthung beider Arten. Einfluss auf das Klima. —</p><lb/><p>Nach der früher (S. 11 u. 12) gegebenen Uebersicht der wirth-<lb/>
schaftlichen Bodeneintheilung in <hirendition="#g">Alt-Japan</hi>, welche sich auf officielle<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[250/0274]
I. Land- und Forstwirthschaft.
darüber, was ihm vornehmlich nach japanischen Quellen bekannt
wurde, in einem Artikel betitelt »Der Kampferspinner (Genziki mushi)« *)
veröffentlicht.
Das Insekt nährt sich von den Blättern der Kastanie, der Wall-
nuss, verschiedener Eichen- und Sumacharten und im südlichen Japan
auch von denen des Kampferlorbeers. Ich fand es häufig auf allen
meinen Reisen in Japan und überzeugte mich, dass sein Lieblings-
wirth der Kuri (Castanea vulgaris Lamk.) ist. Die grossen Raupen
fressen einzelnstehende Kastanienbäume oft ganz kahl und rufen auch
in grösseren Beständen zuweilen erkleckliche Verheerungen hervor,
während sie andere Bäume daneben meist ganz verschonen. Da nun
ausserdem jene Nährpflanze gleich der Raupe selbst über ganz Japan
verbreitet ist, so ziehe ich vor, diese »Kastanienspinner« zu
nennen, weil dies die allein passende Bezeichnung ist. Der Bauch
dieser grossen Raupe ist hellgrün, der Rücken grauweiss. Eine Reihe
schöner blauer Flecken bezeichnet auf jeder Seite die Tracheen.
Seidenglänzende, grauweisse Haare von Centimeterlänge bedecken die
Oberseite und bewirken im Verein mit der hellen Farbe der Raupen
selbst, dass diese aus einiger Entfernung das Aussehen der blühenden
Kätzchen ihres Ernährers haben.
Der Kastanienspinner bildet kein allseits geschlossenes Cocon,
sondern ein ziemlich grobes netzförmiges Gewebe von bräunlicher
Färbung, dessen Fäden nur mühsam abzuwinden und nur als Ein-
schlag zu groben Zeugen zu verwenden sind. Früher benutzte man die
spinnreifen Raupen, wie es scheint häufiger als jetzt, zu den sogenannten
Tengusu (Silkworm guts), indem man sie in Essig legte, sorgfältig an
den Spinndrüsen öffnete, und die Seide als Faden von mehreren Fuss
Länge hervorzog. Seitdem jedoch das feinere Material aus China
leicht und billig zu haben ist, geben diesem auch die japanischen
Angelfischer den Vorzug. (Siehe pg. 232 Anmkg.)
5. Forstwirthschaft.
Verhältniss der japanischen Wälder (Hayashi) zu den übrigen Culturformen und
zum Oedland. Unterscheidung derselben in Cultur- und Natur- oder Gebirgswälder.
Charakter, Verbreitung und Verwerthung beider Arten. Einfluss auf das Klima. —
Nach der früher (S. 11 u. 12) gegebenen Uebersicht der wirth-
schaftlichen Bodeneintheilung in Alt-Japan, welche sich auf officielle
*) Mitth. d. deutsch. Ges. etc. 9. Heft. Yokohama 1876.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/274>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.