In dem Gebirgslaubwalde zählt die Buche zu den häufigsten Bäumen. Sie erweist sich auch hier, ebenso wie in unserer deutschen Heimat als bodenpflegende Holzart von hohem Werthe, wie man leicht an der mächtigen Laubdecke*) und den fast meterhohen Wedeln der schönen Lomarien und anderer Farnkräuter, welche üppig über dem Boden emporwachsen, erkennen kann. Auch zwingt sie die verschiedenen an- dern Baumarten, welche sich ihr zugesellen und unter denen stattliche Exemplare der Magnolia hypoleuca, Calopanax ricinifolia und Aesculus turbinata durch ihre grossen, fremdartigen Blätter besonders auffallen, zur Langschaftigkeit und Astreinheit, wie nicht minder die zerstreut auftretende Momitanne (Abies firma).
Es ist klar, dass mit der Erhebung, wie mit der geographischen Breite der Natur-Laubwald Japans wesentlich seine Zusammensetzung ändert. Neben einer ganzen Anzahl Baum- und Straucharten, welche man von Yezo bis nach dem südlichen Kiushiu in demselben immer wieder findet, treten gen Süden und in geringerer Meereshöhe mehr und mehr immergrüne Bäume und Sträucher hinzu, worunter lorbeer- blätterige Eichen, Camellien und andere Ternströmiaceen, der Kampfer- lorbeer, sowie verwandte Cinnamomum-Arten, besonders in die Augen fallen. Auf Shikoku und der Halbinsel Yamato mischt sich stellen- weise die Camellie mit der Buche, blattwechselnden Eichen und Ahorn- arten. In Hiuga sah ich sie in gleicher Höhe in Gesellschaft von Quercus cuspidata, Illicium religiosum und immergrünen Daphne- Büschen. An noch andern Stellen des südlichen Kiushiu und bis zu 300 m Seehöhe finden wir neben ihr und immergrünen Eichen hohe Bäume der Cinnamomum-Arten und als Unterholz u. A. Buxus japonica.
Indess müssen wir alle diese Wälder doch in der Gruppe der Naturwälder vereinigen; denn sie sind nicht das Produkt einer Wald- cultur zu bestimmten Zwecken, sondern der eigenartigen Natur. Auch erkennen wir in allen noch einen andern und viel interessanteren ge- meinsamen Zug. Derselbe besteht in ihrer grossen Verwandtschaft mit den Wäldern des Atlantischen Gebietes von Nordamerika, sowie mit denen der Tertiärzeit in Mitteleuropa. Ein näheres Eingehen auf diese Verhältnisse liegt jedoch ausserhalb der Zwecke dieser Arbeit und kann hier um so mehr wegbleiben, als diejenigen, welche sich dafür interessieren, bereits im I. Bande pg. 191--198 das Nähere dar- über finden werden.
*) Eine Beeinträchtigung der Selbsterhaltung des japanischen Waldes durch Hutungen oder Entziehung der Streudecke kommt nach dem, was früher über Viehzucht und Dünger gesagt wurde, nicht vor.
I. Land- und Forstwirthschaft.
In dem Gebirgslaubwalde zählt die Buche zu den häufigsten Bäumen. Sie erweist sich auch hier, ebenso wie in unserer deutschen Heimat als bodenpflegende Holzart von hohem Werthe, wie man leicht an der mächtigen Laubdecke*) und den fast meterhohen Wedeln der schönen Lomarien und anderer Farnkräuter, welche üppig über dem Boden emporwachsen, erkennen kann. Auch zwingt sie die verschiedenen an- dern Baumarten, welche sich ihr zugesellen und unter denen stattliche Exemplare der Magnolia hypoleuca, Calopanax ricinifolia und Aesculus turbinata durch ihre grossen, fremdartigen Blätter besonders auffallen, zur Langschaftigkeit und Astreinheit, wie nicht minder die zerstreut auftretende Momitanne (Abies firma).
Es ist klar, dass mit der Erhebung, wie mit der geographischen Breite der Natur-Laubwald Japans wesentlich seine Zusammensetzung ändert. Neben einer ganzen Anzahl Baum- und Straucharten, welche man von Yezo bis nach dem südlichen Kiushiu in demselben immer wieder findet, treten gen Süden und in geringerer Meereshöhe mehr und mehr immergrüne Bäume und Sträucher hinzu, worunter lorbeer- blätterige Eichen, Camellien und andere Ternströmiaceen, der Kampfer- lorbeer, sowie verwandte Cinnamomum-Arten, besonders in die Augen fallen. Auf Shikoku und der Halbinsel Yamato mischt sich stellen- weise die Camellie mit der Buche, blattwechselnden Eichen und Ahorn- arten. In Hiuga sah ich sie in gleicher Höhe in Gesellschaft von Quercus cuspidata, Illicium religiosum und immergrünen Daphne- Büschen. An noch andern Stellen des südlichen Kiushiu und bis zu 300 m Seehöhe finden wir neben ihr und immergrünen Eichen hohe Bäume der Cinnamomum-Arten und als Unterholz u. A. Buxus japonica.
Indess müssen wir alle diese Wälder doch in der Gruppe der Naturwälder vereinigen; denn sie sind nicht das Produkt einer Wald- cultur zu bestimmten Zwecken, sondern der eigenartigen Natur. Auch erkennen wir in allen noch einen andern und viel interessanteren ge- meinsamen Zug. Derselbe besteht in ihrer grossen Verwandtschaft mit den Wäldern des Atlantischen Gebietes von Nordamerika, sowie mit denen der Tertiärzeit in Mitteleuropa. Ein näheres Eingehen auf diese Verhältnisse liegt jedoch ausserhalb der Zwecke dieser Arbeit und kann hier um so mehr wegbleiben, als diejenigen, welche sich dafür interessieren, bereits im I. Bande pg. 191—198 das Nähere dar- über finden werden.
*) Eine Beeinträchtigung der Selbsterhaltung des japanischen Waldes durch Hutungen oder Entziehung der Streudecke kommt nach dem, was früher über Viehzucht und Dünger gesagt wurde, nicht vor.
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I. Land- und Forstwirthschaft.
In dem Gebirgslaubwalde zählt die Buche zu den häufigsten Bäumen.
Sie erweist sich auch hier, ebenso wie in unserer deutschen Heimat
als bodenpflegende Holzart von hohem Werthe, wie man leicht an der
mächtigen Laubdecke *) und den fast meterhohen Wedeln der schönen
Lomarien und anderer Farnkräuter, welche üppig über dem Boden
emporwachsen, erkennen kann. Auch zwingt sie die verschiedenen an-
dern Baumarten, welche sich ihr zugesellen und unter denen stattliche
Exemplare der Magnolia hypoleuca, Calopanax ricinifolia und Aesculus
turbinata durch ihre grossen, fremdartigen Blätter besonders auffallen,
zur Langschaftigkeit und Astreinheit, wie nicht minder die zerstreut
auftretende Momitanne (Abies firma).
Es ist klar, dass mit der Erhebung, wie mit der geographischen
Breite der Natur-Laubwald Japans wesentlich seine Zusammensetzung
ändert. Neben einer ganzen Anzahl Baum- und Straucharten, welche
man von Yezo bis nach dem südlichen Kiushiu in demselben immer
wieder findet, treten gen Süden und in geringerer Meereshöhe mehr
und mehr immergrüne Bäume und Sträucher hinzu, worunter lorbeer-
blätterige Eichen, Camellien und andere Ternströmiaceen, der Kampfer-
lorbeer, sowie verwandte Cinnamomum-Arten, besonders in die Augen
fallen. Auf Shikoku und der Halbinsel Yamato mischt sich stellen-
weise die Camellie mit der Buche, blattwechselnden Eichen und Ahorn-
arten. In Hiuga sah ich sie in gleicher Höhe in Gesellschaft von
Quercus cuspidata, Illicium religiosum und immergrünen Daphne-
Büschen. An noch andern Stellen des südlichen Kiushiu und bis zu
300 m Seehöhe finden wir neben ihr und immergrünen Eichen hohe
Bäume der Cinnamomum-Arten und als Unterholz u. A. Buxus japonica.
Indess müssen wir alle diese Wälder doch in der Gruppe der
Naturwälder vereinigen; denn sie sind nicht das Produkt einer Wald-
cultur zu bestimmten Zwecken, sondern der eigenartigen Natur. Auch
erkennen wir in allen noch einen andern und viel interessanteren ge-
meinsamen Zug. Derselbe besteht in ihrer grossen Verwandtschaft
mit den Wäldern des Atlantischen Gebietes von Nordamerika, sowie
mit denen der Tertiärzeit in Mitteleuropa. Ein näheres Eingehen auf
diese Verhältnisse liegt jedoch ausserhalb der Zwecke dieser Arbeit
und kann hier um so mehr wegbleiben, als diejenigen, welche sich
dafür interessieren, bereits im I. Bande pg. 191—198 das Nähere dar-
über finden werden.
*) Eine Beeinträchtigung der Selbsterhaltung des japanischen Waldes durch
Hutungen oder Entziehung der Streudecke kommt nach dem, was früher über
Viehzucht und Dünger gesagt wurde, nicht vor.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/284>, abgerufen am 22.11.2024.
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