8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Winterkälte. Dagegen gedeiht sie südlich der Alpen vortrefflich im Freien und ohne besondere Pflege. Neben ihr hat man von den vielen Arten bei uns neuerdings vielfach
Hydrangea paniculata Sieb. angepflanzt, einen hohen Strauch, den Japanern unter den Namen Shiro-utsugi und Nori-no-ki be- kannt, der bei uns durchaus winterhart ist. In seiner Heimat bewohnt er die Bergwälder bis zu 1500 m Höhe und wird aufgesucht seines schleimigen Bastes wegen, den man in der Papierindustrie verwen- det. Seine Blüthezeit fällt in den Hochsommer, ebenso wie von der Hortensie.
Macleya cordata R. Brown, jap. Chanpagiku und Takeni- gusa. Dieses perennierende, durch seine Gestalt, Blattform und Farbe gleich auffallende, krautartige Ziergewächs aus China und Japan, der Familie der Papaveraceen angehörend, ist in den Gärten und Park- anlagen vom Mittelmeer bis nach England recht verbreitet, auch bei uns in Deutschland neuerdings oft zu sehen. Die ausdauernde Wurzel treibt jedes Jahr einen bis 2 m hohen steifen Stengel, der im Nach- sommer an der Spitze eine lange Blüthenähre entwickelt. Die grossen vielgebuchteten Blätter bilden mit dem weisslichen Filz, welcher die ganze Pflanze überzieht, ihre bemerkenswerthesten Züge. Es gibt wenig krautartige Gewächse, welche gleich kräftig und ornamental erscheinen.
Polygonum cuspidatum Sieb., jap. Itadori. Mehr noch als von voriger Art kann man von dieser eine überaus rasche und kräftige Entwickelung rühmen. Aus einem polsterartig dicht verzweigten, pe- rennierenden Wurzelstock entwickeln sich zeitig im Frühjahr viele Dutzende kräftiger 2--3 m hoher Stengel, die wie Spargel empor- schiessen und dann mit schöner Belaubung einen dichten hohen Busch bilden von bester Wirkung, namentlich wenn derselbe isoliert steht und sich allseits frei entwickeln kann. In Japan gehört die Pflanze den Bergwaldungen und dem hohen Norden an, so dass man schon hier- aus auf ihr leichtes Fortkommen bei uns schliessen kann.
Aucuba japonica Thunb., jap. Ao-ki.*) Dieser bekannte Zier- strauch entspricht fast allen Ansprüchen an eine gute Blattpflanze. Er ist ziemlich hart und verbindet damit einen raschen Wuchs, starke Ver- ästelung und die Entfaltung einer Fülle ansehnlicher, glänzender,
*) Der japanische Name Ao-ki "grüner Baum", bezieht sich auf die grüne Farbe der Aeste. Die Benennung Aucuba dürfte als Corruption von Ao-kuba d. h. "grünes Blatt" abzuleiten sein, ist aber in Japan nicht gebräuchlich. Die Pflanze bleibt auch in ihrer Heimat stets strauchförmig, so dass die Bezeichnung Thunbergs als "arbor magna" entschieden falsch ist.
Rein, Japan. II. 22
8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Winterkälte. Dagegen gedeiht sie südlich der Alpen vortrefflich im Freien und ohne besondere Pflege. Neben ihr hat man von den vielen Arten bei uns neuerdings vielfach
Hydrangea paniculata Sieb. angepflanzt, einen hohen Strauch, den Japanern unter den Namen Shiro-utsugi und Nori-no-ki be- kannt, der bei uns durchaus winterhart ist. In seiner Heimat bewohnt er die Bergwälder bis zu 1500 m Höhe und wird aufgesucht seines schleimigen Bastes wegen, den man in der Papierindustrie verwen- det. Seine Blüthezeit fällt in den Hochsommer, ebenso wie von der Hortensie.
Macleya cordata R. Brown, jap. Chanpagiku und Takeni- gusa. Dieses perennierende, durch seine Gestalt, Blattform und Farbe gleich auffallende, krautartige Ziergewächs aus China und Japan, der Familie der Papaveraceen angehörend, ist in den Gärten und Park- anlagen vom Mittelmeer bis nach England recht verbreitet, auch bei uns in Deutschland neuerdings oft zu sehen. Die ausdauernde Wurzel treibt jedes Jahr einen bis 2 m hohen steifen Stengel, der im Nach- sommer an der Spitze eine lange Blüthenähre entwickelt. Die grossen vielgebuchteten Blätter bilden mit dem weisslichen Filz, welcher die ganze Pflanze überzieht, ihre bemerkenswerthesten Züge. Es gibt wenig krautartige Gewächse, welche gleich kräftig und ornamental erscheinen.
Polygonum cuspidatum Sieb., jap. Itadori. Mehr noch als von voriger Art kann man von dieser eine überaus rasche und kräftige Entwickelung rühmen. Aus einem polsterartig dicht verzweigten, pe- rennierenden Wurzelstock entwickeln sich zeitig im Frühjahr viele Dutzende kräftiger 2—3 m hoher Stengel, die wie Spargel empor- schiessen und dann mit schöner Belaubung einen dichten hohen Busch bilden von bester Wirkung, namentlich wenn derselbe isoliert steht und sich allseits frei entwickeln kann. In Japan gehört die Pflanze den Bergwaldungen und dem hohen Norden an, so dass man schon hier- aus auf ihr leichtes Fortkommen bei uns schliessen kann.
Aucuba japonica Thunb., jap. Ao-ki.*) Dieser bekannte Zier- strauch entspricht fast allen Ansprüchen an eine gute Blattpflanze. Er ist ziemlich hart und verbindet damit einen raschen Wuchs, starke Ver- ästelung und die Entfaltung einer Fülle ansehnlicher, glänzender,
*) Der japanische Name Ao-ki »grüner Baum«, bezieht sich auf die grüne Farbe der Aeste. Die Benennung Aucuba dürfte als Corruption von Ao-kuba d. h. »grünes Blatt« abzuleiten sein, ist aber in Japan nicht gebräuchlich. Die Pflanze bleibt auch in ihrer Heimat stets strauchförmig, so dass die Bezeichnung Thunbergs als »arbor magna« entschieden falsch ist.
Rein, Japan. II. 22
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0361"n="337"/><fwplace="top"type="header">8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.</fw><lb/>
Winterkälte. Dagegen gedeiht sie südlich der Alpen vortrefflich im<lb/>
Freien und ohne besondere Pflege. Neben ihr hat man von den vielen<lb/>
Arten bei uns neuerdings vielfach</p><lb/><p><hirendition="#g">Hydrangea paniculata</hi> Sieb. angepflanzt, einen hohen Strauch,<lb/>
den Japanern unter den Namen <hirendition="#g">Shiro-utsugi</hi> und <hirendition="#g">Nori-no-ki</hi> be-<lb/>
kannt, der bei uns durchaus winterhart ist. In seiner Heimat bewohnt<lb/>
er die Bergwälder bis zu 1500 m Höhe und wird aufgesucht seines<lb/>
schleimigen Bastes wegen, den man in der Papierindustrie verwen-<lb/>
det. Seine Blüthezeit fällt in den Hochsommer, ebenso wie von der<lb/>
Hortensie.</p><lb/><p><hirendition="#g">Macleya cordata</hi> R. Brown, jap. <hirendition="#g">Chanpagiku</hi> und <hirendition="#g">Takeni-<lb/>
gusa</hi>. Dieses perennierende, durch seine Gestalt, Blattform und Farbe<lb/>
gleich auffallende, krautartige Ziergewächs aus China und Japan, der<lb/>
Familie der Papaveraceen angehörend, ist in den Gärten und Park-<lb/>
anlagen vom Mittelmeer bis nach England recht verbreitet, auch bei<lb/>
uns in Deutschland neuerdings oft zu sehen. Die ausdauernde Wurzel<lb/>
treibt jedes Jahr einen bis 2 m hohen steifen Stengel, der im Nach-<lb/>
sommer an der Spitze eine lange Blüthenähre entwickelt. Die grossen<lb/>
vielgebuchteten Blätter bilden mit dem weisslichen Filz, welcher die<lb/>
ganze Pflanze überzieht, ihre bemerkenswerthesten Züge. Es gibt<lb/>
wenig krautartige Gewächse, welche gleich kräftig und ornamental<lb/>
erscheinen.</p><lb/><p><hirendition="#g">Polygonum cuspidatum</hi> Sieb., jap. <hirendition="#g">Itadori</hi>. Mehr noch als<lb/>
von voriger Art kann man von dieser eine überaus rasche und kräftige<lb/>
Entwickelung rühmen. Aus einem polsterartig dicht verzweigten, pe-<lb/>
rennierenden Wurzelstock entwickeln sich zeitig im Frühjahr viele<lb/>
Dutzende kräftiger 2—3 m hoher Stengel, die wie Spargel empor-<lb/>
schiessen und dann mit schöner Belaubung einen dichten hohen Busch<lb/>
bilden von bester Wirkung, namentlich wenn derselbe isoliert steht und<lb/>
sich allseits frei entwickeln kann. In Japan gehört die Pflanze den<lb/>
Bergwaldungen und dem hohen Norden an, so dass man schon hier-<lb/>
aus auf ihr leichtes Fortkommen bei uns schliessen kann.</p><lb/><p><hirendition="#g">Aucuba japonica</hi> Thunb., jap. <hirendition="#g">Ao-</hi>ki.<noteplace="foot"n="*)">Der japanische Name <hirendition="#g">Ao-ki</hi> »grüner Baum«, bezieht sich auf die grüne<lb/>
Farbe der Aeste. Die Benennung <hirendition="#g">Aucuba</hi> dürfte als Corruption von <hirendition="#g">Ao-kuba</hi><lb/>
d. h. »grünes Blatt« abzuleiten sein, ist aber in Japan nicht gebräuchlich. Die<lb/>
Pflanze bleibt auch in ihrer Heimat stets strauchförmig, so dass die Bezeichnung<lb/>
Thunbergs als »arbor magna« entschieden falsch ist.</note> Dieser bekannte Zier-<lb/>
strauch entspricht fast allen Ansprüchen an eine gute Blattpflanze. Er<lb/>
ist ziemlich hart und verbindet damit einen raschen Wuchs, starke Ver-<lb/>
ästelung und die Entfaltung einer Fülle ansehnlicher, glänzender,<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#g">Rein</hi>, Japan. II. 22</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[337/0361]
8. Acclimatisation u. Verbreitung japan. Zier- u. Nutzpflanzen in Europa.
Winterkälte. Dagegen gedeiht sie südlich der Alpen vortrefflich im
Freien und ohne besondere Pflege. Neben ihr hat man von den vielen
Arten bei uns neuerdings vielfach
Hydrangea paniculata Sieb. angepflanzt, einen hohen Strauch,
den Japanern unter den Namen Shiro-utsugi und Nori-no-ki be-
kannt, der bei uns durchaus winterhart ist. In seiner Heimat bewohnt
er die Bergwälder bis zu 1500 m Höhe und wird aufgesucht seines
schleimigen Bastes wegen, den man in der Papierindustrie verwen-
det. Seine Blüthezeit fällt in den Hochsommer, ebenso wie von der
Hortensie.
Macleya cordata R. Brown, jap. Chanpagiku und Takeni-
gusa. Dieses perennierende, durch seine Gestalt, Blattform und Farbe
gleich auffallende, krautartige Ziergewächs aus China und Japan, der
Familie der Papaveraceen angehörend, ist in den Gärten und Park-
anlagen vom Mittelmeer bis nach England recht verbreitet, auch bei
uns in Deutschland neuerdings oft zu sehen. Die ausdauernde Wurzel
treibt jedes Jahr einen bis 2 m hohen steifen Stengel, der im Nach-
sommer an der Spitze eine lange Blüthenähre entwickelt. Die grossen
vielgebuchteten Blätter bilden mit dem weisslichen Filz, welcher die
ganze Pflanze überzieht, ihre bemerkenswerthesten Züge. Es gibt
wenig krautartige Gewächse, welche gleich kräftig und ornamental
erscheinen.
Polygonum cuspidatum Sieb., jap. Itadori. Mehr noch als
von voriger Art kann man von dieser eine überaus rasche und kräftige
Entwickelung rühmen. Aus einem polsterartig dicht verzweigten, pe-
rennierenden Wurzelstock entwickeln sich zeitig im Frühjahr viele
Dutzende kräftiger 2—3 m hoher Stengel, die wie Spargel empor-
schiessen und dann mit schöner Belaubung einen dichten hohen Busch
bilden von bester Wirkung, namentlich wenn derselbe isoliert steht und
sich allseits frei entwickeln kann. In Japan gehört die Pflanze den
Bergwaldungen und dem hohen Norden an, so dass man schon hier-
aus auf ihr leichtes Fortkommen bei uns schliessen kann.
Aucuba japonica Thunb., jap. Ao-ki. *) Dieser bekannte Zier-
strauch entspricht fast allen Ansprüchen an eine gute Blattpflanze. Er
ist ziemlich hart und verbindet damit einen raschen Wuchs, starke Ver-
ästelung und die Entfaltung einer Fülle ansehnlicher, glänzender,
*) Der japanische Name Ao-ki »grüner Baum«, bezieht sich auf die grüne
Farbe der Aeste. Die Benennung Aucuba dürfte als Corruption von Ao-kuba
d. h. »grünes Blatt« abzuleiten sein, ist aber in Japan nicht gebräuchlich. Die
Pflanze bleibt auch in ihrer Heimat stets strauchförmig, so dass die Bezeichnung
Thunbergs als »arbor magna« entschieden falsch ist.
Rein, Japan. II. 22
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/361>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.