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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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3. Lackindustrie.
und auf eigene Füsse gestellt, in keinem andern endlich sich unter
allen Culturvölkern so sehr und unbestritten den Vorrang erworben.*)
Auch sind kaum bei irgend einem andern Industriezweige Japans die
Verwendungen und Behandlungsweisen des Rohmaterials so verschie-
denartig, die Zwecke und Vorzüge der mit ihm behandelten Gegen-
stände so mannigfaltig, wie beim japanischen Lack und der Industrie,
welche ihn verwerthet.

Die grossen Vorzüge der japanischen Lackwaaren sind vor allem
durch mehrere ausgezeichnete Eigenschaften des eigenartigen Lackes
bedingt,**) sodann aber auch durch die sorgfältige Art seiner Verwen-
dung. Japanische Lacksachen zeichnen sich bei grosser Leichtigkeit
und Eleganz des Aussehens durch ihre Solidität aus, durch die Schön-
heit und Anmut der Verzierungen, vornehmlich aber durch verschie-
dene, dem Material selbst zukommende, sehr werthvolle Eigenschaften.
Zu diesen gehört:

1) Die grosse Härte, durch welche japanische Lacküberzüge
alle andern Lackanstriche. selbst die mit Copal-, Theer- und Asphalt-
Lack weit übertreffen, ohne dabei Sprödigkeit zu zeigen und rissig zu
werden.

2) Der hohe Glanz und die Spiegelfläche der sorgfältig auf-
getragenen Lackdecken, namentlich der schwarzen, Eigenschaften,
welche sich unter den verschiedensten atmosphärischen Einflüssen
Jahrzehnte, ja Jahrhunderte hindurch erhalten.

3) Die Widerstandskraft gegen vielerlei Körper, bei deren
Berührung unsere gewöhnlichen Harz-Lackanstriche sofort angegriffen
und zerstört werden.

So wird der japanische Lacküberzug weder durch kochendes
Wasser, noch durch heisse Cigarrenasche angegriffen: ja er widersteht
sogar alkoholischen Flüssigkeiten aller Art, sowie Säuren, wenigstens
in der Kälte. Die heisse, scharf gesalzene Suppe des Japaners greift
die lackierte Holzschale, aus der er sie zu schlürfen pflegt, ebenso
wenig an, wie der erwärmte Sake. Nach Professor H. W. Vogel ist
die einfache, schwarze japanische Lackschale säure- und alkoholfest
und leistet damit in der Photochemie vortreffliche Dienste.

*) Dem Uebergewicht der japanischen Lackindustrie über die chinesische, aus
der sie hervorging, gab schon Pater d'Incarville vor 125 Jahren wiederholt Aus-
druck. Die englische Bezeichnung "to japan", lackieren, ist ebenfalls in diesem
Sinne zu deuten.
**) "Der japanische Lack ist nicht, wie unsere Copallacke, ein künstliches Ge-
misch von Harzen, fetten Oelen und Terpentinöl, sondern im Wesentlichen ein
bereits fertiges Naturproduct." Wagener.
Rein, Japan. II. 26

3. Lackindustrie.
und auf eigene Füsse gestellt, in keinem andern endlich sich unter
allen Culturvölkern so sehr und unbestritten den Vorrang erworben.*)
Auch sind kaum bei irgend einem andern Industriezweige Japans die
Verwendungen und Behandlungsweisen des Rohmaterials so verschie-
denartig, die Zwecke und Vorzüge der mit ihm behandelten Gegen-
stände so mannigfaltig, wie beim japanischen Lack und der Industrie,
welche ihn verwerthet.

Die grossen Vorzüge der japanischen Lackwaaren sind vor allem
durch mehrere ausgezeichnete Eigenschaften des eigenartigen Lackes
bedingt,**) sodann aber auch durch die sorgfältige Art seiner Verwen-
dung. Japanische Lacksachen zeichnen sich bei grosser Leichtigkeit
und Eleganz des Aussehens durch ihre Solidität aus, durch die Schön-
heit und Anmut der Verzierungen, vornehmlich aber durch verschie-
dene, dem Material selbst zukommende, sehr werthvolle Eigenschaften.
Zu diesen gehört:

1) Die grosse Härte, durch welche japanische Lacküberzüge
alle andern Lackanstriche. selbst die mit Copal-, Theer- und Asphalt-
Lack weit übertreffen, ohne dabei Sprödigkeit zu zeigen und rissig zu
werden.

2) Der hohe Glanz und die Spiegelfläche der sorgfältig auf-
getragenen Lackdecken, namentlich der schwarzen, Eigenschaften,
welche sich unter den verschiedensten atmosphärischen Einflüssen
Jahrzehnte, ja Jahrhunderte hindurch erhalten.

3) Die Widerstandskraft gegen vielerlei Körper, bei deren
Berührung unsere gewöhnlichen Harz-Lackanstriche sofort angegriffen
und zerstört werden.

So wird der japanische Lacküberzug weder durch kochendes
Wasser, noch durch heisse Cigarrenasche angegriffen: ja er widersteht
sogar alkoholischen Flüssigkeiten aller Art, sowie Säuren, wenigstens
in der Kälte. Die heisse, scharf gesalzene Suppe des Japaners greift
die lackierte Holzschale, aus der er sie zu schlürfen pflegt, ebenso
wenig an, wie der erwärmte Sake. Nach Professor H. W. Vogel ist
die einfache, schwarze japanische Lackschale säure- und alkoholfest
und leistet damit in der Photochemie vortreffliche Dienste.

*) Dem Uebergewicht der japanischen Lackindustrie über die chinesische, aus
der sie hervorging, gab schon Pater d’Incarville vor 125 Jahren wiederholt Aus-
druck. Die englische Bezeichnung »to japan«, lackieren, ist ebenfalls in diesem
Sinne zu deuten.
**) »Der japanische Lack ist nicht, wie unsere Copallacke, ein künstliches Ge-
misch von Harzen, fetten Oelen und Terpentinöl, sondern im Wesentlichen ein
bereits fertiges Naturproduct.« Wagener.
Rein, Japan. II. 26
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[401/0425] 3. Lackindustrie. und auf eigene Füsse gestellt, in keinem andern endlich sich unter allen Culturvölkern so sehr und unbestritten den Vorrang erworben. *) Auch sind kaum bei irgend einem andern Industriezweige Japans die Verwendungen und Behandlungsweisen des Rohmaterials so verschie- denartig, die Zwecke und Vorzüge der mit ihm behandelten Gegen- stände so mannigfaltig, wie beim japanischen Lack und der Industrie, welche ihn verwerthet. Die grossen Vorzüge der japanischen Lackwaaren sind vor allem durch mehrere ausgezeichnete Eigenschaften des eigenartigen Lackes bedingt, **) sodann aber auch durch die sorgfältige Art seiner Verwen- dung. Japanische Lacksachen zeichnen sich bei grosser Leichtigkeit und Eleganz des Aussehens durch ihre Solidität aus, durch die Schön- heit und Anmut der Verzierungen, vornehmlich aber durch verschie- dene, dem Material selbst zukommende, sehr werthvolle Eigenschaften. Zu diesen gehört: 1) Die grosse Härte, durch welche japanische Lacküberzüge alle andern Lackanstriche. selbst die mit Copal-, Theer- und Asphalt- Lack weit übertreffen, ohne dabei Sprödigkeit zu zeigen und rissig zu werden. 2) Der hohe Glanz und die Spiegelfläche der sorgfältig auf- getragenen Lackdecken, namentlich der schwarzen, Eigenschaften, welche sich unter den verschiedensten atmosphärischen Einflüssen Jahrzehnte, ja Jahrhunderte hindurch erhalten. 3) Die Widerstandskraft gegen vielerlei Körper, bei deren Berührung unsere gewöhnlichen Harz-Lackanstriche sofort angegriffen und zerstört werden. So wird der japanische Lacküberzug weder durch kochendes Wasser, noch durch heisse Cigarrenasche angegriffen: ja er widersteht sogar alkoholischen Flüssigkeiten aller Art, sowie Säuren, wenigstens in der Kälte. Die heisse, scharf gesalzene Suppe des Japaners greift die lackierte Holzschale, aus der er sie zu schlürfen pflegt, ebenso wenig an, wie der erwärmte Sake. Nach Professor H. W. Vogel ist die einfache, schwarze japanische Lackschale säure- und alkoholfest und leistet damit in der Photochemie vortreffliche Dienste. *) Dem Uebergewicht der japanischen Lackindustrie über die chinesische, aus der sie hervorging, gab schon Pater d’Incarville vor 125 Jahren wiederholt Aus- druck. Die englische Bezeichnung »to japan«, lackieren, ist ebenfalls in diesem Sinne zu deuten. **) »Der japanische Lack ist nicht, wie unsere Copallacke, ein künstliches Ge- misch von Harzen, fetten Oelen und Terpentinöl, sondern im Wesentlichen ein bereits fertiges Naturproduct.« Wagener. Rein, Japan. II. 26

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/425>, abgerufen am 24.11.2024.