Die Japaner unterscheiden je nach der Färbung und Dicke der Rinde, sowie der Beschaffenheit der Blätter viele Abarten von Kodzo, wozu auch die in Miquel's Prolusio florae japonicae, sowie in der Enumeratio Plantarum von Franchet und Savatier als selbständige Arten aufgezählten Broussonetia Kasinoki Sieb. und B. Kaempferi Sieb. gehören. Die typische und verbreitetste Form hat meist sym- metrische, drei- oder fünflappige Blätter, deren Unterseite, gleich den 5--6 Centimeter langen Stielen und jüngeren Zweigen mit einem dicken grauweissen, sammetweichen Flaum bedeckt und deren Ränder gesägt sind. Die Rinde der einjährigen Triebe ist rothbraun. Ein deutliches Bild eines solchen Papiermaulbeerbusches, wie er Mitte Sommer er- scheint, bietet die beistehende Tafel X. Der Holzschnitt ist dem 5. Heft des japanischen Werkes Ko-yeki-koku sanko entnommen und nur insofern nicht treu, als er die gesägten Ränder der Blätter nicht angibt. Auf Tafel XI. der folgenden Seite sehen wir einen in Tokio angefertigten Holzschnitt einer Varietät der Papiermaulbeere auf reinem Bastpapier der diöcischen Pflanze. Links ist ein älterer männlicher Baum und darunter ein Kätzchen vor der vollen Entwickelung, rechts befinden sich einige weibliche Schösslinge mit Blüthen. Diese Ab- bildung zeigt neben Tafel X. die grosse Verschiedenheit der Blätter, von denen eine japanische Redensart behauptet, dass nicht zwei sich völlig gleichen. Der Uebergang aus der symmetrisch drei- und fünflappigen Blattform junger Triebe in die unsymmetrisch einseitig gelappte und dann in die ungetheilte, eirundliche, wie sie sich na- mentlich bei älteren Pflanzen findet, ist auch auf dieser Tafel nur schwach angedeutet.
Der Papiermaulbeerbaum wurde schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Europa eingeführt und hat als Zierpflanze eine ziem- lich weite Verbreitung gefunden, namentlich in der Mittelmeerregion. In den milderen Gegenden Deutschlands, z. B. am Rhein und Main, hat er sich schon lange eingebürgert. Strenge Winterkälte hält er nicht aus. Eine Pflanzung, welche ich auf einem Stück guten frucht- baren Landes bei Marburg angelegt hatte, gedieh vortrefflich. Die grössten Schösslinge hatten bereits im zweiten Sommer (1877) eine Höhe von 1,5--1,6 m und 7 cm Umfang erreicht. Da kam die strenge Winterkälte von 1879/80 und zerstörte die Büsche bis auf die Wur- zeln. Diesen Versuchen waren solche mit der Anpflanzung der Papier- maulbeere an mehreren Eisenbahndämmen um Frankfurt a/M. voraus- gegangen, aber ebenfalls misslungen, weil der Boden sich als zu unfruchtbar und trocken erwies.
2) Edgeworthia papyrifera S. & Z. (E. chrysantha Lindl.),
III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die Japaner unterscheiden je nach der Färbung und Dicke der Rinde, sowie der Beschaffenheit der Blätter viele Abarten von Kôdzo, wozu auch die in Miquel’s Prolusio florae japonicae, sowie in der Enumeratio Plantarum von Franchet und Savatier als selbständige Arten aufgezählten Broussonetia Kasinoki Sieb. und B. Kaempferi Sieb. gehören. Die typische und verbreitetste Form hat meist sym- metrische, drei- oder fünflappige Blätter, deren Unterseite, gleich den 5—6 Centimeter langen Stielen und jüngeren Zweigen mit einem dicken grauweissen, sammetweichen Flaum bedeckt und deren Ränder gesägt sind. Die Rinde der einjährigen Triebe ist rothbraun. Ein deutliches Bild eines solchen Papiermaulbeerbusches, wie er Mitte Sommer er- scheint, bietet die beistehende Tafel X. Der Holzschnitt ist dem 5. Heft des japanischen Werkes Ko-yeki-koku sanko entnommen und nur insofern nicht treu, als er die gesägten Ränder der Blätter nicht angibt. Auf Tafel XI. der folgenden Seite sehen wir einen in Tôkio angefertigten Holzschnitt einer Varietät der Papiermaulbeere auf reinem Bastpapier der diöcischen Pflanze. Links ist ein älterer männlicher Baum und darunter ein Kätzchen vor der vollen Entwickelung, rechts befinden sich einige weibliche Schösslinge mit Blüthen. Diese Ab- bildung zeigt neben Tafel X. die grosse Verschiedenheit der Blätter, von denen eine japanische Redensart behauptet, dass nicht zwei sich völlig gleichen. Der Uebergang aus der symmetrisch drei- und fünflappigen Blattform junger Triebe in die unsymmetrisch einseitig gelappte und dann in die ungetheilte, eirundliche, wie sie sich na- mentlich bei älteren Pflanzen findet, ist auch auf dieser Tafel nur schwach angedeutet.
Der Papiermaulbeerbaum wurde schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts in Europa eingeführt und hat als Zierpflanze eine ziem- lich weite Verbreitung gefunden, namentlich in der Mittelmeerregion. In den milderen Gegenden Deutschlands, z. B. am Rhein und Main, hat er sich schon lange eingebürgert. Strenge Winterkälte hält er nicht aus. Eine Pflanzung, welche ich auf einem Stück guten frucht- baren Landes bei Marburg angelegt hatte, gedieh vortrefflich. Die grössten Schösslinge hatten bereits im zweiten Sommer (1877) eine Höhe von 1,5—1,6 m und 7 cm Umfang erreicht. Da kam die strenge Winterkälte von 1879/80 und zerstörte die Büsche bis auf die Wur- zeln. Diesen Versuchen waren solche mit der Anpflanzung der Papier- maulbeere an mehreren Eisenbahndämmen um Frankfurt a/M. voraus- gegangen, aber ebenfalls misslungen, weil der Boden sich als zu unfruchtbar und trocken erwies.
2) Edgeworthia papyrifera S. & Z. (E. chrysantha Lindl.),
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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Die Japaner unterscheiden je nach der Färbung und Dicke der
Rinde, sowie der Beschaffenheit der Blätter viele Abarten von Kôdzo,
wozu auch die in Miquel’s Prolusio florae japonicae, sowie in der
Enumeratio Plantarum von Franchet und Savatier als selbständige
Arten aufgezählten Broussonetia Kasinoki Sieb. und B. Kaempferi
Sieb. gehören. Die typische und verbreitetste Form hat meist sym-
metrische, drei- oder fünflappige Blätter, deren Unterseite, gleich den
5—6 Centimeter langen Stielen und jüngeren Zweigen mit einem dicken
grauweissen, sammetweichen Flaum bedeckt und deren Ränder gesägt
sind. Die Rinde der einjährigen Triebe ist rothbraun. Ein deutliches
Bild eines solchen Papiermaulbeerbusches, wie er Mitte Sommer er-
scheint, bietet die beistehende Tafel X. Der Holzschnitt ist dem
5. Heft des japanischen Werkes Ko-yeki-koku sanko entnommen und
nur insofern nicht treu, als er die gesägten Ränder der Blätter nicht
angibt. Auf Tafel XI. der folgenden Seite sehen wir einen in Tôkio
angefertigten Holzschnitt einer Varietät der Papiermaulbeere auf reinem
Bastpapier der diöcischen Pflanze. Links ist ein älterer männlicher
Baum und darunter ein Kätzchen vor der vollen Entwickelung, rechts
befinden sich einige weibliche Schösslinge mit Blüthen. Diese Ab-
bildung zeigt neben Tafel X. die grosse Verschiedenheit der Blätter,
von denen eine japanische Redensart behauptet, dass nicht zwei
sich völlig gleichen. Der Uebergang aus der symmetrisch drei- und
fünflappigen Blattform junger Triebe in die unsymmetrisch einseitig
gelappte und dann in die ungetheilte, eirundliche, wie sie sich na-
mentlich bei älteren Pflanzen findet, ist auch auf dieser Tafel nur
schwach angedeutet.
Der Papiermaulbeerbaum wurde schon um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts in Europa eingeführt und hat als Zierpflanze eine ziem-
lich weite Verbreitung gefunden, namentlich in der Mittelmeerregion.
In den milderen Gegenden Deutschlands, z. B. am Rhein und Main,
hat er sich schon lange eingebürgert. Strenge Winterkälte hält er
nicht aus. Eine Pflanzung, welche ich auf einem Stück guten frucht-
baren Landes bei Marburg angelegt hatte, gedieh vortrefflich. Die
grössten Schösslinge hatten bereits im zweiten Sommer (1877) eine
Höhe von 1,5—1,6 m und 7 cm Umfang erreicht. Da kam die strenge
Winterkälte von 1879/80 und zerstörte die Büsche bis auf die Wur-
zeln. Diesen Versuchen waren solche mit der Anpflanzung der Papier-
maulbeere an mehreren Eisenbahndämmen um Frankfurt a/M. voraus-
gegangen, aber ebenfalls misslungen, weil der Boden sich als zu
unfruchtbar und trocken erwies.
2) Edgeworthia papyrifera S. & Z. (E. chrysantha Lindl.),
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 470. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/504>, abgerufen am 22.11.2024.
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