Industriestadt, ist nicht zurückgeblieben. Auch hier hat das Bestreben, durch eine mit viel Verständniss gewählte Zusammenstellung und Ab- tönung der Farben zu wirken, neue Mittel und Wege gefunden. Dies zeigt uns die Vase auf Tafel XVIII. *) Auf dem dunkelbraunen Grunde heben sich die Blumen (Camellia Sasanqua) und Blätter in helleren Farben, der Vogel und das mit Silberdraht tauschierte Netz der Kreuz- spinne vortrefflich ab. Die Arbeit ist neu und ganz im Kioto-Stil verfertigt. Man arbeitet hier wenig mit bleihaltiger Bronze, wendet dagegen viel Relieftauschierung und Incrustierung an.
Unter den Gebrauchsgegenständen wohlhabender Japaner begegnen wir der Blumenvase (Hana-ike), dem Räuchergefäss (Ko-ro), dem Koh- lenbecken (Hibachi) und dem Spiegel (Kaga-mi) aus Bronze, während der gemeine Mann sich mit viel billigeren irdenen und andern Ersatz- mitteln begnügt. Die bedeutendste und vielseitigste Verwendung findet die Kunstbronze zu den mancherlei Ausstattungsmitteln buddhistischer Tempel. Hier überraschen und imponieren vor allem verschiedene Buddhas und andere Idole durch ihre colossale Grösse und den vor- trefflichen Guss, den wir noch mehr an einer Anzahl riesiger Glocken bewundern können. Aber auch Grabdenkmäler der Shogune zu Nikko und zu Shiba in Tokio, Laternen und eine Menge kleinerer Gegen- stände aus Bronze, wie Vasen, Leuchter, Räuchergefässe und andere mehr, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und liefern den Beweis, dass die Bronzeindustrie vornehmlich im Dienste des buddhistischen Cultus ihre grosse Entwickelung durchgemacht hat und in ihr ansehn- liche Mengen Kupfer zur Verwendung kamen.
Viele dieser hervorragenden Denkmäler wurden auf Veranlassung der Fürsten gegossen, die sich damit vor Göttern und Menschen an- genehm machen wollten; andere wiederum sind Geschenke von Privat- personen oder das Resultat öffentlicher Sammlungen, wozu die Priester sowohl den Ehrgeiz, als das fromme Gefühl anzuspornen wussten. So lange letzteres auch in den höheren Gesellschaftsklassen rege war, flossen die Gaben zur Unterhaltung und Ausschmückung der Tempel und Klöster reichlich, während seit der politischen Umgestaltung der Verhältnisse vielfach die grösste Gleichgültigkeit gegen alle diese Dinge sich offenbart hat.
Unter den Dai-Butsu oder "grossen Buddhas" aus Bronze ragen durch ihre gewaltigen Dimensionen vor allen Dingen diejenigen von
*) Dieselbe wurde mir von Herrn Paechter (R. Wagner, Kunst- und Verlags- handlung, Berlin, Dessauerstrasse 2) aus seinem reichen und ausgewählten Lager in zuvorkommendster Weise für die Abbildung zur Verfügung gestellt.
III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Industriestadt, ist nicht zurückgeblieben. Auch hier hat das Bestreben, durch eine mit viel Verständniss gewählte Zusammenstellung und Ab- tönung der Farben zu wirken, neue Mittel und Wege gefunden. Dies zeigt uns die Vase auf Tafel XVIII. *) Auf dem dunkelbraunen Grunde heben sich die Blumen (Camellia Sasanqua) und Blätter in helleren Farben, der Vogel und das mit Silberdraht tauschierte Netz der Kreuz- spinne vortrefflich ab. Die Arbeit ist neu und ganz im Kiôto-Stil verfertigt. Man arbeitet hier wenig mit bleihaltiger Bronze, wendet dagegen viel Relieftauschierung und Incrustierung an.
Unter den Gebrauchsgegenständen wohlhabender Japaner begegnen wir der Blumenvase (Hana-ike), dem Räuchergefäss (Ko-rô), dem Koh- lenbecken (Hibachi) und dem Spiegel (Kaga-mi) aus Bronze, während der gemeine Mann sich mit viel billigeren irdenen und andern Ersatz- mitteln begnügt. Die bedeutendste und vielseitigste Verwendung findet die Kunstbronze zu den mancherlei Ausstattungsmitteln buddhistischer Tempel. Hier überraschen und imponieren vor allem verschiedene Buddhas und andere Idole durch ihre colossale Grösse und den vor- trefflichen Guss, den wir noch mehr an einer Anzahl riesiger Glocken bewundern können. Aber auch Grabdenkmäler der Shôgune zu Nikkô und zu Shiba in Tôkio, Laternen und eine Menge kleinerer Gegen- stände aus Bronze, wie Vasen, Leuchter, Räuchergefässe und andere mehr, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und liefern den Beweis, dass die Bronzeindustrie vornehmlich im Dienste des buddhistischen Cultus ihre grosse Entwickelung durchgemacht hat und in ihr ansehn- liche Mengen Kupfer zur Verwendung kamen.
Viele dieser hervorragenden Denkmäler wurden auf Veranlassung der Fürsten gegossen, die sich damit vor Göttern und Menschen an- genehm machen wollten; andere wiederum sind Geschenke von Privat- personen oder das Resultat öffentlicher Sammlungen, wozu die Priester sowohl den Ehrgeiz, als das fromme Gefühl anzuspornen wussten. So lange letzteres auch in den höheren Gesellschaftsklassen rege war, flossen die Gaben zur Unterhaltung und Ausschmückung der Tempel und Klöster reichlich, während seit der politischen Umgestaltung der Verhältnisse vielfach die grösste Gleichgültigkeit gegen alle diese Dinge sich offenbart hat.
Unter den Dai-Butsu oder »grossen Buddhas« aus Bronze ragen durch ihre gewaltigen Dimensionen vor allen Dingen diejenigen von
*) Dieselbe wurde mir von Herrn Paechter (R. Wagner, Kunst- und Verlags- handlung, Berlin, Dessauerstrasse 2) aus seinem reichen und ausgewählten Lager in zuvorkommendster Weise für die Abbildung zur Verfügung gestellt.
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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Industriestadt, ist nicht zurückgeblieben. Auch hier hat das Bestreben,
durch eine mit viel Verständniss gewählte Zusammenstellung und Ab-
tönung der Farben zu wirken, neue Mittel und Wege gefunden. Dies
zeigt uns die Vase auf Tafel XVIII. *) Auf dem dunkelbraunen Grunde
heben sich die Blumen (Camellia Sasanqua) und Blätter in helleren
Farben, der Vogel und das mit Silberdraht tauschierte Netz der Kreuz-
spinne vortrefflich ab. Die Arbeit ist neu und ganz im Kiôto-Stil
verfertigt. Man arbeitet hier wenig mit bleihaltiger Bronze, wendet
dagegen viel Relieftauschierung und Incrustierung an.
Unter den Gebrauchsgegenständen wohlhabender Japaner begegnen
wir der Blumenvase (Hana-ike), dem Räuchergefäss (Ko-rô), dem Koh-
lenbecken (Hibachi) und dem Spiegel (Kaga-mi) aus Bronze, während
der gemeine Mann sich mit viel billigeren irdenen und andern Ersatz-
mitteln begnügt. Die bedeutendste und vielseitigste Verwendung findet
die Kunstbronze zu den mancherlei Ausstattungsmitteln buddhistischer
Tempel. Hier überraschen und imponieren vor allem verschiedene
Buddhas und andere Idole durch ihre colossale Grösse und den vor-
trefflichen Guss, den wir noch mehr an einer Anzahl riesiger Glocken
bewundern können. Aber auch Grabdenkmäler der Shôgune zu Nikkô
und zu Shiba in Tôkio, Laternen und eine Menge kleinerer Gegen-
stände aus Bronze, wie Vasen, Leuchter, Räuchergefässe und andere
mehr, ziehen die Aufmerksamkeit auf sich und liefern den Beweis,
dass die Bronzeindustrie vornehmlich im Dienste des buddhistischen
Cultus ihre grosse Entwickelung durchgemacht hat und in ihr ansehn-
liche Mengen Kupfer zur Verwendung kamen.
Viele dieser hervorragenden Denkmäler wurden auf Veranlassung
der Fürsten gegossen, die sich damit vor Göttern und Menschen an-
genehm machen wollten; andere wiederum sind Geschenke von Privat-
personen oder das Resultat öffentlicher Sammlungen, wozu die Priester
sowohl den Ehrgeiz, als das fromme Gefühl anzuspornen wussten. So
lange letzteres auch in den höheren Gesellschaftsklassen rege war,
flossen die Gaben zur Unterhaltung und Ausschmückung der Tempel
und Klöster reichlich, während seit der politischen Umgestaltung der
Verhältnisse vielfach die grösste Gleichgültigkeit gegen alle diese Dinge
sich offenbart hat.
Unter den Dai-Butsu oder »grossen Buddhas« aus Bronze ragen
durch ihre gewaltigen Dimensionen vor allen Dingen diejenigen von
*) Dieselbe wurde mir von Herrn Paechter (R. Wagner, Kunst- und Verlags-
handlung, Berlin, Dessauerstrasse 2) aus seinem reichen und ausgewählten Lager
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/580>, abgerufen am 22.11.2024.
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